Stand: EL 126 – ET: 04/2022
Die Zweckbetriebsnorm des § 68 Nr. 5 AO (Anhang 1b) wurde mit Gesetz vom 26.06.2013 (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz, BGBl I 2013, 1809) wesentlich geändert. § 68 Nr. 5 AO (Anhang 1b) bestimmt heute, dass Einrichtungen über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder sonstige betreute Wohnformen als Zweckbetriebe gelten können.
Der AEAO gibt hierzu keine nähere Definition vor. Bei der Umsetzung im Rahmen des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes wurden Einrichtungen der Fürsorgeerziehung und der freiwilligen Erziehungshilfe genannt. Die heutigen Begriffe sind auf die Ausführungen des SGB VIII zurückzuführen, das sich auch auf die sonstigen betreuten Wohnformen der Kinder- und Jugendhilfe auswirkt (s. a. Klümpen-Neusel in Winheller/Geibel/Jachmann-Michel 2020, Tz. 2.I.1 zu § 68 Nr. 5 AO).
Im Grundsatz sind darunter Einrichtungen zu verstehen, die im Rahmen der Jugendhilfe sozialpädagogische Hilfe anbieten und die die schulische berufliche Ausbildung, die Eingliederung in die Arbeitswelt und die soziale Integration, die den Fähigkeiten und dem Entwicklungsstand der Jugendlichen Rechnung tragen, fördern und die unter die Jugendsozialarbeit i. S. d. § 13 SGB VIII fallen. Als geeignete Maßnahmen gelten Maßnahmen zum Abbau von Sprach- und Bildungsdefiziten, Förderung der Fachpraxis und Fachtheorie unter gleichzeitiger sozialpädagogischer Begleitung (Buchna/Leichinger/Seeger/Brox, 2015, Tz. 2.20.5). Die Leistungen sollen Jugendlichen zugutekommen, die regelmäßig lernbeeinträchtigt oder sozial benachteiligt sind und ohne die Förderung nicht integriert werden können. Gemeint sind also Bereiche der Heimerziehung oder die Erziehung in einer sonstigen betreuten Wohnform als typische Form der Hilfe zur Erziehung (vgl. § 27 SGB VIII). Die Einrichtungen müssen deshalb gleichzeitig pädagogische und therapeutische Leistungen anbieten. Wie die alte Fassung des § 68 Nr. 5 AO (Anhang 1b) umfasst auch die heutige Vorschrift neben den stationären Leistungen aus der Heimerziehung und den betreuten Wohnformen ambulante Leistungen aus Ausbildung und Beschäftigungsmaßnahmen, insbesondere in land- und forstwirtschaftlichen, gärtnerischen und handwerklichen Betrieben. Bei den Ergebnissen dieser Betriebe gilt ähnlich wie bei § 68 Nr. 4 AO (Anhang 1b) keine Beschränkung für den Umfang der Tätigkeit.
Ergänzend sei erwähnt, dass Einrichtungen der Jugendhilfe grundsätzlich der behördlichen Erlaubnis bedürfen und der staatlichen Aufsicht unterstehen.
Umsatzsteuerliche Behandlung
Umsatzsteuerlich ist entscheidend, ob die Vorschrift des § 4 Nr. 25 UStG (Anhang 5) Anwendung findet, und die Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 2 SGB VIII und die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII steuerlich befreit sind, wenn diese Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden.
Träger der freien Jugendhilfe sind juristische Personen und Personenvereinigungen, die auf dem Gebiet der Jugendhilfe tätig und als gemeinnützig anerkannt sind, ebenso wie Körperschaften des öffentlichen Rechts und Verbände der freien Wohlfahrtspflege soweit sie eine Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe innehaben. Grundlage für die Vorschrift ist Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL. Danach sind befreit eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen.
Zu den umsatzsteuerfreien Leistungen i. S. d. § 4 Nr. 25 UStG (Anhang 5) zählt auch die entgeltliche Beköstigung von Mitarbeitern der Jugendhilfe, selbst wenn diese für die Sachleistungen ein Entgelt entrichtet haben.
Soweit umsatzsteuerfreie Leistungen vorliegen, ist ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen.
Literatur:
Buchna/Leichinger/Seeger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 11. Aufl., Achim 2015; Winheller/Geibel/Jachmann-Michel, Gesamtes Gemeinnützigkeitsrecht, Baden-Baden 2020.