Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Kümpel
Stand: EL 132 – ET: 06/2023
Wer Eingriffe in die Natur oder Landschaft vornimmt, z. B. durch den Bau eines Gebäudes oder einer Straße, ist verpflichtet, die dadurch verursachten Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist (§ 14 Bundesnaturschutzgesetz).
Für die Feststellung der wertmäßigen Höhe des Eingriffs in die Natur bzw. Landschaft wird durch ein standardisiertes Biotopwertverfahren der Umfang des Eingriffs durch die Berechnung von Wertpunkten (= Ökopunkte) ermittelt. In Höhe der danach ermittelten Punktzahl hat der Verursacher des Eingriffs entsprechende Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durchzuführen. Werden gar keine Maßnahmen durchgeführt, kann ein Ersatzgeld festgelegt werden.
Kann ein Verursacher selber keine Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme durchführen, darf er – da die Ökopunkte übertragbar sind – Ökopunkte aus Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen eines Dritten erwerben und als Kompensation für seinen Eingriff einsetzen (§ 16 Bundesnaturschutzgesetz).
Für die Ausgestaltung der Regelungen, insbesondere der Bedingungen einer Übertragung von Ökopunkten, ist jedoch jedes Bundesland selbst verantwortlich.
Häufig generieren steuerbegünstigte (gemeinnützige) Naturschutzverbände im Rahmen des von Ihnen betriebenen Naturschutzes (z. B. durch Renaturierungsmaßnahmen usw.) Ökopunkte, die dann von ihnen veräußert werden können.
Die Veräußerung von Ökopunkten durch einen steuerbegünstigten (gemeinnützigen) Naturschutzverein begründet bei diesem keinen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (BFH vom 24.01.2019, V R 63/16, BStBl II 2019, 392).
So setzt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nach § 14 AO (Anhang 1b) eine Tätigkeit voraus, die nicht mit anderweitigen Betätigungen der Körperschaft dergestalt zusammenhängt, dass ihre Ausübung ohne die anderweitige Betätigung nicht möglich wäre (BFH vom 07.05.2014, I R 65/12, BFH/NV 2014, 1670). So bezieht sich das Tatbestandsmerkmal der Selbständigkeit in § 14 AO (Anhang 1b) auf die sachliche Selbständigkeit der Betätigung i. S. einer Abgrenzbarkeit von einem steuerbegünstigten Wirkungsbereich. Nach diesen Maßstäben ist der Verkauf der Ökopunkte allein und unmittelbar durch die steuerbegünstigte Tätigkeit der Klägerin veranlasst, dem ideellen Bereich zuzuordnen und damit auch sachlich nicht von dieser Tätigkeit abzugrenzen.
Werden nämlich einer gemeinnützigen Einrichtung aufgrund des von ihr betriebenen Natur- und Landschaftsschutzes Ökopunkte zugeteilt, die nur durch den Verkauf verwertet werden können, ist der Erlös aus diesem Verkauf ebenso wie die zugrunde liegende Tätigkeit sowohl bei der Körperschaftsteuer als auch bei der Gewerbesteuer nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG (Anhang 3), § 3 Nr. 6 GewStG (Anhang 7) steuerfrei.
Der Veranlassungszusammenhang zwischen der satzungsmäßigen Tätigkeit und der Ausgabe der Ökopunkte setzt sich durch den Verkauf der Ökopunkte fort. Der Verkauf der Ökopunkte ist die einzige sachgerechte Verwendungsalternative. Das ergibt sich aus dem nahe liegenden Gedanken, dass der Verein schon nach seinem Satzungszweck keine Eingriffe in den Naturhaushalt tätigen wird, die einer Kompensation mit seinen Renaturierungsprojekten bedürften.
Umsatzsteuerlich unterliegt die Veräußerung von Ökopunkten dem ermäßigten USt-Steuersatz von derzeit 7 % (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG, Anhang 5).