Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Kümpel
Stand: EL 133 – ET: 08/2023
Viele Vereine versuchen über Werbemaßnahmen neue (Förder-)Mitglieder und/oder Spender zu gewinnen. So wird neben der Werbung an der Haustür oder über die Briefpost auch Werbung über das sog. Telemarketing (Telefon, E-Mail, SMS usw.) betrieben.
Die im Zusammenhang mit derartigen Werbemaßnahmen entstehenden Aufwendungen sind den allgemeinen Verwaltungsaufwendungen zuzurechnen, da sie nicht unmittelbar den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Tätigkeitsfeldern der steuerbegünstigten (gemeinnützigen) Einrichtung zugeordnet werden können.
Da jedoch eine steuerbegünstigte (gemeinnützige) Einrichtung verpflichtet ist, ihre Mittel ausschließlich und unmittelbar für die Förderung ihrer satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke zu verwenden (§ 55 Abs. 1 AO; Anhang 1b), stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang gemeinnützigkeitsrechtlich gebundene Mittel für die Akquise neuer (Förder-)Mitglieder bzw. Spender verwendet werden dürfen.
So kann eine steuerbegünstigte Einrichtung nicht mehr als gemeinnützig anerkannt werden, wenn ihre Ausgaben für die allgemeine Verwaltung (dazu gehören auch die Aufwendungen für die Mitgliederwerbung) einen angemessenen Rahmen überschreiten (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 AO, Anhang 1b).
Eine feste Grenze, bis zu welcher Höhe allgemeine Verwaltungsausgaben noch unschädlich für die Steuerbegünstigung sind, gibt es jedoch nicht.
Der Rahmen von zulässigen Verwaltungsausgaben wird in jedem Fall dann überschritten, wenn eine Körperschaft, die sich überwiegend aus Geldspenden finanziert, diese überwiegend zu Bestreitung von Ausgaben für Verwaltung und Spendenwerbung statt für die Verwirklichung der steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet (BFH vom 23.9.1998, BStBl II 2000, 320). Handelt es sich um eine neugegründete steuerbegünstigte Einrichtung, wird ihr eine vierjährige Aufbauphase eingeräumt, in der ihre Verwaltungskosten auch höher als 50 % sein dürfen. Bei schon länger bestehenden steuerbegünstigten Körperschaften ist regelmäßig von einer kürzeren Aufbauphase auszugehen (AEAO zu § 55 AO Nr. 19, Anhang 2).
Ein Indiz dafür, dass die Verwaltungskosten inkl. der Werbung für neue (Förder-)Mitglieder unangemessen hoch sein könnten, ist m. E. dann gegeben, wenn die steuerbegünstigte Einrichtung die hierfür aufgestellten Kriterien für die Vergabe des sog. "Spendensiegels" des DZI nicht erfüllt. Nach den vom DZI festgelegten Vergaberegelungen dürfen die Werbe- und Verwaltungsausgaben höchstens 30 % der jährlichen Gesamtausgaben betragen. Auch dürfen die Ausgaben für Werbung und allgemeine Öffentlichkeitsarbeit (Werbeausgaben) im Durchschnitt der vergangenen drei abgeschlossenen Geschäftsjahre höchstens 30 % der jährlichen Sammlungseinnahmen betragen, damit das Siegel erteilt wird (s. a. DZI, Leitlinien Spendensiegel, 9. Aufl., Stand 01.04.2019, II.4.b.(1) u. (2), www.dzi.de). Wird von einer steuerbegünstigten Einrichtung diese Grenze überschritten, sollten die Gründe dafür geprüft und ggf. Kostensenkungen in diesem Bereich eingeleitet werden.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind bei der Ermittlung der Verhältnisse der Aufwendungen zueinander die Verwaltungsausgaben (einschließlich Werbung für neue Mitglieder/Spenden) ins Verhältnis zu den gesamten Einnahmen (Spenden, Beiträge, Zuschüsse, Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben etc.) zu setzen (AEAO zu § 55 AO TZ 19, Anhang 2).
Im Ergebnis kommt es auf die Umstände im jeweiligen Einzelfall an. Auch kann eine für die Steuerbegünstigung schädliche Mittelverwendung bereits schon dann vorliegen, wenn der prozentuale Anteil an den Verwaltungsausgaben einschließlich der Werbung deutlich geringer als 50 % ist. So wäre die Steuerbegünstigung bereits dann zu versagen, wenn eine einzelne Verwaltungsausgabe, wie z. B. das Gehalt des Geschäftsführers, unangemessen hoch ist.
Bei der Zuordnung der Verwaltungskosten zu bestimmten Tätigkeitsfeldern ist anzugeben, aufgrund welcher Kriterien diese zugeordnet wurden. So handelt es sich bei den Aufwendungen für die Beschäftigung eines Geschäftsführers grundsätzlich um allgemeine Verwaltungsausgaben. Eine Zuordnung dieser Kosten zu der steuerbegünstigten Tätigkeit ist nur insoweit möglich, wenn der Geschäftsführer unmittelbar bei steuerbegünstigten Projekten mitarbeitet. Entsprechendes gilt für die Zuordnung von Reisekosten (AEAO zu § 55 AO Nr. 22). Hierüber sind entsprechende Aufzeichnungen zu führen.