I. Die geltende Rechtslage
1. Allgemeines
Tz. 1
Stand: EL 140 – ET: 12/2024
Gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Körperschaften müssen ihre Mittel grundsätzlich zeitnah für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwenden (s. § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 AO, Anhang 1b). Eine zeitnahe Verwendung der Mittel ist seit 2014 dann gegeben, wenn die Mittel spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden (s. § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 AO, Anhang 1b). Verwendung i. d. S. ist auch die Verwendung der Mittel für die Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen, die den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecken dienen (z. B. Bau eines Altenheimes, Kauf von Sportgeräten oder medizinischen Geräten), s. AEAO zu § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO TZ 28–32, Anhang 2.
Die zeitnahe Mittelverwendung wird durch die Bildung von Rücklagen ausgeweitet, weil in § 62 AO (Anhang 1b) die Voraussetzungen, unter denen Mittel von der Pflicht der zeitnahen Mittelverwendung ausgenommen sind, gesetzlich geregelt wurden. Sie ist somit uneingeschränkt zulässig. Die Aufzählung der Rücklagen in § 62 Abs. 1–4 AO (Anhang 1b) ist nicht abschließend. Zu weiteren zulässigen Rücklagen s. Tz. 4.
Zur Darstellung der Rücklagen in den Bilanzen bzw. der Einnahmen-Ausgaben-Überschussrechnungen (EAÜ) der steuerbegünstigten Körperschaften s. Tz. 77–79.
2. Rücklagenbildung nach § 62 Abs. 1 Nr. 1–4 AO
Tz. 2
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Folgende möglichen Rücklagen sind in § 62 AO (Anhang 1b) gesetzlich geregelt:
- erforderliche Rücklage zur nachhaltigen Erfüllung steuerbegünstigter satzungsmäßiger Zwecke (s. Tz. 5),
- Wiederbeschaffungsrücklage (s. Tz. 6),
- freie Rücklage (s. Tz. 7),
- Rücklage für den Erwerb von Gesellschaftsrechten (s. Tz. 8),
- Rücklagen durch Zuführung des Gewinns im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (s. § 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG und s. AEAO zu § 62 AO TZ 1, Anhang 2)
- Rücklagen durch Zuführung von Überschüssen aus der Vermögensverwaltung (s. AEAO zu § 62 AO TZ 1, Anhang 2).
II. Rücklagenübersicht
1. Übersicht
Tz. 3
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2. Möglichkeiten der Bildung von sonstigen steuerlich zulässigen Rücklagen
Tz. 4
Stand: EL 140 – ET: 12/2024
Wiederbeschaffungsrücklage für die beabsichtigte Wiederbeschaffung von Wirtschaftsgütern, Fahrzeugen und anderen Wirtschaftsgütern, für deren Anschaffung die laufenden Einnahmen nicht ausreichen, und die zur Verwirklichung der steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke notwendig sind i. S. v. § 62 Abs. 1 Nr. 2 AO (Anhang 1b);
- Eine Wiederbeschaffungsabsicht liegt nur vor, wenn tatsächlich eine Neuanschaffung des einzelnen Wirtschaftsgutes geplant und in einem angemessenen Zeitraum möglich ist. Für den Nachweis der Wiederbeschaffungsabsicht reicht es aus, wenn eine derartige Rücklage gebildet wurde. Weitere Einzelheiten zur Wiederbeschaffungsrücklage s. AEAO zu § 62 Abs. 1 Nr. 2 AO TZ 6, Anhang 2.
- Die Regelungen für die Bildung einer Wiederbeschaffungsrücklage i. S. v. § 62 Abs. 1 Nr. 2 AO (Anhang 1b) gelten auch für Mittelbeschaffungskörperschaften i. S. d. (s. § 58 Nr. 1 AO, Anhang 1b). S. auch AEAO zu § 62 Abs. 1 Nr. 2 AO TZ 7 zu "Förderkörperschaften", Anhang 2.
- Betriebsmittelrücklage. Sie ist ebenfalls eine Rücklage i. S. v. § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO (Anhang 1b). Eine Bildung ist für periodisch wiederkehrende Ausgaben (z. B. Löhne, Gehälter, Mieten etc.) für eine angemessene Zeitperiode – verdeckte Einlage bis zu 12 Monaten – zur Sicherung der Liquidität zulässig. Ebenfalls unschädlich ist die vorsorgliche Bildung einer Rücklage zur Entrichtung von Steuern außerhalb eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes, solange Unklarheit darüber besteht, ob die Körperschaft insoweit in Anspruch genommen wird. Bei der Bildung der Rücklage kommt es nicht auf die Herkunft der Mittel an. Der Rücklage dürfen auch zeitnah zu verwendende Mittel, wie z. B. Zuwendungen/Spenden zugeführt werden (s. AEAO zu § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO TZ 4, Anhang 2).
- Rücklagen im Rahmen der Vermögensverwaltung außerhalb von § 62 Abs. 1 Nr. 3 und 4 AO, Anhang 1b. Die Rücklage kann im Bereich des Tätigkeitsbereiches Vermögensverwaltung für die Durchführung konkreter Reparatur- oder Erhaltungsmaßnahmen an Vermögensgegenständen i. S. d. § 21 EStG (Anhang 10) gebildet werden. S. auch AEAO zu § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO TZ 1 (Anhang 2). Die Maßnahmen, für deren Durchführung die Rücklage gebildet wird, müssen notwendig sein, um den ordnungsgemäßen Zustand des Vermögensgegenstandes zu erhalten oder wiederherzustellen, und in einem angemessenen Zeitraum durchgeführt werden können (z. B. geplante Erneuerung eines undichten Daches). Bei der Bildung der Rücklage kommt es nicht auf die Herkunft der Mittel an. Der Rücklage dürfen auch zeitnah zu verwendende Mittel, wie z. B. Zuwendungen/Spenden zugeführt werden (s. AEAO zu § 62 AO TZ 3, Anhang 2).
- Rücklagen im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb außerhalb von § 62 Abs. 1 Nr. 3 und 4 AO, Anhang 1b. Die Rücklagen müssen bei vernünftiger kaufmännischer Betrachtung wirtschaftlich begründet sein (s. § 14 Abs. 1 Nr. 4 KStG). Für die Bildung einer derartigen Rücklage im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb muss ein konkreter Anlass gegeben sein, ...