Tz. 19
Stand: EL 140 – ET: 12/2024
§ 62 Abs. 1 Nr. 1 AO (s. Anhang 1b) gilt für alle steuerbegünstigten Einrichtungen, gleichgültig, ob Buchführungspflicht gegeben ist oder die tatsächliche Geschäftsführung durch Erstellung einer Einnahmen-Ausgaben-Überschussrechnung (EAÜ-Rechnung) erfolgt. In der zitierten Gesetzesvorschrift fordert der Gesetzgeber, dass die Mittel (angesammelten Beträge aus den einzelnen Tätigkeitsbereichen) in einem gewissen Zeitraum tatsächlich für die Verfolgung der steuerbegünstigten Zwecke verwendet werden. Die Voraussetzung einer konkreten Zeitvorstellung bedeutet nicht, dass in jedem Fall ein genauer Zeitpunkt für die Durchführung der geplanten Maßnahmen genannt werden muss. Bei Investitionsvorhaben ist eine Rücklagenbildung auch dann zulässig, wenn die Realisierung des Vorhabens glaubhaft und bei der finanziellen Situation der Körperschaft in einem angemessenen Zeitraum möglich ist.
Tz. 20
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Grundsätzlich sollte aber ein Zeitraum von sechs Jahren nicht überschritten werden. Das Merkmal "erforderlich" ist – hinsichtlich Grund, Höhe und zeitlichem Umfang – nach objektiven Kriterien des konkreten Einzelfalles zu überprüfen (s. BFH vom 13.09.1989, BStBl II 1990, 28).
Hinweise:
Tz. 21
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- Die Frist nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO (Anhang 1b) für die zeitnahe Verwendung der Mittel kann nicht mit der Begründung verlängert werden, die Überlegungen zur Verwendung der Mittel seien noch nicht abgeschlossen. Dementsprechend kommt mit einer solchen Begründung auch die Bildung einer Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO (Anhang 1b) nicht in Betracht.
- Zu den nach § 62 Abs. 1 Nr. 1AO (Anhang 1b) zulässigen Rücklagen gehört auch die so genannte Betriebsmittelrücklage für periodisch wiederkehrende Ausgaben in Höhe des Mittelbedarfs für eine angemessene Zeitspanne. Die Berechnung der Höhe der Rücklage ist davon abhängig, in welchem Umfang die Körperschaft regelmäßige Einnahmen erzielt. Insoweit bestimmt sich die Zeitspanne (höchstens bis zu einem Geschäftsjahr) nach den Verhältnissen bezogen auf den Einzelfall (AEAO zu § 62 Abs. 1 Nr. 1 TZ 4, Anhang 2).
Tz. 22
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Eine Rücklagenbildung nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO (Anhang 1b) wird immer dann erforderlich sein, wenn die Mittel gegenüber dem Vorjahr angewachsen sind. Auf die Herkunft der Mittel kommt es nicht an. Einer Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO (Anhang 1b) können folglich alle Mittel, die der zeitnahen Verwendung unterliegen (z. B. auch Erträge aus Zuwendungen, laufende Vermögenserträge) zugeführt werden. Erbschaften, Vermächtnisse, Schenkungen, Zuwendungen, die der Aufstockung des Vermögens dienen, Sachzuwendungen, die der Bildung und Erhöhung des Vermögens dienen, brauchen aber nicht für steuerbegünstigte Zwecke eingesetzt werden (s. § 62 Abs. 3 AO, Anhang 1b), sondern lediglich deren Erträge (Mieten, Pachten, Zinsen usw.). Wie bereits ausgeführt ist aber eine Zuführung zum Vermögen unschädlich. Im Übrigen wird auf den Grundsatz der Vermögensbindung hingewiesen. Unter Rücklagenbildung versteht § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO (Anhang 1b) deshalb die unschädliche Hortung von Mitteln – nicht Vermögen – der steuerbegünstigten Einrichtungen.
Tz. 23
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Über die Höhe der gebildeten Rücklage aus Teilen des Vereinsvermögens (Mitteln) und deren Verwendungszweck ist ein Präsidiums- bzw. Vorstandsbeschluss zu fassen, der dokumentiert, dass mit den angesammelten Mitteln satzungsmäßige Vorhaben verwirklicht werden sollen. Er ist zu protokollieren. Die gebildete Rücklage ist für jeden Tätigkeitsbereich gesondert auszuweisen und auf getrennten Konten buchhalterisch zu erfassen, damit jederzeit eine Nachprüfung durch die Finanzbehörde erfolgen kann (s. auch BMF vom 01.10.1976, BStBl I 1976, 576; BFH vom 20.12.1978, BStBl II 1979, 496; auch s. AEAO zu § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO TZ 4 und TZ 14, Anhang 2).
Tz. 24
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§ 62 Abs. 1 Nr. 1 AO (Anhang 1b) ist auch für die so genannte Mittelbeschaffungskörperschaften i. S. v. § 58 Nr. 1 AO (Anhang 1b) anzuwenden (s. BFH vom 13.09.1989, BStBl II 1990, 28).
Tz. 25
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Voraussetzung ist jedoch, dass die Rücklagenbildung dem Zweck der Beschaffung von Mitteln für die steuerbegünstigten Zwecke einer anderen Körperschaft entspricht. Diese Voraussetzung ist zum Beispiel dann erfüllt, wenn die Mittelbeschaffungskörperschaft wegen Verzögerung der von ihr zu finanzierenden steuerbegünstigten Maßnahmen gezwungen ist, die beschafften Mittel zunächst zu thesaurieren (in eine Rücklage einzustellen).
Tz. 26
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Unterhält eine steuerbegünstigten Zwecken dienende Körperschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb mit Steuerpflicht, so können dessen Erträge erst nach Versteuerung einer Rücklage i. S. v. § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO (Anhang 1b) zugeführt werden. S. AEAO zu § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO TZ 8, Anhang 2.
Tz. 27
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Hinweis: