I. Allgemeines
Tz. 1
Stand: EL 117 – ET: 06/2020
Zu den gemeinnützig anzuerkennenden Zwecken nach § 52 Abs. 1 AO (Anhang 1b) gehört auch das Wohlfahrtswesen (s. § 52 Abs. 2 Nr. 8 AO, Anhang 1b).
In § 66 Abs. 1–3 AO (Anhang 1b) wird der Begriff der Wohlfahrtspflege definiert. Einrichtungen, die sich mit der Wohlfahrtspflege befassen, unterhalten immer dann steuerunschädliche wirtschaftliche Geschäftsbetriebe (Zweckbetriebe), wenn sie in besonderem Maße den in § 53 AO (Anhang 1b) genannten Personen dienen. Hierbei handelt es sich um Personen, die körperlich, seelisch oder wirtschaftlich hilfsbedürftig sind und die somit auf die Hilfe anderer Personen angewiesen sind. Die Wohlfahrtspflege ist somit sehr eng mit den mildtätigen Zwecken i. S. d. § 53 AO verbunden. Die Wohlfahrtspflege geht allerdings über den Rahmen des § 53 AO hinaus, indem sie nicht nur die Unterstützung und Hilfe für die persönlich oder wirtschaftlich Hilfsbedürftigen umfasst, sondern auch die Vorbeugung beinhaltet.
Die Wohlfahrtspflege braucht jedoch nicht unentgeltlich zu sein. Sie darf aber auch nicht des Erwerbs wegen erfolgen (s. AEAO zu § 66 AO TZ 2, Anhang 2). Die Vorschrift des § 66 AO (Anhang 1b) ist eine "lex specialis", so dass eine Überprüfung der Tatbestandsmerkmale des § 65 Nr. 1–3 AO (Anhang 1b) nicht erforderlich ist.
Tz. 2
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Die Voraussetzungen für die Selbstlosigkeit (s. § 55 AO, Anhang 1b, s. "Selbständigkeit") sind auch für die Einrichtungen der Wohlfahrtspflege anzuwenden. S. hierzu auch BFH vom 18.10.1990, BStBl II 1991, 268.
Tz. 3
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Werden von der Körperschaft eigenwirtschaftliche Interessen verfolgt, kann diese Tatsache für die Annahme eines Zweckbetriebes i. S. v. § 66 AO (Anhang 1b) schädlich wirken.
II. Begriffsdefinitionen
1. Allgemeines
Tz. 4
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Wohlfahrtspflege muss nach § 66 Abs. 2 AO (Anhang 1b) auf die Sorge für notleidende oder gefährdete Menschen gerichtet sein. Die Sorge kann sich auf das gesundheitliche, sittliche, erzieherische oder wirtschaftliche Wohl erstrecken und Vorbeugung oder Abhilfe bezwecken. Es ist aber nicht erforderlich, dass die gesamte Tätigkeit auf die Förderung notleidender bzw. gefährdeter Menschen ausgerichtet ist. Es genügt, wenn zwei Drittel der Leistungen einer solchen Einrichtung notleidenden bzw. gefährdeten Menschen zugutekommen. Bei Erfüllung der Zwei-Drittel-Grenze kann auch der schädliche Leistungsanteil (also das übrige Drittel) steuerbegünstigt behandelt werden (BFH vom 11.05.1988, BStBl II 1988, 908) und Teil des Zweckbetriebs werden. Auf das Zahlenverhältnis von gefährdeten bzw. notleidenden und übrigen geförderten Personen kommt es nicht an.
2. Wohl der Allgemeinheit
Tz. 5
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Der Rechtsbegriff "zum Wohle der Allgemeinheit" ist fast mit dem Begriff "Förderung der Allgemeinheit" identisch. Dennoch kann der mildtägige Zweck auch für einen eng abgegrenzten Personenkreis in Betracht kommen.
3. Notleidend oder gefährdet
Tz. 6
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Für die Begriffe "notleidend" oder "gefährdet" ist die gesetzliche Vorschrift des § 53 Nr. 1 und 2 AO (Anhang 1b) heranzuziehen. D. h., die Personen müssen die dort genannten Voraussetzungen für die Bedürftigkeit erfüllen (s. AEAO zu § 66 AO TZ 3, Anhang 2).
Tz. 7
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Es handelt sich hierbei um Personen
- die infolge persönlicher Bedürftigkeit (wegen ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands in bestimmten Lebenssituationen) hilfsbedürftig sind,
- die wirtschaftlich hilfsbedürftig und auf eine finanzielle Hilfe angewiesen sind (ggf. kommt auch eine Unterstützung durch Sachmittel in Betracht), oder
- denen eine der vorstehend beschriebenen Notlagen droht.
Die Wohlfahrtspflege zielt mit ihren Maßnahmen auch darauf ab, Abhilfe zu schaffen oder vorbeugend zu wirken.
Beachte!
Der Begriff der Wohlfahrtspflege ist daher weiter gefasst als der Begriff der Mildtätigkeit i. S. v. § 53 AO (Anhang 1b). Er erstreckt sich daher auch auf Tätigkeiten, die das gesundheitliche, sittliche, erzieherische oder wirtschaftliche Wohl umfassen. Aktivitäten im Bereich der Mildtätigkeit erstrecken sich nur auf bereits hilfsbedürftige Personen.
4. Unmittelbarkeit
Tz. 8
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Voraussetzung für die Annahme eines Zweckbetriebs Wohlfahrtspflege ist auch, dass die Leistungen dieses Betriebs unmittelbar dem Personenkreis i. S. d. § 53 AO (Anhang 1b) zugutekommen. Aus diesem Grund werden nach bisherigen Grundsätzen keine Zweckbetriebe anerkannt, wenn Leistungen gegenüber anderen (fremden) gemeinnützigen Körperschaften erbracht werden. Verwiesen sei auf die BFH-Urteile aus 1990 zur zentralen Krankenhausapotheke zur Frage der Beschaffung oder zu Gehaltsabrechnungsstellen für andere steuerbegünstigte Körperschaften. Der BFH hatte jedoch bisher die Auffassung vertreten, dass die geforderte Unmittelbarkeit auch dann nicht gegeben ist, wenn die Körperschaft als Erfüllungsgehilfe gegenüber einem nicht begünstigten Auftraggeber tätig wird, vgl. BFH vom 16.12.2009, BStBl II 2011, 398 und BFH vom 17.02.2010, BStBl II 2010, 1006, Rz. 9b. Mit dem Urteil des BFH vom 17.02.2...