Tz. 37
Stand: EL 129 – ET: 11/2022
Wird aber von steuerbegünstigten Zwecken dienenden Körperschaften ein steuerschädlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i. S. v. §§ 14, 64 AO (Anhang 1b) unterhalten, liegt insoweit kein Verstoß gegen die Selbstlosigkeit vor. Die Unterhaltung eines steuerschädlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes führt aber in Bezug auf diese Tätigkeit zur Einschränkung von steuerlichen Vergünstigungen für die Körperschaft. Mit einem Betrieb solcher Art wird die Körperschaft partiell steuerpflichtig (s. BFH vom 21.08.1985, BStBl II 1986, 88; s. auch BFH vom 23.10.1991, BStBl II 1991, 62 und BFH vom 15.07.1998, BStBl II 2002, 162). Voraussetzung für die Unterhaltung eines derartigen steuerschädlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes ist aber, dass durch eine Betätigung die eigentlichen steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke nicht in den Hintergrund treten, d. h., das wirtschaftliche Betätigungsfeld darf keinesfalls den eigentlichen Zweck der Körperschaft darstellen und dieser folglich das Gepräge geben.
Die Geprägetheorie sollte aber keineswegs überbewertet werden. Ist deutlich erkennbar, dass die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke vorrangig dem steuerschädlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder der Vermögensverwaltung dienen, so soll es nach Auffassung des BFH an der Selbstlosigkeit nicht mangeln. S. hierzu BFH vom 03.02.2005, BFH/NV 2005, 1213 und BFH vom 04.04.2007, BStBl II 2007, 631. Im letztgenannten Urteil stellt der BFH als Abgrenzungskriterium auf den Zeit- und Personalaufwand in den einzelnen Tätigkeitsbereichen ab. Zur Nachweisführung, dass die Körperschaft nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke ausübt, s. BFH vom 15.07.1998, BStBl II 2002, 162 und BFH vom 23.07.2003, BStBl II 2003, 930. Durch das BMF-Schreiben vom 17.01.2012, BStBl I 2012, 83 wurde deshalb die stets umstrittene gewichtende Geprägetheorie aufgegeben.
Ebenso s. "Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb".
Tz. 38
Stand: EL 129 – ET: 11/2022
Steuerunschädliche wirtschaftliche Geschäftsbetriebe (Zweckbetriebe) i. S. v. §§ 64, 65 i. V. m. §§ 66–68 AO (Anhang 1b) beeinträchtigen die Steuerbegünstigung nicht, weil sie vom Gesetzgeber ausdrücklich zugelassen worden sind. Ebenso s. "Zweckbetriebe".
Tz. 39
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Hinweise:
- Selbstlosigkeit bedeutet opferwilliges Handeln unter Verzicht auf eigenem Nutzen. Hierzu s. BFH vom 13.12.1978, BStBl II 1979, 482 und BFH vom 26.04.1989, BStBl II 1989, 670.
- Wird der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb mit partieller Steuerpflicht oder die Vermögensverwaltung ständig von der Körperschaft ausgeweitet, ohne dass die dort erzielten Überschüsse und Gewinne tatsächlich für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke Verwendung finden, führt diese Tatsache zur Aberkennung der Steuerbegünstigung.
- Wird ausschließlich ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, der nicht Zweckbetrieb ist, unterhalten, so ist die Körperschaft in vollem Umfang steuerpflichtig. Es kommt auch nicht darauf an, ob die formellen oder materiellen Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung erfüllt sind (s. BFH vom 27.10.1993, BStBl II 1994, 314 und BFH vom 04.04.2007, BStBl II 2007, 631).