3.3.1 Arbeitsrechtliche Zuordnungsentscheidung
Tz. 18
Stand: EL 127 – ET: 06/2022
Ob für einen Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte vorliegt oder nicht, muss der Arbeitgeber insbesondere anhand der dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen bestimmen.
Beachte!
- Derartige arbeitsrechtlichen Festlegungen können schriftlich oder mündlich getroffen werden.
- Schriftliche Festlegungen (insbesondere im Arbeitsvertrag) haben den Vorteil, dass sie sich unproblematisch nachweisen lassen.
- Die arbeitsvertragliche Festlegung allein genügt noch nicht, der Arbeitnehmer muss auch entsprechend der Festlegung – zumindest geringfügig – dort zum Einsatz kommen.
Tz. 19
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Soll der Arbeitnehmer an mehreren Tätigkeitsstätten tätig werden und ist er einer bestimmten Tätigkeitsstätte dienst- oder arbeitsrechtlich dauerhaft zugeordnet, ist es unerheblich, in welchem Umfang er seine berufliche Tätigkeit an dieser oder an den anderen Tätigkeitsstätten ausüben soll. Auch auf die Regelmäßigkeit des Aufsuchens dieser Tätigkeitsstätten kommt es dann nicht mehr an (s. BMF vom 30.09.2013, BMF vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228 Rz. 8).
Tz. 20
Stand: EL 127 – ET: 06/2022
Beispiel 1:
Arbeitnehmer A einer steuerbegünstigten Zwecken dienenden Körperschaft ist
- einen Tag in der Geschäftsstelle der steuerbegünstigten Körperschaft in X hauptsächlich zu Dienstbesprechungen,
- zwei Tage in der Betriebsstätte Y und
- zwei Tage in der Betriebsstätte Z
beschäftigt, deren Leiter er ist. Arbeitsvertraglich ist er der Geschäftsstelle X zugeordnet.
Ergebnis 1:
Arbeitnehmer A der steuerbegünstigten Zwecken dienenden Körperschaft hat seine erste Tätigkeitsstätte in der Geschäftsstelle X (aufgrund der arbeitsrechtlichen Zuordnung, auch wenn er dort nur einen Tag tätig ist). Zu den steuerlichen Auswirkungen einer Tätigkeit an einer ersten Tätigkeitsstätte s. Tz. 13.
An den Tagen, an denen er als Leiter der Betriebsstätten Y und Z zu diesen Betriebsstätten fährt, liegen für ihn Auswärtstätigkeiten (Reisekosten) vor. Zu den steuerlichen Auswirkungen s. Tz. 14.
3.3.2 Keine Negativfestlegung
Tz. 21
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Die gesetzliche Vorschrift des § 9 Abs. 4 Satz 1–3 EStG (Anhang 10) sieht die Möglichkeit einer Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers zu einer bestimmten Tätigkeitsstätte vor.
Der Arbeitgeber kann dienst- oder arbeitsrechtlich daher nicht festlegen, dass der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte hat (Negativfestlegung).
Tz. 22
Stand: EL 127 – ET: 06/2022
Er kann allerdings (ggf. auch ausdrücklich) darauf verzichten, eine erste Tätigkeitsstätte dienst- oder arbeitsrechtlich festzulegen, oder ausdrücklich erklären, dass organisatorische Zuordnungen keine erste Tätigkeitsstätte begründen sollen (s. BMF vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228 Rz. 13).
Tz. 23
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Beispiel 2:
Abwandlung von Beispiel 1 (s. Tz. 20): Arbeitnehmer A der steuerbegünstigten Zwecken dienenden Körperschaft ist weder der Geschäftsstelle in X noch den Betriebsstätten in Y und Z arbeitsrechtlich zugeordnet.
Ergebnis 2:
Die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte kann hier nicht anhand der dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen des Arbeitgebers getroffen werden, weil dieser keine vereinbart hat. In diesem Fall sind quantitative Zuordnungskriterien i. S. v. § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG (Anhang 10) heranzuziehen, was im vorliegenden Beispiel Probleme bereitet, da A in Y und Z gleich lang (jeweils zwei Tage) tätig ist. Die Geschäftsstelle X scheidet als erste Tätigkeitsstelle aus (da dort nur für einen Tag eine Beschäftigung gegeben ist).
Nach welchen weiteren Kriterien die erste Tätigkeitsstätte des A in diesem Fall zu bestimmen ist, wird unten (s. Tz. 36 ff.) näher beschrieben.
Tz. 24
Stand: EL 127 – ET: 06/2022
Beachte!
Beispiel 1 und 2 verdeutlichen, wie wichtig es ist, Festlegungen bezüglich der ersten Tätigkeitsstätte zu treffen. Die steuerlichen Auswirkungen einer Tätigkeit an einer ersten Tätigkeitsstätte oder einer Auswärtstätigkeit sind unterschiedlich (s. Tz. 13 und 14).
Nicht entscheidend ist, ob an der vom Arbeitgeber festgelegten Tätigkeitsstätte der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit liegt oder liegen soll (BMF vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228 Rz. 9).
Tz. 25
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Die dienst- oder arbeitsrechtliche Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers muss nicht dokumentiert werden. Vielmehr kann sich die Zuordnungsentscheidung auch ergeben aus (s. BMF vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228, Rz. 11) Regelungen
- im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag, in Protokollnotizen, in dienstrechtlichen Verfügungen, in Einsatzplänen,
- in Reiserichtlinien, in Reisekostenabrechnungen, im Ansatz eines geldwerten Vorteils für die Nutzung eines Dienstwagens für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder
- in vom Arbeitgeber als Nachweis seiner Zuordnungsentscheidung vorgelegten Organigrammen.
Tz. 26
Stand: EL 127 – ET: 06/2022
Fehlt eine eindeutige Zuordnung, gelten quantitative Merkmale entsprechend (s. § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG, Anhang 10, BMF vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228 Rz. 11).
Tz. 27
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