Tz. 21
Stand: EL 127 – ET: 06/2022
Die gesetzliche Vorschrift des § 9 Abs. 4 Satz 1–3 EStG (Anhang 10) sieht die Möglichkeit einer Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers zu einer bestimmten Tätigkeitsstätte vor.
Der Arbeitgeber kann dienst- oder arbeitsrechtlich daher nicht festlegen, dass der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte hat (Negativfestlegung).
Tz. 22
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Er kann allerdings (ggf. auch ausdrücklich) darauf verzichten, eine erste Tätigkeitsstätte dienst- oder arbeitsrechtlich festzulegen, oder ausdrücklich erklären, dass organisatorische Zuordnungen keine erste Tätigkeitsstätte begründen sollen (s. BMF vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228 Rz. 13).
Tz. 23
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Beispiel 2:
Abwandlung von Beispiel 1 (s. Tz. 20): Arbeitnehmer A der steuerbegünstigten Zwecken dienenden Körperschaft ist weder der Geschäftsstelle in X noch den Betriebsstätten in Y und Z arbeitsrechtlich zugeordnet.
Ergebnis 2:
Die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte kann hier nicht anhand der dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen des Arbeitgebers getroffen werden, weil dieser keine vereinbart hat. In diesem Fall sind quantitative Zuordnungskriterien i. S. v. § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG (Anhang 10) heranzuziehen, was im vorliegenden Beispiel Probleme bereitet, da A in Y und Z gleich lang (jeweils zwei Tage) tätig ist. Die Geschäftsstelle X scheidet als erste Tätigkeitsstelle aus (da dort nur für einen Tag eine Beschäftigung gegeben ist).
Nach welchen weiteren Kriterien die erste Tätigkeitsstätte des A in diesem Fall zu bestimmen ist, wird unten (s. Tz. 36 ff.) näher beschrieben.
Tz. 24
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Beachte!
Beispiel 1 und 2 verdeutlichen, wie wichtig es ist, Festlegungen bezüglich der ersten Tätigkeitsstätte zu treffen. Die steuerlichen Auswirkungen einer Tätigkeit an einer ersten Tätigkeitsstätte oder einer Auswärtstätigkeit sind unterschiedlich (s. Tz. 13 und 14).
Nicht entscheidend ist, ob an der vom Arbeitgeber festgelegten Tätigkeitsstätte der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit liegt oder liegen soll (BMF vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228 Rz. 9).
Tz. 25
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Die dienst- oder arbeitsrechtliche Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers muss nicht dokumentiert werden. Vielmehr kann sich die Zuordnungsentscheidung auch ergeben aus (s. BMF vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228, Rz. 11) Regelungen
- im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag, in Protokollnotizen, in dienstrechtlichen Verfügungen, in Einsatzplänen,
- in Reiserichtlinien, in Reisekostenabrechnungen, im Ansatz eines geldwerten Vorteils für die Nutzung eines Dienstwagens für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder
- in vom Arbeitgeber als Nachweis seiner Zuordnungsentscheidung vorgelegten Organigrammen.
Tz. 26
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Fehlt eine eindeutige Zuordnung, gelten quantitative Merkmale entsprechend (s. § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG, Anhang 10, BMF vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228 Rz. 11).
Tz. 27
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Beispiel 3:
Arbeitnehmer A einer steuerbegünstigten Zwecken dienenden Körperschaft ist in der Geschäftsstelle X und der Betriebsstätte Y eingesetzt. Eine erste Tätigkeitsstelle ist im Arbeitsvertrag nicht festgelegt. Für Fahrten zur Betriebsstätte Y erhält A Reisekosten erstattet.
Ergebnis 3:
Indiz für eine arbeitsrechtliche Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers kann nach dem Schreiben des BMF vom 25.11.2020, Rz. 11 z. B. sein, dass nach der Reiserichtlinie für Tätigkeiten an dieser Tätigkeitsstätte (hier Betriebsstätte Y) Reisekosten gezahlt werden.
Tz. 28
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Im Fall einer Dienstwagengestellung kann als Indiz für eine arbeitsrechtliche Zuordnungsentscheidung die Besteuerung eines geldwerten Vorteils für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte herhalten.