Tz. 33
Stand: EL 116 – ET: 04/2020
Die Verschmelzung von gemeinnützigen e. V. wirft – in ähnlichem Ausmaß wie die Verschmelzung von gGmbH – gemeinnützigkeitsrechtliche Praxisprobleme auf.
Praxisproblem 1: Vereinbarkeit der Verschmelzung mit der satzungsmäßigen Vermögensbindung des Übertragers
Die – sich beim e. V. bereits aufgrund des § 99 Abs. 1 UmwG stellende – Frage, ob die Vereinbarkeit gegeben ist, ist nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen wie bei der gGmbH.
Tz. 34
Stand: EL 116 – ET: 04/2020
Praxisproblem 2: Vermögensübergang als Verstoß gegen § 58 Nr. 2 AO
Der Vermögensübergang stellt m. E. keinen derartigen Verstoß dar. Denn nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 AO (Anhang 1b) ist der im Rahmen einer "normalen" Auflösung erfolgende Übergang des Vermögens auf eine andere gemeinnützige Körperschaft zulässig.
Die Einschränkung des § 58 Nr. 2 AO (Anhang 1b), wonach eine gemeinnützige Körperschaft einer anderen Körperschaft ihre Mittel nur teilweise überlassen darf, kommt m. E. in den Fällen der Lex-specialis-Vorschrift des § 55 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 AO (Anhang 1b) nicht in Betracht. Dies gilt auch im Falle des Vermögensübergangs durch Gesamtrechtsnachfolge bei Verschmelzung, der m. E. nicht anders zu beurteilen ist als der Vermögensübergang durch Einzelrechtsnachfolge im Auflösungsfall.
Tz. 35
Stand: EL 116 – ET: 04/2020
Praxisproblem 3: Zulässigkeit der Gewährung von Mitgliedschaften oder Anteilen an die Mitglieder des Übertragers
Die Mitglieder des übertragenden gemeinnützigen e. V. werden durch die Verschmelzung (s. §§ 2, 5 Abs. 1 Nr. 2, 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG), wenn
- übernehmender bzw. neuer Rechtsträger ebenfalls ein gemeinnütziger e. V. ist, zu Mitgliedern des übernehmenden bzw. neuen gemeinnützigen e. V.,
- übernehmende bzw. neue Rechtsträgerin eine gGmbH ist (Mischverschmelzung), zu Anteilseignern der übernehmenden bzw. neuen gGmbH.
Die gemeinnützigkeitsrechtliche Zulässigkeit dieses Wechsels ist abhängig davon, ob der übernehmende bzw. neue Rechtsträger ebenfalls ein gemeinnütziger e. V. oder eine gGmbH ist, da Mitglieder eines gemeinnützigen e. V. bei ihrem Ausscheiden aus dem Verein bzw. bei dessen Auflösung keine Zuwendungen erhalten dürfen (s. AEAO Nr. 23 zu § 55 Abs. 1 Nrn. 2 und 4, Anhang 2). Dies gilt auch für den Fall der Verschmelzung.
Der bei der Verschmelzung unter gemeinnützigen e. V. eintretende Wechsel der Mitgliedschaftsrechte ist m. E. gemeinnützigkeitsrechtlich zulässig, weil sowohl die bisherigen als auch die neuen Mitgliedschaftsrechte keine Vermögenswerte verkörpern und damit wirtschaftlich wertlos sind.
Dagegen treten im Fall der Mischverschmelzung an die Stelle der bisherigen Mitgliedschaftsrechte die Kapitalanteile an der übernehmenden bzw. neuen gGmbH, die grds. einen Gewinn- und Vermögensanspruch beinhalten (s. §§ 29, 72 GmbHG) und damit einen – u. U. erheblichen – wirtschaftlichen Wert verkörpern. Dieses Auswechseln der wirtschaftlich wertlosen Mitgliedschaftsrechte gegen werthaltige Kapitalanteile stellt einen Verstoß gegen § 55 Abs. 1 Nr. 2 AO (Anhang 1b) und gegen den Grundsatz der Vermögensbindung (s.§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AO, Anhang 1b) dar, der zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen müsste.
Es bestehen jedoch – wie in den Fällen der gGmbH als Übertragerin – Korrekturmöglichkeiten zum Erhalt der Steuerbefreiung:
- Verzicht auf die Anteile bzw. deren Abtretung oder Schenkung durch die Mitglieder des übertragenden gemeinnützigen e. V.; dies kommt allerdings nur bei der Verschmelzung durch Aufnahme in Betracht,
- Regelung im Gesellschaftsvertrag der übernehmenden bzw. neuen gGmbH, dass die Anteilseigner sowohl bei ihrem Ausscheiden als bei Auflösung oder Zweckwegfall der GmbH kein Vermögen erhalten.
Werden bei der Mischverschmelzung Kapitalanteile gewährt, ohne dass die vorgenannten Korrekturmöglichkeiten genutzt werden, löst dies den rückwirkenden Wegfall der Steuerbefreiung des übertragenden e. V. aus.
Tz. 36
Stand: EL 116 – ET: 04/2020
Praxisproblem 4: Abfindungen gem. §§ 29–31 UmwG
Derartige Abfindungen sind für die Verschmelzung eines gemeinnützigen e. V. durch § 104a UmwG Unwirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ausgeschlossen (s. Neumayer/Schulz, DStR 1996, 872 sowie S/H/S, Rn. 1 zu § 104a UmwG).
Dieser gesetzliche Ausschluss nur für gemeinnützige e. V., nicht aber auch für gGmbH ist m. E. zutreffend. Dies ergibt sich daraus, dass bei der Verschmelzung von gGmbH in den Fällen, in denen die Anteilseigner satzungsmäßig einen Anspruch auf ihre eingezahlten Kapitalanteile – und ggf. auch auf ihre geleisteten Sacheinlagen – haben, beim Ausscheiden der Anteilseigner anlässlich der Verschmelzung auch eine Abfindung zulässig ist; a. A. s. Katschinski (Die Verschmelzung von Vereinen, Beck-Vlg, 111), der § 104a UmwG analog auch auf die gGmbH für anwendbar hält (m. E. aus den vorgenannten Gründen unzutreffend).
Tz. 37
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Praxisproblem 5: Satzungsänderungen hinsichtlich der Zwecke und Zweckverwirklichungsmaßnahmen
Bei der Verschmelzung durch Aufnahme (s. § 2 Nr. 1 UmwG) ist die Frage dera...