Tz. 1
Stand: EL 123 – ET: 09/2021
Vorsteuerbeträge sind gesetzlich geschuldete Steuerbeträge, die ein Verband/Verein für an ihn erbrachte
- Lieferungen oder
- sonstige Leistungen
zusätzlich zum Leistungsentgelt an den Lieferanten oder des die Dienstleistung Erbringenden (den leistenden Unternehmer) entrichten muss. Es wird insoweit von den sog. Eingangsumsätzen gesprochen, weil diese in das eigene Unternehmen des Verbands/Vereins eingehen; dies in Abgrenzung zu den vom Verband/Verein seinerseits an andere erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen (sog. Ausgangsumsätze, weil diese von dem Unternehmen des Verbands/Vereins ausgehen). Eingangsleistungen (Lieferungen und sonstige Leistungen) werden von den Lieferanten (also anderen Unternehmern) entweder mit 7 % oder 19 % zusätzlich mit Umsatzsteuer belastet. D.h. der Verband/Verein zahlt die in der vom anderen Unternehmer erstellten Rechnung offen ausgewiesene Umsatzsteuer (die regelmäßig als Mehrwertsteuer bezeichnet wird). Der andere Unternehmer führt die an ihn gezahlte Umsatzsteuer an das für ihn zuständige Finanzamt ab, er handelt letztlich als Steuereintreiber des Staates, weil er die Umsatzsteuer, die er von seinem Kunden (Verband/Verein) erhalten hat, an sein Finanzamt abführt. Der Verein/Verband kann die an den anderen Unternehmer gezahlte Umsatzsteuer von seinem Finanzamt als sog. Vorsteuer zurückfordern. Durch diese Systematik wird letztlich erreicht, dass ein Unternehmer – der Verband/Verein – der seinerseits an andere umsatzsteuerpflichtige Umsätze erbringt, mit der Umsatzsteuer, die ein anderer Unternehmer in Rechnungen an ihn (den Verband/Verein) ausweist, wirtschaftlich nicht belastet wird. Die Umsatzsteuer soll ausschließlich Endverbraucher wirtschaftlich belasten, die ihrerseits keine umsatzsteuerpflichtigen Leistungen an andere erbringen.
Tz. 1a
Stand: EL 123 – ET: 09/2021
Ein Abzug der von anderen Unternehmern dem Verband/Verein in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge (Vorsteuerbeträge beim Verband/Verein) ist möglich, wenn der Verband/Verein als Unternehmer i. S. d. § 2 UStG die
- persönlichen und
- sachlichen
Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt (s. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG, Anhang 5).
Hinweis:
Gerade in der jüngeren Zeit sind zahlreiche Urteile zu den Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs ergangen. Die Rechtsgrundlage des deutschen Umsatzsteuerrechts stellt die sog. europäische Mehrwertsteuerrichtlinie (MwStSystRL) dar. Bei dieser handelt es sich um eine EU-Richtlinie, die in sämtlichen Mitgliedstaaten der EU gilt. Allerdings ist diese nicht unmittelbar anwendbar, sondern muss von den jeweiligen Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Das ist mit dem deutschen Umsatzsteuergesetz (weitgehend) geschehen. Um eine in der gesamten EU einheitliche Auslegung der MwStSystRL zu erreichen, ist die deutsche Rechtsprechung an Vorgaben des europäischen Gerichtshofes gebunden. Das erklärt, warum im Umsatzsteuerrecht sowohl Gerichtsurteile des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesfinanzhofes beachtet werden müssen. Wenn der Bundesfinanzhof im Rahmen eines Rechtsstreits unsicher ist, ob eine deutsche Regelung mit den Vorgaben der europäischen MwStSystRL übereinstimmt, richtet er sich mit seiner Frage an den Europäischen Gerichtshof. Es wird von einem sog. Vorabentscheidungsersuchen gesprochen. Nach Ergehen des Urteils des Europäischen Gerichtshofes muss der Bundesfinanzhof dieses in seinen Urteilen berücksichtigen und befolgen.
1. Persönliche Voraussetzungen – Unternehmereigenschaft
Tz. 2
Stand: EL 123 – ET: 09/2021
Der Vorsteuerabzug erfordert das Erfüllen sowohl formeller als auch materieller Voraussetzungen. Die materiellen Voraussetzungen unterscheiden sich in persönliche und in sachliche Voraussetzungen. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG (Anhang 5) kann der Vorsteuerabzug nur dann vom Verband/Verein vorgenommen werden, wenn die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Ein Verband/Verein erfüllt immer dann die persönlichen Voraussetzungen, wenn er
- Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne (§ 2 UStG) und
- kein Kleinunternehmer (Nullbesteuerung) i. S. v. § 19 Abs. 1 UStG (Anhang 5) bzw. ein Kleinunternehmer, der zur Umsatzsteuerpflicht optiert hat,
ist.
Tz. 3
Stand: EL 123 – ET: 09/2021
Verbände/Vereine, die die Voraussetzungen eines Kleinunternehmers (Nullbesteuerers) erfüllen, können keinen Vorsteuerabzug geltend machen, weil keine Versteuerung ihrer eigenen Ausgangsumsätze erfolgt, wenn die in § 19 Abs. 1 UStG (Anhang 5) genannten Umsatzgrenzen (d. h. der Umsatz des Vorjahres zzgl. der darauf entfallenden USt überstieg im vorangegangenen Jahr nicht 22 000 EUR (ab 01.01.2020, vorher 17 500 EUR) und wird im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich 50 000 EUR nicht übersteigen). Dies gilt auch dann, wenn sie im Falle eines unzulässigen Steuerausweises für ihre eigenen Umsätze diese unzulässig ausgewiesene Steuer schulden (s. § 14c Abs. 2 UStG, Anhang 5).
Praxis-Beispiel
Der gemeinnützige Sportverein kauft neue Tennisschläger für den von ihm angebotenen Einzelunterricht. Sofern der Verein die V...