Tz. 1
Stand: EL 123 – ET: 09/2021
Eine steuerbegünstigten Zwecken dienende Körperschaft verfolgt mildtätige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, bedürftige Personen selbstlos (§ 55 AO, Anhang 1b) zu unterstützen. § 53 Nr. 1 AO (Anhang 1b) stellt auf den Personenkreis ab, der infolge des körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes auf die Hilfe anderer angewiesen ist. § 53 Nr. 2 AO (Anhang 1b) erfasst den Personenkreis der wirtschaftlichen Hilfsbedürftigen und orientiert sich an den Regelsätzen der Sozialhilfe i. S. d. § 28 SGB XII.
Häufig lassen sich mildtätige Zwecke aber nur schwer von gemeinnützigen Zwecken wie z. B. im Pflege- und Gesundheitsbereich sowie im Wohlfahrtswesen unterscheiden. Es gibt in der Praxis sehr oft Überschneidungen, sodass beide steuerbegünstigte Zwecke (mildtätige und gemeinnützige Zwecke) erfüllt sind.
Tz. 2
Stand: EL 123 – ET: 09/2021
Die Mildtätigkeit verlangt nicht wie die Gemeinnützigkeit eine "Förderung der Allgemeinheit", weil von Seiten des Gesetzgebers auf den Personenkreis des § 53 AO (Anhang 1b) abgestellt wird. Wird beispielsweise nur ein fest abgegrenzter bzw. ein kleiner Personenkreis unterstützt, kann die Körperschaft wegen Mildtätigkeit steuerbegünstigt sein. Grundsätzlich können daher auch Angehörige einer Familie (anders: AEAO zu § 53 AO TZ 3, Anhang 2) oder die Belegschaft eines Unternehmens als mildtätigen Zwecken dienend angesehen werden (vgl. hierzu Winheller/Geibel/Jachmann-Michel, 2020, § 53 AO Rn. 43ff.). Auch die Unterstützung von ausländischen Staatsangehörigen kann mildtätig und somit ein steuerbegünstigter Zweck sein.
Tz. 3
Stand: EL 123 – ET: 09/2021
Mildtätige Zwecke müssen selbstlos i. S. v. § 55 Abs. 1 AO (Anhang 1b) verfolgt werden. Dies ist dann der Fall, wenn die Hilfeleistung nicht nur um des Entgelts willen gewährt wird, sondern ohne Rücksicht darauf, ob von den hilfsbedürftigen Personen oder von einer anderen Seite eine Gegenleistung dafür erwartet werden kann. Unentgeltlichkeit ist aber dennoch nicht erforderlich (s. BFH vom 24.07.1996, BStBl II 1996, 583; AEAO zu § 53 AO TZ 2, Anhang 2). Mildtätigkeit setzt aber ein Vermögensopfer voraus. Ein absoluter Grundsatz, dass das Entgelt, das für die Leistungen erhoben wird, unter den Selbstkosten liegen muss (in dieser Richtung s. BFH vom 26.04.1989, BStBl II 1989, 670), besteht nicht.
Tz. 4
Stand: EL 123 – ET: 09/2021
Mildtätigen Zwecken dienen im besonderen Maße die amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege und die ihnen angeschlossenen Organisationen; daneben aber auch zahlreiche andere Vereine, die ausschließlich persönliche und wirtschaftliche Hilfeleistung für bedürftige Personen erbringen. Hierzu gehören z. B. von Vereinen betriebene Altenheime, Krankenanstalten, Pflegeheime, Heime für geistig und körperlich Behinderte, Obdachlosenheime. Es gehören weiter hierzu die Aktion "Essen auf Rädern", die Telefonseelsorge, Frauenhäuser, Beratungsstellen für Drogensüchtige, die mobile Krankenpflege, Drogenkliniken, die Blindenfürsorge, Erholungsheime.
Tz. 5
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Der Umstand, dass ein Verein Mitglied eines Wohlfahrtsverbandes ist, genügt für sich allein noch nicht, dass seine verfolgten Zwecke auch als mildtätig und somit als steuerbegünstigt anzuerkennen sind.
Tz. 6
Stand: EL 123 – ET: 09/2021
Steuerbegünstigte Körperschaften, die mildtätige Zwecke verfolgen, sind in vielen Fällen (s. Tz. 1) gemeinnützig. In den Fällen der Gemeinnützigkeit ist aber zu beachten, dass hier auch das Merkmal "Förderung der Allgemeinheit" erfüllt sein muss.
Tz. 7
Stand: EL 123 – ET: 09/2021
Durch den Verweis in § 10b Abs. 1 EStG (Anhang 10) auf §§ 52–54 AO (Anhang 1b) wird erreicht, dass Zuwendungen/Spenden für alle gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Zwecke steuerlich abziehbar sind. Eine Körperschaft, die steuerbegünstigte Zwecke i. S. d. §§ 52ff. AO (Anhang 1b) verfolgt, kann damit immer steuerlich abziehbare Zuwendungen/Spenden erhalten. Weitere Ausführungen zum Abzug von Zuwendungen s. "Spenden/Zuwendungen".
Hinweis:
Der Abzug von Zuwendungen für mildtätige Zwecke bei der Einkommensteuer ist wie für gemeinnützige Zwecke auf 20 % des Gesamtbetrages der Einkünfte begrenzt.
Der Abzug bei der Körperschaftsteuer kann mit 20 % des Einkommens erfolgen. In den vorgenannten Fällen kann alternativ ein Abzug i. H. v. 4 ‰ der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne erfolgen. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb kann bis zur Höhe von 20 % des um die Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 9 GewStG (Anhang 7) erhöhten Gewinns oder um 4 ‰ der Summe der gesamten Umsätze und der im Wirtschaftsjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter steuerlich abgezogen werden.
- Die mildtätigen Zwecke sind von den gemeinnützigen Zwecken abzugrenzen. Werden sowohl gemeinnützige, wie auch mildtätige Zwecke verfolgt, sind für den Nachweis der tatsächlichen Geschäftsführung (s. § 63 AO, Anhang 1b) im Rechenwerk getrennte Konten für die erhaltenen Zuwendungen/Spenden zu führen.
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