Tz. 83
Stand: EL 123 – ET: 09/2021
Bei gemischt genutzten Grundstücken ist eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge im Verhältnis der steuerpflichtigen zu den steuerfreien Umsätzen nach dem Umsatzschlüssel nur dann zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zuordnung (z. B. Nutzfläche, Kubikmeter umbauter Raum etc.) möglich ist. Der EuGH hat dieses mit seinem Urteil vom 09.06.2016 erneut bestätigt, s. EuGH vom 09.06.2016, Rs. C-332/14, DStR 2016, 1370. Grundsätzlich ist eine Aufteilung nach der Nutzfläche genauer als eine Aufteilung nach erzielten Ausgangsumsätzen. Das gilt nur dann nicht, wenn Gebäudeflächen unterschiedlich teuer in der Herstellung sind (wie z. B. Wohn- oder Lagerflächen, die regelmäßig billiger herzustellen sind als Büroflächen). Hier ist eine Aufteilung des Vorsteuerabzugs nach Ausgangsumsätzen regelmäßig genauer, da für vermietete Lagerflächen weniger Miete gezahlt wird als für vermietete Büroflächen. In entsprechenden Sachverhalten sollte der Verband/Verein bereits entsprechend aufgeteilte Rechnungen von den Bauunternehmern verlangen und entsprechende eigene Aufzeichnungen vorhalten. Gleiches gilt, wenn eine direkte Zuordnung von Aufwendungen (Baukosten) zu einzelnen Bereichen (z. B. Etagen) möglich ist. Hier gilt dann die sog. Direktzuordnungsmethode, die sämtlichen Aufteilungsmethoden vorzuziehen ist. Bei einer entsprechenden Unterteilung der Rechnungen der Bauunternehmer dürfte eine Direktzuordnung möglich sein.
Tz. 84
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Der EuGH hat in seinem Urteil (s. EuGH vom 08.05.2003, BFH/NV Beilage 2003, 157) entschieden, dass die Auffassung der deutschen Finanzverwaltung, die private Verwendung eines insgesamt dem Unternehmensvermögen zugeordneten Gebäudes – die Nutzung im Unternehmensvermögen muss aber mindestens 10 % betragen – als eine steuerfreie Vermietung und Verpachtung eines Grundstücks zu behandeln sei, mit der 6. EG-Umsatzsteuerrichtlinie nicht vereinbar ist. Im BFH-Urteil vom 24.07.2003, BStBl II 2004, 371 ist der BFH dieser Rechtsauffassung gefolgt. S. auch EuGH vom 01.10.1995, BStBl II 1996, 392.
Im BMF-Schreiben vom 30.03.2004, BStBl I 2004, 451 wird diese 10 %-Regelung ebenfalls bestätigt. Das entsprechende Schreiben ist auf alle Gegenstände anzuwenden, deren Anschaffung, Einlage oder Herstellung nach dem 30.09.2004 erfolgte.
Tz. 85
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Verbände/Vereine können folglich Anspruch darauf erheben, dass sie die auf dem privaten Grundstücksanteil entfallenden Vorsteuerbeträge aus den Herstellungskosten eines zu mindestens 10 % unternehmerisch genutztem Gebäude in vollem Umfang abziehen können.
Tz. 86
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Beachte!
Diese Möglichkeit besteht nur noch für sog. Altfälle (bis 2010). Durch das Jahressteuergesetz 2010 vom 08.12.2010, BGBl I 2010, 1768 wurde § 15 Abs. 1b UStG (Anhang 5) eingefügt (anzuwenden für Anschaffung/Herstellung eines Grundstückes seit 01.01.2011). Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit er nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt.
Tz. 87
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Die Verbände/Vereine müssen aber die Verwendung der Gegenstände für außerunternehmerische Zwecke als unentgeltliche Wertabgabe (s. § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 UStG, Anhang 5) der Umsatzsteuer unterwerfen. Eine steuerfreie Grundstücksvermietung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG (Anhang 5) scheidet aus (s. BMF vom 13.04.2004, BStBl I 2004, 468).
Tz. 88
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Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe sind die bei der Ausführung dieses Umsatzes entstandenen Kosten/Ausgaben, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigen (s. § 10 Abs. 4 Nr. 2 Satz 1 UStG, Anhang 5).Zu den Ausgaben gehören auch die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes, soweit das Wirtschaftsgut dem Unternehmen zugeordnet ist und für die Erbringung der sonstigen Leistung Verwendung findet (s. § 10 Abs. 4 Nr. 2 Satz 2 UStG, Anhang 5).
Tz. 89
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Abweichend von den ertragsteuerlichen Grundsätzen (Abschreibung des Gebäudes mit einem AfA-Satz von 2 % bei einer Nutzungsdauer von 50 Jahren), sollen in die Bemessungsgrundlage für die unentgeltlichen Wertabgaben 20 %/10 % der Anschaffungs- der Herstellungskosten als Kosten/Ausgaben eingehen.
Tz. 90
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Umsatzsteuerlich sollen damit die Regeln des § 15a UStG (Anhang 5) gelten (s. BMF vom 13.04.2004, BStBl I 2004, 468). Hintergrund dieser Verwaltungsauffassung ist, dass ungerechtfertigte Steuervorteile vermieden werden sollen. Würde man die AfA der 50-jährigen Nutzungsdauer zzgl. der im jeweiligen Kalenderjahr anfallenden Kosten in die Bemessungsgrundlage einfließen lassen, ergäben sich zum einen Steuervorteile für zunächst einen Zeitraum von zehn Jahren (geringe Bemessungsgrundlage) und zum anderen könnte § 15a UStG (Anhang 5) nach Ablauf von fünf bzw. zehn Ja...