1. Ertragsteuerliche Behandlung
Tz. 4
Stand: EL 139 – ET: 10/2024
Die Abgabe von Medikamenten an ambulante Patienten des Krankenhauses ist seit der Rechtsprechung zur Verabreichung der Zytostatika (Medikamente, die das Zellwachstum bzw. die Zellteilung im Rahmen von Krebsbehandlungen hemmen) neu geregelt worden. Die Finanzverwaltung hatte in der Vergangenheit die Abgabe an ambulante Patienten auch im Rahmen der Krebstherapie nicht dem Zweckbetrieb Krankenhaus zugeordnet, sondern alle Tätigkeiten, die Krankenhausapotheken durch die Erweiterungen des Apothekengesetzes durch das GKV-Modernisierungsgesetz ausüben durften, als steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb behandelt. Darunter fiel auch die Abgabe von Medikamenten an ambulante oder ehemals stationäre Patienten zur Überbrückung gegen Entgelt und die Medikamentenlieferungen an ermächtigte Ambulanzen des Krankenhauses, die die unmittelbare Anwendung durch ermächtigte Krankenhausambulanzen an Patienten während der ambulanten Behandlung durchführen.
Tz. 5
Stand: EL 139 – ET: 10/2024
Dem ist der BFH in seinem Urteil vom 31.07.2013 (BStBl II 2015, 123) nicht gefolgt und hat die Abgabe von Zytostatika durch eine Krankenhausapotheke dem steuerbegünstigten Zweckbetrieb Krankenhaus i. S. d. § 67 AO zugeordnet. Der BFH hat ausdrücklich bestätigt, dass dies auch dann gilt, wenn die Ermächtigung zur Durchführung ambulanter Behandlungen nicht dem Krankenhaus im Wege einer sog. Institutsermächtigung erfolgt, sondern eine Aufgabe des Chefarztes des Krankenhauses vorliegt, der die Behandlung als Dienstaufgabe durchführt. Der BFH sah eine dem Krankenhaus typischerweise gegenüber dem Patienten zu erbringende Leistung als gegeben an, die nicht zwingend eine stationäre Behandlung erfordert. Die ambulante onkologische Behandlung ist somit als ärztliche Leistung vom Versorgungsauftrag erfasst und grundsätzlich dem Zweckbetrieb Krankenhaus zuzuordnen. Die Finanzverwaltung ist diesen Grundsätzen mit BMF-Schreiben vom 14.01.2015 gefolgt und hat die Urteilsgrundsätze im AEAO zu § 67 AO aufgenommen. Seitdem gelten Medikamentenlieferungen auch an ambulant behandelte Patienten – soweit sie Bestandteil des Versorgungsauftrages des Krankenhauses sind – als Zweckbetrieb.
In der Folgezeit hat sich der BFH zur Abgabe der Faktorpräparate zur Verabreichung im Rahmen der ärztlich begleiteten Heimselbstbehandlung von Hämophilen beschäftigt (BStBl II 2018, 672). Maßgebend war, dass die Verabreichung der Präparate der Versorgung von eigenen Patienten des Krankenhauses dient und vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses umfasst ist. Ein Ausschluss vom Zweckbetrieb wurde laut BFH dem gemeinnützigkeitsrechtlichen Sinn und Zweck einer umfassenden Entlastung der Sozialversicherungsträger widersprechen. Aus dieser Rechtsprechung wurde früh abgeleitet, dass auch die Abgabe von Fertigpräparaten dem Zweckbetrieb zuzuordnen ist. Dem folgend hat das BMF mit Schreiben vom 13.12.2022 diese Rechtsprechung aufgenommen und bestätigt.
2. Umsatzsteuerliche Behandlung
Tz. 6
Stand: EL 139 – ET: 10/2024
Auch die umsatzsteuerliche Behandlung war lange Zeit umstritten. Schließlich hat der EuGH im Urteil vom 13.03.2014 (DStR 2014, 587) festgestellt, dass die Abgabe von Zytostatika an ambulante Patienten eines Krankenhauses umsatzsteuerfrei sei, wenn die Medikamentenabgabe in tatsächlicher und wirtschaftlicher Hinsicht untrennbar mit der Heilbehandlung verbunden ist.
Im Folgeurteil vom 24.09.2014 (BStBl II 2016, 781) hat der BFH entschieden, dass die ambulante Abgabe von Zytostatika im Rahmen der Krankenhausbehandlung als engverbundener Umsatz gilt.
Heute ist in A 4.14.6 Abs. 2 Nr. 3 UStAE geregelt, dass die Abgabe von individuell für den einzelnen Patienten in einer Apotheke des Krankenhauses hergestellten Arzneimittel im Rahmen einer durchgeführten Heilbehandlung als engverbundener Umsatz gilt. Wobei die Behandlung im selben Gebäude (wie dem Krankenhausgebäude) nicht erforderlich ist.
Das FG Sachsen-Anhalt hatte im Urteil vom 20.10.2021 (Az. 3 K 1024/17) entschieden, dass demzufolge auch die Abgabe von Fertigarzneimitteln an ambulante Krankenhausapotheken ein eng verbundener Umsatz und damit umsatzsteuerfrei ist. Das FG hatte ausdrücklich festgestellt, dass die Verabreichung der Arzneimittel im Zeitpunkt der Erbringung der ärztlichen Leistung unentbehrlich und daher untrennbar mit dieser verbunden sei. In Abgrenzung zur Zytostatika-Rechtsprechung hat das FG ausdrücklich festgestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob die Arzneimittel für die Patienten individuell hergestellt werden, sondern vielmehr, dass die Verabreichung auf Basis einer ärztlichen Indikation für den Behandlungserfolg notwendig war. Mit BMF-Schreiben vom 13.12.2022 wurde klargestellt, dass die Abgabe von Fertigarzneimitteln, die einen Bestandteil der Krankenhausbehandlung und unentbehrlich für den Therapieerfolg sind, ein eng verbundener Umsatz ist. Ab 01.01.2023 erfolgt die Abgabe umsatzsteuerfrei. Für einen Übergangszeitraum bis zum 31.12.2020 beanstandet es die Finanzverwaltung allerdings nicht, wenn diese M...