I. Allgemeines

 

Tz. 1

Stand: EL 137 – ET: 06/2024

Gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Zwecken dienende Körperschaften haben eine unternehmerische und außerunternehmerische Sphäre. S. "Umsatzsteuer". Die Finanzverwaltung differenziert nunmehr der Rechtsprechung des EuGH und des BFH folgend zwischen der wirtschaftlichen und der nichtwirtschaftlichen Sphäre. Die Begrifflichkeiten sollen inhaltlich denjenigen der unternehmerischen und der außerunternehmerischen Sphäre entsprechen. Allerdings wird nunmehr eine dreigliedrige Unterteilung vorgenommen: (i) die wirtschaftliche (oder unternehmerische) Tätigkeit einerseits und (ii) die nichtwirtschaftliche (nichtunternehmerische) Tätigkeit andererseits. Die nichtwirtschaftliche (nichtunternehmerische)Tätigkeit wird wiederum unterteilt in (a) die unternehmensfremde (private) Tätigkeit und (b) die nichtwirtschaftliche Tätigkeit im engen Sinne.

Beachte!

Hiermit wird zum Ausdruck gebracht, dass es Tätigkeiten gibt, die nicht zum unternehmerischen (= wirtschaftlichen) Bereich, aber auch nicht zum privaten Bereich (unternehmensfremden Bereich) des Unternehmers gehören. Die Finanzverwaltung benennt im Umsatzsteueranwendungserlass gegenwärtig beispielhaft vier Bereiche, für die diese Einordnung zutrifft: (i) das bloße Erwerben, Halten und Veräußern von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen, (ii) der Leerstand eines Gebäudes verbunden mit dauerhafter Nichtnutzung, (iii) die hoheitlichen Tätigkeiten juristischer Personen des öffentlichen Rechts. Die vierte Fallgruppe ist für die gemeinnützigen Vereine von Relevanz: (iv) die unentgeltlichen Tätigkeiten eines Vereins, die aus ideellen Vereinszwecken verfolgt werden.

Wirtschaftsgüter, die zum Unternehmensvermögen gehören, aber für außerunternehmerische Zwecke (z. B. für den Tätigkeitsbereich "ideell") entnommen bzw. genutzt werden, sind u. U. auf die Tatbestandsmerkmale der Wertabgabebesteuerung zu untersuchen. In die unternehmerische Sphäre eines Vereins sind folgende Tätigkeitsbereiche einzuordnen (rein umsatzsteuerlich):

  • die vermögensverwaltenden Betätigungen,
  • die steuerbefreiten wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe (Zweckbetriebe),
  • die steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe, mit denen partielle Steuerpflicht ausgelöst wird.
 

Tz. 2

Stand: EL 137 – ET: 06/2024

Dem außerunternehmerischen (nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten im engen Sinne s. o.) Bereich sind die satzungsmäßigen Tätigkeiten, soweit diese ausschließlich den ideellen Tätigkeitsbereich betreffen, zuzuordnen. Davon zu unterscheiden sind die nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne der unternehmensfremden (privaten) Tätigkeiten. Im Bereich der nicht wirtschaftlichen Tätigkeit im engen Sinne scheidet eine Wertabgabebesteuerung aus. Nicht möglich ist damit etwa die Anschaffung von Wirtschaftsgütern und die Zuordnung im unternehmerischen Bereich, um den Vorsteuerabzug geltend zu machen und eine anschließende Nutzung für den ideellen Bereich als unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern. Vielmehr gilt das Aufteilungsgebot: Ein Vorsteuerabzug darf nur im Umfang der Nutzung der angeschafften Wirtschaftsgüter für den unternehmerischen Bereich geltend gemacht werden. Das Verhältnis zwischen Nutzung der angeschafften Wirtschaftsgüter im unternehmerischen Bereich und im ideellen Bereich ist nach § 15 Abs. 4 UStG im Zweifel zu schätzen.

Beispiel:

Ein Verein schafft einen Pkw an, den er zu 20 % für den unternehmerischen Bereich des Vereins (z. B. im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder im Zweckbetrieb) verwendet und für 80 % im ideellen Bereich des Vereins. Es darf von vornherein nur ein Vorsteuerabzug in Höhe von 20 % geltend gemacht werden. Unzulässig ist es, den Pkw dem unternehmerischen Bereich vollständig zuzuordnen und einen Vorsteuerabzug in voller Höhe geltend zu machen und die anschließende Nutzung für den ideellen Bereich als unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern.

Ein Schaubild der Möglichkeiten von Wertabgabebesteuerungstatbeständen ist unter "Umsatzsteuer" (s. "Umsatzsteuer" Tz. 54) abgedruckt.

II. Wertabgabebesteuerung

1. Historie

 

Tz. 3

Stand: EL 137 – ET: 06/2024

Seit 01.04.1999 ist die Eigenverbrauchsbesteuerung durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 neu geregelt. Ab diesem Zeitpunkt enthält das Umsatzsteuergesetz keinen eigenständigen Steuertatbestand "Eigenverbrauch" mehr. Durch das Steuerentlastungsgesetz wurden § 1 Abs. 1 Nr. 2 und 3 UStG a. F. aufgehoben, welches der Konzeption der 6. EG-Richtlinie entspricht.

Die bisherigen Eigenverbrauchstatbestände wurden in § 3 Abs. 1b UStG (Anhang 5) – bisheriger Gegenstandseigenverbrauch/endgültige Entnahme von Gegenständen aus dem Unternehmen für private Zwecke – bzw. § 3 Abs. 9a UStG (Anhang 5) – bisheriger Leistungs-/Verwendungseigenverbrauch/vorübergehende Verwendung von Gegenständen bzw. Leistungen für Zwecke außerhalb des Unternehmens, übernommen und den entgeltlichen Lieferungen bzw. sonstigen Leistungen gleichgestellt.

 

Tz. 4

Stand: EL 137 – ET: 06/2024

Die Gesetzesänderung umfasst auch die

unentgeltlichen Leistungen an Arbeitnehmer;

unentgeltlichen L...

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