I. Allgemeines
Tz. 1
Stand: EL 140 – ET: 12/2024
Nach Art. 9 Abs. 1 GG (Anhang 12b) haben alle Deutschen das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. Das Grundgesetz garantiert somit die Vereinsfreiheit. Es verbietet aber in Art. 9 Abs. 2 GG (Anhang 12b) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten.
Tz. 2
Stand: EL 140 – ET: 12/2024
Ordnungspolitische Rahmenbedingungen sind in dem Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts zusammengefasst, das die verfassungsmäßigen Grenzen des Vereinsrechts darstellt (Vereinsgesetz vom 05.08.1964, BGBl I 1964, 593 mit zahlreichen Änderungen, s. Anhang 12c). Verein i. S. d. Vereinsgesetzes ist ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat (s. § 2 Abs. 1 Vereinsgesetz, Anhang 12c).
Im Zivilrecht werden die Rechtsverhältnisse der Vereine in den §§ 21–79a BGB (s. Anhang 12a) geregelt. Danach ist ein Verein ein auf Dauer angelegter Zusammenschluss einer größeren Anzahl von Personen zur Verfolgung eines gemeinschaftlichen Zwecks. Er ist körperschaftlich organisiert, führt einen Gesamtnamen (Vereinsnamen), hat eigene Organe und ist auf einen wechselnden Mitgliederbestand angelegt und besteht somit unabhängig vom Wechsel der Mitglieder.
Tz. 3
Stand: EL 140 – ET: 12/2024
Wesentliche Merkmale sind somit:
- die körperschaftliche Verfassung (Satzung),
- die Unabhängigkeit von der Einzelpersönlichkeit, d. h. Unabhängigkeit vom Wechsel der Mitglieder.
Tz. 4
Stand: EL 140 – ET: 12/2024
Das folgende Schaubild soll zur Verdeutlichung der verschiedenen Vereinstypen beitragen, um die Unterscheidung des BGB zwischen wirtschaftlichem und Idealverein, der u. U. steuerbegünstigte Zwecke verfolgen kann, zu verdeutlichen:
II. Wirtschaftliche Vereine
Tz. 5
Stand: EL 140 – ET: 12/2024
Vereine, deren Satzungszweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, bezeichnet man als wirtschaftliche Vereine (s. § 22 Satz 1 Halbsatz 1 BGB, Anhang 12a). Für Zwecke der Abgrenzung zum nichtwirtschaftlichen Verein (Idealverein) ist allein auf den entsprechenden Satzungszweck abzustellen. Besteht der Hauptzweck eines Vereins nach dessen Satzung in der Unterhaltung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes, der darauf gerichtet ist, durch seine Tätigkeit für seine Mitglieder wirtschaftliche Vorteile zu erzielen, gilt dieser Verein als wirtschaftlicher Verein.
Die wichtigsten Wesensmerkmale eines wirtschaftlichen Vereins sind:
- Teilnahme am Wirtschaftsverkehr wie ein Unternehmer;
- Angebot von planmäßigen Leistungen.
S. hierzu BGH-Beschluss vom 16.05.2017, II B 7/16, NJW 2017, 1942.
Wirtschaftliche Vereine, für die das Vereinsrecht Gültigkeit hat, sind in der Praxis selten. Als wirtschaftliche Vereine kommen z. B. in Betracht:
- Sterbekassenverein,
- Gewinnsparvereine,
- Wohnungsbauvereine,
- Rentenvereine,
- Inkassovereine,
- Bund der Steuerzahler e. V.,
- usw.
Tz. 6
Stand: EL 140 – ET: 12/2024
Auch die GEMA zählt zu den wirtschaftlichen Vereinen. Wirtschaftliche Vereine erlangen ihre Rechtsfähigkeit durch staatliche Verleihung (s. § 22 BGB, Anhang 12a). Für steuerliche Vergünstigungen i. S. d. §§ 51–68 AO (Anhang 1b) kommen sie nicht in Betracht, weil es an der Selbstlosigkeit (s. § 55 AO, Anhang 1b) mangelt.
III. Idealvereine
1. Allgemeines
Tz. 7
Stand: EL 140 – ET: 12/2024
Der Zweck des Idealvereins gem. § 21 BGB ist nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet. Nach der Satzung muss daher als Hauptzweck ein nicht wirtschaftliches Ziel (Idealziel) angestrebt werden, d. h. dass der Verein nicht auf die Erzielung von Gewinn ausgerichtet sein darf. Vereinen dieser Art ist aber nicht jegliche wirtschaftliche Betätigung untersagt. Der BGH hat durch drei Beschlüsse vom 16.05.2017, II ZB 7/16 (NJW 2017, 1943), II ZB 6/16 und II ZB 9/16 (Kita-Rechtsprechung) entschieden, dass Idealvereine wirtschaftlich tätig sein können, sog. Nebenzweckprivileg. Diese wirtschaftliche Betätigung ist bei einer Vielzahl der Idealvereine unvermeidbar, weil die Mittel aus dieser Tätigkeit zur Erfüllung des eigentlichen Satzungszwecks benötigt werden. Ein Idealverein muss nicht zwangsläufig gemeinnützig sein, jedoch ist die Steuerbefreiung des Vereins gem. §§ 51ff. AO ein Indiz dafür, dass es sich um einen Idealverein handelt. Dies folgt insbesondere aus dem Verbot der Gewinnausschüttung und dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung. Der Umfang des Geschäftsbetriebs sei demgegenüber unerheblich. Mit derartigen Betrieben werden die Idealvereine aber steuerpflichtig (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG, Anhang 3), sofern kein Zweckbetrieb vorliegt. Im Übrigen bleiben die Steuerbefreiungen und Steuerbegünstigungen erhalten. Ein Idealverein kann, muss jedoch nicht als eingetragener Verein geführt werden.
2. Rechtsfähiger Verein/Verein ohne Rechtspersönlichkeit
Tz. 8
Stand: EL 140 – ET: 12/2024
S. "Rechtsfähige Vereine" und s. "Nichtrechtsfähiger Verein".
3. Steuerbegünstigte Vereine
Tz. 9
Stand: EL 140 – ET: 12/2024
Die...