Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Kümpel
I. Allgemeines
Tz. 1
Stand: EL 125 – ET: 02/2022
Die Anerkennung einer steuerbegünstigten (gemeinnützigen) Einrichtung erfolgt (seit dem 21.03.2013) in zwei Schritten.
Zunächst wird bei Gründung einer steuerbegünstigten Einrichtung die formelle Ordnungsmäßigkeit der Satzung geprüft und auf Antrag des Steuerpflichtigen durch einen Feststellungsbescheid nach § 60a AO (Anhang 1b) bestätigt. Mit der Einführung der Feststellung der Ordnungsmäßigkeit der Satzung nach § 60a AO (Anhang 1b) wurde die bis dahin erfolgte Erteilung einer – rechtlich unverbindlichen – vorläufigen Bescheinigung abgelöst.
Anschließend wird abschließend im Rahmen des Veranlagungsverfahrens über die Steuerbegünstigung entschieden, da neben den formellen Voraussetzungen auch die Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung (§ 63 AO; Anhang 1b) erfüllt sein müssen, um eine Anerkennung als steuerbegünstigte (gemeinnützige) Körperschaft zu erhalten.
Tz. 2
Stand: EL 125 – ET: 02/2022
Bei bereits bestehenden Körperschaften erfolgt eine fehlende Feststellung nach § 60a AO (Anhang 1b) entweder im Rahmen des nächsten Freistellungsverfahrens (= Veranlagung zur Körperschaftsteuer) oder ebenfalls auf Antrag des Steuerpflichtigen.
Bei einem Wechsel einer bereits bestehenden Körperschaft von der Steuerpflicht in die Steuerbegünstigung im Laufe eines Kalenderjahrs kann die Feststellung der Ordnungsmäßigkeit der Satzung nach § 60a AO (Anhang 1b) erst ab dem darauffolgenden 01.01. erfolgen (§ 60 Abs. 2 AO, Anhang 1b).
Praxis-Beispiel
Der bisher steuerpflichtige Karnevalsverein "Rot-Gold KG 1954 e. V." passt zum 01.04.2021 seine Satzung an die gemeinnützigkeitsrechtlichen Voraussetzungen an und beantragt bei dem zuständigen Finanzamt die Feststellung nach § 60a AO (Anhang 1b).
Die Förderung des Karnevals ist ein nach § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO (Anhang 1b) anerkannter gemeinnütziger Zweck, so dass der Verein, bei einer formell ordnungsgemäßen Satzung, wegen Förderung gemeinnütziger Zwecke einen Feststellungsbescheid nach § 60a AO (Anhang 1b) erhalten kann. Da die Satzung in 2021 nicht das ganze Jahr den gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen entspricht, kann die Feststellung nach § 60a AO (Anhang 1b) erst mit Wirkung ab dem 01.01.2022 erfolgen (§ 60 Abs. 2 AO, Anhang 1b).
Entsprechend kann auch die Steuerbegünstigung wegen Förderung gemeinnütziger Zwecke erst ab dem Jahr 2022 gewährt werden.
Auf das Stichwort "Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen (§ 60a AO)" wird ergänzend hingewiesen.
Tz. 3
Stand: EL 125 – ET: 02/2022
Mit der Feststellung der Ordnungsmäßigkeit der Satzung nach § 60a AO (Anhang 1b) wird jedoch noch keine Entscheidung darüber getroffen, ob die Einrichtung tatsächlich als steuerbegünstigte Körperschaft anerkannt wird. Diese Entscheidung erfolgt erst im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung durch Erlass eines Freistellungsbescheids, da erst in diesem Verfahren die Prüfung der tatsächlichen Geschäftsführung (§ 63 AO, Anhang 1b) erfolgen kann.
Ob eine Körperschaft steuerbegünstigt ist, wird von den Finanzämtern ausschließlich im jeweiligen Veranlagungsverfahren (= Steuerfestsetzungsverfahren) für jede Steuerart und für jeden Steuerabschnitt getrennt entschieden (AEAO zu § 59 AO TZ 3, Anhang 2).
Hinweis:
- Die Voraussetzungen für die Befreiung von der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer müssen während des ganzen Veranlagungszeitraums vorgelegen haben.
- Die Anerkennung der Steuerbegünstigung ist lediglich ein deklaratorischer Akt (BFH vom 07.05.1986, BStBl II 1986, 677 und vom 19.04.1988, BStBl II 1989, 595).
- Aus einem Feststellungsbescheid nach § 60a AO (Anhang 1b) kann noch kein Anspruch auf Freistellung im dem sich daran anschließendem Veranlagungsverfahren abgeleitet werden (BFH vom 26.05.2021, V R 31/19, DStR 2021, 2237).
Tz. 4
Stand: EL 125 – ET: 02/2022
Für eine endgültige Anerkennung der Steuerbegünstigung ist neben der Ordnungsmäßigkeit der Satzung (= Feststellungsverfahren nach § 60a AO, Anhang 1b) auch erforderlich, dass der Nachweis der tatsächlichen Geschäftsführung (§ 63 AO, Anhang 1b) mit dem Inhalt der Satzung übereinstimmt.
Entspricht die tatsächliche Geschäftsführung nicht den gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen (z. B. Aufgrund Mittelfehlverwendungen), führt dies zum Verlust der Steuerbegünstigung. Ausgestellte Zuwendungsbestätigungen verlieren durch den Verlust der Steuerbegünstigung ihre Gültigkeit. Da die Zuwendenden Vertrauensschutz genießen, ist ggf. eine Spendenhaftung nach § 10b Abs. 4 EStG (Anhang 10) gegenüber dem Verein durchzuführen.
Tz. 5
Stand: EL 125 – ET: 02/2022
Wenn bereits für andere Steuern (insbesondere die Körperschaftsteuer oder die Gewerbesteuer) darüber entschieden ist, ob und ggf. in welchen Bereichen das Unternehmen (die Körperschaft) den steuerbegünstigten Zwecken dient, so ist dem im Allgemeinen auch für Zwecke der Umsatzsteuer zu folgen (Abschn. 12.9 Abs. 1 UStAE). D.h., die körperschaftsteuerrechtliche Entscheidung kann für andere Steuerarten grundsätzlich übernommen werden. Hierbei handelt es sich jedoch nur...