Tz. 4
Stand: EL 140 – ET: 12/2024
Mögliche Steuerstraftaten, die durch Vereine verwirklicht werden können, sind zum einen die vorsätzliche Steuerhinterziehung gem. § 370 AO (Anhang 1b) sowie die grob fahrlässige Steuerhinterziehung gem. § 378 AO. Während die Steuerhinterziehung einen Steuerstraftatbestand darstellt, handelt es sich bei der leichtfertigen Steuerverkürzung um eine bloße Ordnungswidrigkeit, die gem. § 377 AO mit einer Geldbuße sanktioniert wird. Neben den vorgenannten allgemeinen Tatbeständen existieren verschiedene weitere Normen, die bestimmte Handlungen sanktionieren. Insbesondere im Bereich der Steuerordnungswidrigkeiten sind das die Steuergefährdung (§ 379 AO), die Gefährdung der Abzugsteuern (§ 380 AO), die Verbrauchsteuergefährdung (§ 381 AO) sowie die Gefährdung der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben (§ 382 AO).
Hinweis:
Die Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten sind als Sonderstrafrecht nicht im Strafgesetzbuch (StGB) oder im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) geregelt, sondern im steuerlichen Verfahrensrecht, der Abgabenordnung (AO). Allerdings gilt das allgemeine Strafrecht – wie etwa die Abgrenzung von Versuch und vollendeter Straftat, der Täterschaft und Beihilfe, die Fragen des Vorsatzes und der Fahrlässigkeit sowie des Rücktritts – auch im Steuerstrafrecht, so dass grundsätzlich sowohl das StGB als auch die AO Anwendung finden. Aus der Abgabenordnung ergeben sich zudem Besonderheiten wie etwa die strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO (Anhang 1b), die außer im Steuerstrafrecht (im übrigen) Strafrecht nicht existiert.
1. Vorsätzliche Steuerhinterziehung gem. § 370 AO
Die vorsätzliche Steuerhinterziehung ist in § 370 AO geregelt und stellt den stärksten Vorwurf steuerstrafrechtlicher Art dar.
Hinweis:
Oben wurde darauf hingewiesen, dass in der Praxis gemeinnütziger Körperschaften der Irrglaube stark verbreitet ist, es komme nicht zu strafrechtlich relevanten Vorwürfen bzw. zur Eröffnung von Strafverfahren. Dem ist schon längst nicht mehr so. Steht die mögliche Verwirklichung eines Straftatbestandes im Raum, verfügen gemeinnützige Körperschaften über keinen Vertrauensvorschuss, der einen strafrechtlichen Vorwurf ausschließt. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass Bereicherungen der für gemeinnützige Körperschaften Handelnden zu Lasten der Allgemeinheit gerade verfolgt werden. Als Beispiel kann der Skandal der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Frankfurt am Main genannt werden. Gleiches gilt für Steuervergehen und Steuerverfehlungen, da die Finanzverwaltung ebenso wie die Strafverfolgungsbehörden die Ansicht vertreten, insbesondere steuerbegünstigte (und häufig durch staatliche Mittel geförderte) Körperschaften müssten sich stets rechts- und regelkonform verhalten. Entsprechend wird auch bei steuerbegünstigten Körperschaften – wie regelmäßig im Steuerstrafrecht – der Vorsatz behauptet, ohne große Mühe auf dessen Nachweis zu verwenden. Das macht es insbesondere für steuerbegünstigte Körperschaften und für die für diese Handelnden "gefährlich": Verliert nämlich die gemeinnützige Körperschaft aufgrund (behaupteten oder tatsächlich nachgewiesenen) Vergehens ihre Steuerbegünstigung, kann sie sich bei den hierfür verantwortlichen Handelnden schadlos halten und etwaig aufgrund des Verlustes der Steuervergünstigung eintretende Schäden von diesen zurückverlangen.
1.1 Objektiver Tatbestand
Tz. 5
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Eine Steuerhinterziehung liegt vor, wenn jemand
- den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
- die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt.
In beiden Fällen müssen hierdurch Steuern verkürzt werden oder für den Täter oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt werden. Bereits der Versuch als solcher ist unter Strafe gestellt.
Tz. 6
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Steuern sind im vorgenannten Sinne immer dann verkürzt, wenn sie
- nicht,
- nicht in voller Höhe oder
- nicht rechtzeitig festgesetzt werden.
Das gilt selbst dann, wenn die Steuer nur vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht.
Hinweis:
Eine Steueranmeldung ist etwa die USt-Voranmeldung, in welcher der Steuerpflichtige die von ihm im jeweiligen Voranmeldungszeitraum geschuldete Umsatzsteuer selbst berechnet (sog. Selbstveranlagungssteuer). Das Finanzamt erlässt keinen Steuerbescheid. Vielmehr steht die USt-Voranmeldung einem Steuerbescheid unter einem Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 168 AO, Anhang 1b). Wird die Steueranmeldung (vorsätzlich) fehlerhaft erstellt und werden dadurch Steuern verkürzt, kann das den Tatbestand einer Steuerhinterziehung erfüllen.
Tz. 7
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Eine Steuerverkürzung liegt auch dann vor, wenn sich die hinterzogene Steuer ermäßigt hätte, vgl. § 370 Abs. 4 Satz 3 AO. Denkbar ist z. B. eine geschuldete USt, die durch gegenzurechnende Vorsteueransprüche (ggf. sogar bis auf null) reduziert wird, ...