Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Kümpel
I. Allgemeines
Tz. 1
Stand: EL 135 – ET: 02/2024
Steuerbegünstigte Einrichtungen dürfen ihre Mittel nur für die satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke verwenden. Insbesondere dürfen die Mitglieder oder Gesellschafter keine Gewinnanteile oder sonstige Zuwendungen aus Mitteln der steuerbegünstigten Einrichtung erhalten (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO, Anhang 1b). Dieses generelle Ausschüttungsverbot darf nur durchbrochen werden, wenn eine Ausschüttung an ein ebenfalls gemeinnütziges Mitglied bzw. an einen gemeinnützigen Gesellschafter geleistet wird. In diesem Fall würde die dem Grunde nach schädliche Ausschüttung über § 58 Nr. 1 oder Nr. 2 AO (Anhang 1b) zugelassen werden.
Tz. 2
Stand: EL 135 – ET: 02/2024
Leistungen gegenüber den Mitgliedern, die unmittelbar der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke dienen, wie z. B. die Zurverfügungstellung der Sportanlagen, die verbilligte Abgabe von Eintrittskarten von Kulturvereinen etc., sind jedoch noch keine schädlichen Zuwendungen. Mit diesen Zuwendungen erfüllt die steuerbegünstigte Einrichtung unmittelbar ihre satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke, so dass die damit zwingend verbundene Begünstigung der Mitglieder steuerunschädlich ist.
Auch Annehmlichkeiten, die im Rahmen der Betreuung von Mitgliedern üblicherweise anfallen und nach allgemeiner Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen sind (z. B. Gestellung von Keksen und Getränken auf der Mitgliederversammlung; Ehrung eines Jubilars etc.), sind noch keine schädlichen Zuwendungen nach § 55 Abs. 1 Satz 2 AO (Anhang 1b; AEAO zu § 55 AO TZ 11).
Tz. 3
Stand: EL 135 – ET: 02/2024
Die Zahlung von angemessenen Vergütungen an Organe der steuerbegünstigten Einrichtung ist grundsätzlich zulässig, wenn in der Satzung oder der Gesellschaftsvertrag die Zahlung von Vergütungen zugelassen wird. Fehlt es an einer derartigen Regelung, oder wird in der Satzung oder dem Gesellschaftsvertrag sogar eine ehrenamtliche Tätigkeit verlangt, wäre eine trotzdem gezahlte Vergütung nicht zulässig (BFH vom 08.08.2001, I B 40/01, BFH/NV 2001, 1536). Das gilt selbst dann, wenn die Vergütung angemessen wäre.
Tz. 4
Stand: EL 135 – ET: 02/2024
Während die gemeinnützigkeitsrechtlichen Folgen von Ausschüttungen und Zuwendungen durch § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO (Anhang 1b) geregelt wird, regelt § 8 Abs. 3 KStG (Anhang 7) die ertragsteuerlichen Folgen von Gewinnausschüttungen. So bestimmt § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG (Anhang 7), dass Gewinnverwendungen das Einkommen einer Körperschaft nicht belasten dürfen. Zu den Ausschüttungen, die nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden dürfen, zählt auch die verdeckte Gewinnausschüttung (nachfolgend: vGA) i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (Anhang 7).
Praxis-Beispiel
Der gemeinnützige A-Verein e. V. hat in 2022 seinem Vorstandsvorsitzenden ein Darlehen von 100 000 EUR ohne Sicherheiten und ohne Zinsen überlassen.
Mit der Überlassung des Darlehens an den Vorstandsvorsitzenden, ohne dabei die unter fremden Dritten üblichen Vereinbarungen zu beachten, wendet der A-Verein seinem Vorsitzenden eine schädliche Zuwendung nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO zu, die zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit führt.
Bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens des Vereins wäre der fiktive Zinsausfall als vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als Einnahme bei den nun steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 20 EStG) zu erfassen.
Der Vereinsvorsitzende erzielt entsprechende Einkünfte i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG, die der Abgeltungsteuer zu unterwerfen sind.
Für die Beurteilung, ob eine steuerbegünstigte Einrichtung eine schädliche Ausschüttung bzw. Zuwendung i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO (Anhang 1b) an ihre Mitglieder bzw. Gesellschafter getätigt hat, können insbesondere die Grundsätze der Rechtsprechung für die Annahme einer vGA herangezogen werden.
II. Definition der verdeckten Gewinnausschüttung
Tz. 5
Stand: EL 135 – ET: 02/2024
Eine vGA i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (Anhang 7) ist eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschafterverhältnis veranlasst ist, sich auf den Bilanzgewinn ausgewirkt hat und nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruht (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH vom 27.06.2016, I R 8/15, BStBl II 2017, 214 m. w. N.).
Bei nicht buchführungspflichtigen Körperschaften ist dabei auf die Einkünfte abzustellen (R 8.5 Abs. 1 KStR, Anhang 4).
Bei der Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (Anhang 7) handelt es sich um eine Einkommenskorrekturvorschrift, die einen bilanziellen Aufwand außerhalb der Bilanz bzw. der Einnahme-/Überschussrechnung im Rahmen der Einkommensermittlung rückgängig macht.
Tz. 6
Stand: EL 135 – ET: 02/2024
Eine Veranlassung durch das Gesellschafterverhältnis liegt dann vor, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung gegenüber einer Person, die nicht Gesellschafter ist, unter sonst gleichen Umständen nicht hingenommen hätte (H 8.5 "Veranlassung durch das Gesellschafterverhältnis" KStH).
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