Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Kümpel
Tz. 1
Stand: EL 126 – ET: 04/2022
Eine steuerbegünstigte (gemeinnützige) Körperschaft muss ihre Zwecke grundsätzlich unmittelbar selbst verwirklichen (§ 57 Abs. 1 AO). Neben der für diesen Grundsatz schon lange bestehenden Ausnahme für Förderkörperschaften (§ 58 Nr. 1 AO; Anhang 1b) wurde im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2020 (BGBl I 2020, 3096) auch das ausschließliche Halten von Beteiligungen an anderen steuerbegünstigten (gemeinnützigen) Kapitalgesellschaften, d. h. eine bloße Holdingtätigkeit, einer unmittelbaren Zweckverwirklichung gleichgestellt (§ 57 Abs. 4 AO; Anhang 1b). Voraussetzung dafür ist, dass das Halten und Verwalten von Beteiligungen an steuerbegünstigten Körperschaften die ausschließliche Tätigkeit der Holdinggesellschaft sind.
Dabei reicht es aus, wenn eine Holdinggesellschaft lediglich eine Beteiligung an einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft hält, um als steuerbegünstigte (gemeinnützige) Einrichtung anerkannt werden zu können. Auch bedarf es keiner Mindestbeteiligungsquote an der steuerbegünstigten Tochterkapitalgesellschaft.
Jedoch muss die Satzung der steuerbegünstigten Holdinggesellschaft den formellen Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts entsprechen. Als steuerbegünstigter Satzungszweck sollte m. E. der steuerbegünstigte Zweck der Holdingtochter benannt werden. Bei mehreren gemeinnützigen Tochtergesellschaften mit verschiedenen Zwecken sollten die unterschiedlichen Zwecke als Satzungszwecke benannt werden.
Tz. 2
Stand: EL 126 – ET: 04/2022
Bei der steuerbegünstigten Holdinggesellschaft nach § 57 Abs. 4 AO (Anhang 1b) ist die Beteiligung an der gemeinnützigen Tochtergesellschaft nicht mehr dem Bereich der Vermögensverwaltung, sondern dem ideellen Bereich der Holdinggesellschaft zuzurechnen, wenn der Zweck der Tochtergesellschaft einem Zweck der Muttergesellschaft entspricht.
Das hat zur Folge, dass erhaltene Ausschüttungen der Tochtergesellschaft dem ideellen Bereich zuzurechnen sind, mit der Folge, dass für die Bildung der freien Rücklage 10 % der Dividende dieser zugerechnet werden können (§ 62 Abs. 1 Nr. 3 AO; Anhang 1b).
Tz. 3
Stand: EL 126 – ET: 04/2022
Da über § 57 Abs. 4 AO (Anhang 1b) das Halten und Verwalten steuerbegünstigter Beteiligungen einer unmittelbaren steuerbegünstigten Zweckverwirklichung gleichgestellt werden, kann die Beteiligung an einer anderen steuerbegünstigten Kapitalgesellschaft auch aus zeitnah zu verwendenden Mitteln (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO; Anhang 1b) erworben werden. Auch würde bei der Einbringung eines Zweckbetriebs in eine steuerbegünstigte Tochterkapitalgesellschaft die zeitnahe Mittelverwendungspflicht nicht wieder aufleben.
Beispiel:
Der steuerbegünstigte Orden e. V. unterhält seit Jahren ausschließlich ein Altenpflegeheim. Dieses begründet bei dem Verein einen Zweckbetrieb i. S. d. § 68 Nr. 1 Buchst. a AO (Anhang 1b).
Zum 01.01.02 bringt der Verein diesen Zweckbetrieb gegen Gewährung neuer Anteile in die Altenpflege gGmbH ein und hält und verwaltet nun ausschließlich diese Beteiligung.
Lösung:
Der Orden e. V. kann weiterhin wegen Förderung der Altenhilfe als steuerbegünstigter Verein anerkannt werden, da das ausschließliche Halten und Verwalten einer Beteiligung an einer steuerbegünstigten Kapitalgesellschaft einer unmittelbaren Zweckverwirklichung gleichgestellt wird (§ 57 Abs. 4 AO; Anhang 1b).
Die Verpflichtung zur zeitnahen Mittelverwendung für die in den Zweckbetrieb investierten Spenden und Beiträge etc. lebt zudem nach der Einbringung des Zweckbetriebs bei dem Orden e. V. nicht wieder auf, da die Beteiligung bei dem Verein zum ideellen Bereich zugeordnet wird.
Tz. 4
Stand: EL 126 – ET: 04/2022
Neben dem Halten und Verwalten von Beteiligungen an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften ist auch das Halten von Anteilen an anderen steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften zulässig (AEAO zu § 57, Nr. 12).
Selbst das Unterhalten von steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben (§ 64 AO; Anhang 1b) bleibt zulässig. So bezieht die Finanzverwaltung den in § 57 Abs. 4 AO verwendete Begriff der "Ausschließlichkeit" einzig auf die Art und Weise der steuerbegünstigten Zweckverwirklichung. D.h. für die Anwendung des § 57 Abs. 4 AO darf der steuerbegünstigte Zweck ausschließlich durch das Halten von Beteiligungen an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften erfüllt werden. Die übrigen Tätigkeitsfelder (Vermögensverwaltung, steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) bleiben davon unberührt.
Dies könnte man durchaus auch anders lesen.
Tz. 5
Stand: EL 126 – ET: 04/2022
Werden darüber hinaus auch entgeltliche Leistungen gegenüber der steuerbegünstigten Tochterkapitalgesellschaft erbracht, wie beispielsweise Buchführung, sonstige Dienstleistungen etc., die zur Annahme eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs führen, ist hierfür auch ggf. eine Begünstigung über § 57 Abs. 3 AO (steuerbegünstigte Kooperationen; Anhang 1b) möglich. Dafür braucht es entsprechende Regelungen in der Satzung.
Tz. 6
Stand: EL 126 – ET: 04/2022
Die Regelung f...