Stand: EL 123 – ET: 09/2021
Bei der Müllbeseitigung ist zunächst zu unterscheiden zwischen Abfällen zur Beseitigung (in der Regel der Hausmüll), den Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsgebieten als privaten Haushalten (gewerbliche Siedlungsabfälle, haushaltsnaher Gewerbemüll) und Abfällen zur Verwertung. Die Abfälle zur Beseitigung sind eine hoheitliche Tätigkeit der öffentlichen Hand (BFH vom 23.10.1996, BStBl II 1997, 139; BFH vom 03.04.2012, BFH/NV 2012, 1374).
Da auf jeden Fall bei der Beseitigung von Abfällen aus privaten Haushalten (Andienungspflicht der Bürger) eine Pflichtaufgabe vorliegt, kann diese nicht ohne Weiteres von einer gemeinnützigen Körperschaft übernommen werden. So hat auch der BFH im Urteil vom 23.10.1996 (BStBl II 1997, 139) entschieden, dass soweit ein Hoheitsträger eine privatrechtliche Gesellschaft für deren Pflichtaufgaben einschaltet, diese wegen der fehlenden Selbstlosigkeit nicht als gemeinnützigen Zwecken dienende Körperschaft anzuerkennen ist.
Aus heutiger Sicht sind allerdings auch die neuen Grundsätze durch das sog. Rettungsdiensturteil des BFH zu würdigen. Denn im Rettungsdiensturteil vom 27.11.2013 (BStBl II 2016, 68) hat der BFH ausgeführt, dass eine Eigengesellschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts auch im Fall der Übernahme von Pflichtaufgaben selbstlos i. S. d. § 55 AO wirken kann und folglich wegen Gemeinnützigkeit steuerbegünstigt ist. Voraussetzung ist allerdings, dass auf Grundlage eines Dienstleistungsvertrages die Gesellschaft eine originär obliegende hoheitliche Pflichtaufgabe ihres Gesellschafters übernimmt. In der Literatur geht man deshalb allgemein davon aus, dass wenn die delegierte Aufgabe von ihrer Art und ihrem Nutzen für die Allgemeinheit steuerbegünstigt ist, die Aufgabenübertragung der Selbstlosigkeit auf Ebene der übernehmenden Körperschaft nicht entgegensteht (vgl. Alber, Gemeinnützigkeit im Ertragsteuerrecht, I Tz. 59).
Die Steuerbegünstigung setzt aber weiter voraus, dass die von der Tochtergesellschaft erbrachten Leistungen angemessen vergütet werden. Maßstab ist dabei das Entgelt, das ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter auch mit einem Nicht-Gesellschafter vereinbart hätte. Das Entgelt muss regelmäßig die Kosten ausgleichen und einen marktüblichen Gewinnaufschlag enthalten – es sei denn, die Tätigkeit stellt einen Zweckbetrieb dar, da wegen der dann fehlenden Gewinnorientierung die Erhebung eines Gewinnaufschlags in der Regel nicht marktüblich ist (AEAO Nr. 2 zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO).
An dieser Stelle sei auch die Sondermüllbeseitigung zu nennen, die keine Pflichtaufgabe der Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. Diese kann als gemeinnützige Aufgabe als Teil des Umweltschutzes gewertet werden (§ 52 Abs. 2 Nr. 8 AO).
Die Selbstlosigkeit ist jedoch dann tangiert, wenn an der Kapitalgesellschaft folgende Gruppierungen beteiligt sind:
- Beseitigungspflichtige Unternehmen
- Unternehmensverbände, denen beseitigungspflichtige Unternehmen angehören
- Industrie- und Handelskammer oder andere öffentlich-rechtliche Wirtschaftsverbände, bei denen die beseitigungspflichtigen Unternehmen Mitglieder sind (Alber a. a. O., Tz. 35).
Betreibt eine Gesellschaft für Abfallbeseitigung und Abfallverwertung eine Verbrennungsanlage und erfolgt dies im Dienste des öffentlichen Gesundheitswesens bzw. der Förderung des Umweltschutzes, handelt es sich insoweit um keinen Zweckbetrieb i. S. v. § 65 AO (Anhang 1b; vgl. BFH vom 15.12.1993, BStBl II 1994, 314).
Der Betrieb eines Müllheizkraftwerkes, der der umweltfreundlichen Beseitigung von Müll dienen soll, ist ebenfalls kein Zweckbetrieb (§ 65 AO, Anhang 1b). Vielmehr handelt es sich hierbei um einen einheitlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, weil durch die Müllverbrennung von dem Betreiber Energie von Strom und Fernwärme veräußert wird (s. BFH vom 27.10.1993, BStBl II 1994, 573). Handelt es sich bei dieser wirtschaftlichen Betätigung um den alleinigen Zweck der Körperschaft, kann die Steuerbegünstigung wegen Gemeinnützigkeit nicht gewährt werden (s. a. OFD Magdeburg vom 14.08.1995, DB 1995, 1887). Gibt eine als gemeinnützigen Zwecken dienende Müllverbrennungs-GmbH Dampfenergie ab, ist diese mit derartigen erzielten Einkünften körperschaftsteuerpflichtig (s. FG Nds. vom 04.08.1993, EFG 1994, 498). D.h., die Einkünfte werden in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erzielt. Der BFH hat im Revisionsverfahren mit Urteil vom 18.01.1995 (BFH/NV 1995, 1012) wiederum ausgeführt, dass bei der gGmbH die Müllverbrennungsanlage und die entstehende Abwärme einen einheitlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellt, dadurch aber nicht die Tätigkeit der Abfallannahme und Verbrennung dazu führt, dass der Verkauf der Energie – auch nicht aus Billigkeitsgründen – zu einem Zweckbetrieb führt.
Literatur:
Alber, Gemeinnützigkeit im Ertragsteuerrecht, Stuttgart 2018