Tz. 1
Stand: EL 133 – ET: 08/2023
Die Umsatzsteuer ist eine Verbraucherabgabe, die zwar von Verbänden/Vereinen als Unternehmer an das Finanzamt abgeführt werden muss, von diesen aber auf den Verbraucher und somit den Endabnehmer abgewälzt werden kann. Letztlich schuldet damit der Verband/Verein die Steuer gegenüber dem Finanzamt, er muss sie aber wirtschaftlich nicht tragen. Der Verein tritt vielmehr als "Steuereintreiber" des Staates auf. Dieser Umstand ist für das Verständnis der Umsatzsteuer von Bedeutung und erklärt bestimmte Urteile des Bundesfinanzhofes.
Tz. 1a
Stand: EL 133 – ET: 08/2023
Die Aussage gemeinnütziger Vereine, die Umsatzsteuer betreffe sie nicht, da sie aufgrund ihrer Gemeinnützigkeit von der Umsatzsteuer befreit seien, ist leider falsch: Es existiert keine Umsatzsteuerbefreiung aufgrund der Gemeinnützigkeit als solcher. Erbringen gemeinnützige Vereine Lieferungen oder Leistungen, die vom Umsatzsteuerrecht erfasst werden, schulden auch sie Umsatzsteuer. Die einzige Vergünstigung im Umsatzsteuerrecht besteht darin, dass der ermäßigte Umsatzsteuersatz i. H. v. 7 % zur Anwendung gelangt (s. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG, Anhang 5). Das gilt nur dann nicht, wenn der Verein für seine Leistung kein Entgelt erhält oder die Leistung im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erbracht wird. Erhält der Verein kein Entgelt (was regelmäßig im ideellen Bereich der Fall ist), schuldet er keine Umsatzsteuer. Besonderheiten gelten bei der sog. unentgeltlichen Wertabgabe. Der ideelle Bereich wird der nichtunternehmerischen Sphäre des Vereins zugeordnet, es wird insoweit von der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit im engen Sinne gesprochen, die von der unternehmensfremden (privaten) Tätigkeit zu unterscheiden ist. Erbringt der Verein im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eine Leistung, kommt der reguläre Umsatzsteuersatz i. H. v. 19 % zur Anwendung (s. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG, Anhang 5). Die Differenzierung nach den beiden Umsatzsteuersätzen des deutschen Rechts ist im Vergleich zur europäischen Rechtsgrundlage viel zu weitgehend und wird von den Finanzgerichten nicht geteilt. Es muss daher stets damit gerechnet werden, dass die von der Finanzverwaltung dem Verein gegenüber günstigte Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes im Rahmen eines finanzgerichtlichen Verfahrens – z. B. weil der Verein wegen einer anderen umsatzsteuerlichen Frage klagt, die auch den Ausgangsumsatz des Vereins betrifft – vom Finanzgericht aufgehoben und zum Nachteil des Vereins abgeändert wird.
Beachte!
Wenn der Verein eine Rechnung mit 19 % Umsatzsteuerausweis schreibt, zeigt er damit, dass er die erbrachte Leistung, die er abrechnet, dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuordnet. Dann muss er diesen Umsatz aber auch in der Gewinnermittlung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes erfassen. Alles andere – also Zuordnung der Erträge in den ideellen Bereich, die Vermögensverwaltung oder in den Zweckbetrieb – wäre fehlerhaft. Im Rahmen einer Betriebsprüfung des Finanzamtes könnte der Vorwurf kommen, der Verein habe eine Steuerhinterziehung begangen, indem er die Erträge nicht im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfasst und damit die Körperschaftsteuererklärung einen zu niedrigen Gewinn ausgewiesen habe. Weist der Verein fehlerhaft 19 % Umsatzsteuer aus, obwohl er der Ansicht ist, die Leistung wird im Zweckbetrieb erbracht, dann schuldet er die höhere Umsatzsteuer bereits deshalb, weil er sie in der Rechnung ausgewiesen hat. Das deutsche Umsatzsteuergesetz sieht mit § 14c UStG (Anhang 5) eine Norm vor, die besagt, dass jedenfalls die Umsatzsteuer geschuldet wird, die in der Rechnung ausgewiesen wird.
Tz. 2
Stand: EL 133 – ET: 08/2023
Rechtsgrundlagen für die Erhebung und Festsetzung der Umsatzsteuer sind:
- das Umsatzsteuergesetz 2005 (UStG 2005) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.02.2005 mit späteren Änderungen,
- die Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 2005 (UStDV 2005) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.02.2005,
- ab 01.10.2010 der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE), BStBl I 2010, 846 unter Berücksichtigung späterer BMF-Schreiben und der dadurch erfolgten Änderungen und Ergänzungen,
- auf europäischer Ebene die Richtlinie 2006/112/EG vom 28.11.2006 (MwStSystRL) mit späteren Änderungen.
Beachte!
Unter bestimmten Voraussetzungen kann sich der deutsche Steuerpflichtige unmittelbar auf die Vorschriften der europäischen MwStSystRL berufen, wenn etwa der deutsche Gesetzgeber diese nicht ordnungsgemäß im deutschen UStG umgesetzt hat, was recht häufig vorkommt. Regelmäßig wird man sich nur dann auf die europäischen Regelungen berufen, wenn diese günstiger sind als die Regelungen des deutschen UStG. Das kommt etwa bei den Steuerbefreiungstatbeständen für Unterrichts- und Vortragsleistungen in Betracht. Der Verein sollte das stets im Hinterkopf behalten, um das für ihn optimale umsatzsteuerliche Ergebnis zu erreichen.
Tz. 3
Stand: EL 133 – ET: 08/2023
Die Verwaltungsanweisungen sehen eine turnusmäßige Überprüfung der gemeinnü...