Tz. 55
Stand: EL 111 – ET: 04/2019
Die Verfolgungsverjährungsfrist beginnt bei einer Straftat wie der (vorsätzlichen) Steuerhinterziehung, sobald die Tat beendet ist, s. § 78a StGB. Tritt ein zum Tatbestand gehörender Erfolg erst später ein, beginnt die Verjährung mit diesem Zeitpunkt.
Hinweis:
Beim Begriff der Beendigung einer Straftat handelt es sich um einen juristischen Fachbegriff, der eine rechtliche Prüfung mit Blick auf den konkret verwirklichten Straftatbestand erfordert. Insbesondere ist der Begriff der Beendigung nicht mit dem der Vollendung identisch, die in der Regel früher verwirklicht wird als die Beendigung der Tat. Allgemein wird unter Beendigung der Tat der Abschluss der Handlung oder Unterlassung verstanden, die den Tatbestand des Delikts erfüllt, s. Mitsch, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Aufl. 2016, § 78a Rn. 5. Die Vollendung stellt lediglich auf die Erfüllung des Straftatbestandes als solchen ab, während zur Beendigung auch der Eintritt eines etwaigen Erfolges gehört; der Täter muss sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abgeschlossen haben, das Tatunrecht muss sich in vollem Umfang verwirklicht haben.
Tz. 56
Stand: EL 111 – ET: 04/2019
Bei der Steuerhinterziehung von Veranlagungssteuern durch falsche Erklärung beginnt die Verjährungsfrist mit der Festsetzung der (fehlerhaften) Steuer durch Bekanntgabe des Steuerbescheids an den Steuerpflichtigen, s. Fischer, StGB, 66. Aufl. 2019, § 78a Rn. 10. Hingegen soll für die Steuerhinterziehung durch Unterlassen der pflichtgemäßen Abgabe einer Steuererklärung der Beginn der Verjährung eintreten, in dem bei rechtzeitiger Abgabe der Steuererklärung eine Veranlagung durch das Finanzamt stattgefunden hätte. Das soll der Fall sein, wenn die Veranlagungsarbeiten in dem betreffenden Bezirk des Finanzamtes im Wesentlichen – d. h. zu etwa 95 % – abgeschlossen sind, s. Fischer, StGB, 66. Aufl. 2019, § 78a Rn. 15. Es wird davon ausgegangen, dass das zum Ende des auf die Steuerentstehung folgenden Jahres (z. B. für die Körperschaftsteuer 2018 zum Ende 2019) der Fall ist (umstritten, s. Ransiek, in: Kohlmann, Steuerstrafrecht, Bd. 1, § 370 AO Rn. 413 (Stand: Oktober 2013).
Tz. 57
Stand: EL 111 – ET: 04/2019
Bei einer Ordnungswidrigkeit wie der leichtfertigen Steuerverkürzung beginnt die Verfolgungsverjährungsfrist ebenfalls mit der Beendigung der zu sanktionierenden Handlung, s. § 31 Abs. 3 Satz 1 OWiG. Für die Beendigung der leichtfertigen Steuerverkürzung gelten mithin die gleichen Grundsätze wie für die Beendigung der vorsätzlichen Steuerhinterziehung. D.h. die leichtfertige Steuerverkürzung ist beendet, wenn die Veranlagung durchgeführt und ein Steuerbescheid zugestellt worden ist. Bei einer leichtfertigen Steuerverkürzung durch Unterlassen beginnt sie erst, wenn das Finanzamt die Veranlagungsarbeiten für den maßgeblichen Zeitpunkt endgültig abgeschlossen hat, s. Gürtler, in: Göhler, OWiG, 17. Aufl. 2017, § 31 Rn. 8.