Tz. 1
Stand: EL 129 – ET: 11/2022
Regelmäßig ist es den für den Verein Handelnden nicht klar, wann sich zollrechtliche Frage- und Problemstellungen ergeben können. Bedeutsam ist das Zollrecht immer dann, wenn Sachverhalte mit einem sog. Drittlandsbezug gegeben sind. Unter dem Drittland wird das Gebiet außerhalb der Europäischen (Zoll-)Union verstanden. Hintergrund ist, dass es sich beim Zollrecht um europäisches Recht handelt, die EU eine gemeinsame Zollunion bildet, so dass innerhalb der EU keine Zölle entstehen. Ist ein Verein also weltweit tätig oder pflegt er Beziehungen mit Ländern außerhalb der EU, können sich ihm zollrechtliche Fragen stellen. Zu denken ist hier etwa auch an die Schweiz oder an Großbritannien nach dem Brexit. Allerdings erfasst das Zollrecht ausschließlich den Warenverkehr, d. h. Dienstleistungen unterliegen keinen Einfuhrabgaben. Bestehen für den Verein also Beziehungen mit Ländern (Vertrags-, Geschäfts- oder Kooperationspartnern) außerhalb der EU und werden in diesem Rahmen Waren über die Grenze der EU transportiert, muss das Zollrecht berücksichtigt werden. Bei der Einfuhr – d. h. dem tatsächlichen grenzüberschreitenden Transport von Waren in die EU – entstehen sog. Einfuhrabgaben, die aus dem Zoll und der Einfuhrumsatzsteuer bestehen. Zudem kommt es zur Entstehung von Verbrauchsteuern (Energiesteuer-, Stromsteuer, Kaffeesteuer, Biersteuer.
Hinweis
Gemeinnützige Körperschaften verfügen oft genug nicht einmal über einen zentralen Einkauf, so dass sich hieraus die zusätzliche Problematik ergibt, dass nicht einmal geklärt ist, wer sich der sich stellenden zollrechtlichen Fragestellung überhaupt annimmt. Problematisch ist hierbei auch, wenn der Verein dezentral organisiert ist und über Sparten verfügt, die weitgehend autonom agieren, so dass die zentrale Verwaltung von Sachverhalten mit zollrechtlicher Relevanz keine Kenntnis erlangt. Eine zentrale Erfassung von grenzüberschreitenden Warentransporten erfolgt entweder nicht oder fehlerhaft.
Tz. 2
Stand: EL 129 – ET: 11/2022
Gemeinnützige Körperschaften – also auch Vereine – dürfen nicht darauf vertrauen, dass die Zollverwaltung bei Fehlern keine Sanktionen verhängt. Zudem kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass (gemeinnützige) Vereine nicht Gegenstand von Zoll-Außenprüfungen werden. Genauso wie im Steuerrecht steht der Zollverwaltung die Möglichkeit offen, im Rahmen von Außenprüfungen zu überprüfen, ob etwaig vorhandene zollrechtlich relevante Sachverhalte richtig behandelt wurden. Genauso wie im Steuerrecht erscheint hierzu ein Zollprüfer beim Verein und lässt sich sämtliche (Verzollungs-)Unterlagen vorlegen, die er benötigt, um zu überprüfen, ob der Verein in der Vergangenheit seinen zollrechtlichen Pflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist. Problematisch ist hierbei stets, dass die Zollverwaltung sehr viel schneller als die Finanzverwaltung Bußgeld- und Strafverfahren gegen die handelnden Personen eröffnet. Zudem ist die Zollverwaltung häufig besser ausgestattet und deutlich "moderner" als die Landesfinanzverwaltung. Während es bei der Finanzverwaltung noch die Ausnahme darstellt, dass diese sich EDV-Programme zunutze macht, stellt das bei Zollprüfungen die Regel dar. Der Gebrauch der Prüfersoftware "IDEA" ist bei der Zollverwaltung Standard. Zudem verfügt der Zoll über weitere Informationsdateien und Datenbanken, in denen Informationen über die jeweiligen Wirtschaftsbeteiligten gesammelt werden. Zudem verfügt die Zollverwaltung über Softwarelösungen, mittels derer sie die typischen Problemfälle in durchgeführten Außenprüfungen zusammenträgt. So kann der jeweilige Prüfer etwa auf die typsicherweise im Rahmen von Außenprüfungen vorgefundenen Problemfelder zugreifen und ist daher optimal auf seine Prüfung vorbereitet.
Hinweis
Eröffnete Bußgeld- und Strafverfahren stellen insbesondere für gemeinnützige Vereine ein Problem dar, weil nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein Verstoß gegen die Rechtsordnung regelmäßig zum Verlust der Gemeinnützigkeit führt. Die Finanzverwaltung wendet – obwohl dies zwingend geboten ist – den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz oftmals nicht an, so dass jeder noch so geringfügige strafrechtlich relevante Verstoß zum Wegfall der Gemeinnützigkeit führen kann. Der Bundesfinanzhof hat in der jüngeren Rechtsprechung (s. BFH-Urteil vom 12.3.2020, V R 5/17, BStBl II 2021, 55; Anhang 14, 67) ausdrücklich auf die Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei Verstößen im Gemeinnützigkeitsrecht hingewiesen. Es ist dem gemeinnützigen Verein daher dringend zu empfehlen, diese Rechtsprechung zu zitieren und vorzutragen, falls sich der Verstoß als derart "geringwertig" darstellt, dass ein Verlust der Gemeinnützigkeit wegen dieses Verstoßes als unverhältnismäßig erschiene. Wichtig ist aber eben, dass sich der gemeinnützige Verein hierauf "aktiv" beruft. Anderenfalls wird die Zollverwaltung stets davon ausgehen, dass der Verlust der Gemeinnützigkeit als verhältnismäßige Rechtsfolge zu beurteilen ist. Da die Zollverwaltu...