Stand: EL 118 – ET: 09/2020
Unter der Förderung kirchlicher Zwecke i. S. d. § 54 AO (Anhang 1b) wird verstanden, dass eine Körperschaft kirchliche Zwecke verfolgt, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, selbstlos zu fördern. Es muss sich also um Religionsgemeinschaften handeln, die den Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts innehaben. Dies betrifft z. B. die Diözesen der römisch-katholischen Kirche, die evangelisch-lutherischen, reformierten und unitierten Landeskirchen, die Zeugen Jehovas (BVerfG vom 19.12.2000, BVerfG GE 102, 370), die neuapostolische Kirche und die Siebenten-Tags-Adventisten und die meisten israelitischen Kultusgemeinden. Dazu gehören auch eine oder mehrere orthodoxe Kirchen, z. B. die orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchen oder die griechisch-orthodoxe Metropolie von Deutschland (s. a. von Cube in Winheller/Geibel/Jachmann-Michel, 2017, Kap. 2 Tz. 10 zu § 54 AO).
Andere Religionsgemeinschaften können unter den Voraussetzungen des Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV den Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts durch staatliche Anerkennung erhalten (Hüttemann, 2015, Tz. 3.178).
Wesentlich ist, dass Geförderte nur die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. So hat das FG Köln im Urteil vom 15.01.2014 (EFG 2014, 667) eine Direktspende an den Papst steuerlich nicht als abzugsfähig erklärt, da die Spende nicht an die Körperschaft des öffentlichen Rechts (die katholische Diözese im Inland) geleitet wurde. Das FG hat des Weiteren auch ausdrücklich ausgeführt, dass ausländische kirchliche Einheiten nicht in den Anwendungsbereich des § 54 AO (Anhang 1b) fallen können.
Zu beachten ist deshalb auch, dass ausländische kirchliche Organisationen, die nach dem Recht ihres Staates Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, nicht unter § 54 AO (Anhang 1b) fallen, da § 54 AO (Anhang 1b) von seinem religionsverfassungsrechtlichen Kontext auf die Unterstützung inländischer Religionsgesellschaften abzielt. Daran hat auch die Ausdehnung der Steuerbefreiung auf ausländische Körperschaften im EU- und EWR-Raum nichts geändert, da der Inlandsbezug des § 51 Abs. 2 AO (Anhang 1b) für § 54 AO (Anhang 1b) keine praktische Bedeutung hat (BT-Drs. 16/11108, 56). § 54 Abs. 2 AO (Anhang 1b) regelt hierzu ergänzend, was unter kirchlichen Zwecken zu verstehen ist. Darunter fallen die
- Errichtung, Ausschmückung und Unterhaltung von Gotteshäusern und kirchlichen Gemeindehäusern,
- Abhaltung von Gottesdiensten,
- Ausbildung von Geistlichen,
- Erteilung von Religionsunterricht,
- Beerdigungen und Pflege des Andenkens der Toten,
- Verwaltung des Kirchenvermögens,
- Besoldung der geistlichen Kirchenbeamten und Kirchendienern,
- Alters- und Behindertenversorgung für diese Personen und die Versorgung ihrer Witwen und Waisen.
Somit sind begünstigt Maßnahmen, die die Gesamtheit der religiösen oder liturgischen Handlungen (Gottesdienst) der Religionsgemeinschaft betreffen, sowie der Verkündigungs- und Unterweisungsbereich (z. B. Religionsunterricht) und missionarische Tätigkeiten sowie der Organisations-Verwaltungsbereich (Besoldung der Geistlichen).
Bedeutend ist, dass § 54 Abs. 2 AO (Anhang 1b) keine abschließende ("insbesondere") Aufzählung von Maßnahmen trifft, die unter die Förderung kirchlicher Zwecke fallen.
Zu den kirchlichen Zwecken gehört auch die Herausgabe und Verbreitung religiöser Bücher und Schriften, die Förderung der Mission, die Abhaltung von Einkehr- oder Kirchentagen (OFD Düsseldorf vom 01.07.1982, DB 1982, 1596). Zu den kirchlichen Zwecken gehören auch die Zwecke von privatrechtlich verfassten Körperschaften, die die Zwecke von Religionsgemeinschaften in der Rechtsform der Körperschaft des öffentlichen Rechts fördern. Zum Anwendungsbereich des § 54 AO (Anhang 1b) zählen bspw. deshalb auch Kirchenbauvereine, Priesterseminare, kirchliche Unterstützungskassen, Organisationen, die kirchliches Vermögen verwalten, und Dombauvereine (BFH vom 24.07.1996, BStBl II 1996, 583). Keine kirchlichen Zwecke sind aber Aktivitäten wie die Durchführung von Kirchenbesichtigungen oder Kirchturmbesteigungen, da es sich um reine Maßnahmen der Mittelbeschaffung handelt (RFH vom 25.10.1938, RStBl 1938, 1189 und vom 27.06.1939, RStBl 1939, 910).
Abzugrenzen sind die kirchlichen Zwecke von den religiösen Zwecken (vgl. "Religiöse Zwecke").
Eine Besonderheit besteht dahingehend, dass bei kirchlicher Zweckverfolgung das Gebot der Förderung der Allgemeinheit eingeschränkt ist, da sich die Fördertätigkeit nur auf die Angehörigen der jeweiligen Konfession beschränken kann.
Literatur:
Augsten, Steuerrecht in Nonprofit-Organisationen, 2. Aufl., Heidelberg 2015, Tz. 2.3; Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung Finanzgerichtsordnung, Loseblattwerk, Köln, § 64 AO Rz. 8; Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Aufl., Köln 2015; Winheller/Geibel/Jachmann-Michel, Gesamtes Gemeinnützigkeitsrecht, Baden-Baden 2017.