Tz. 103
Stand: EL 129 – ET: 11/2022
Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass sich die Zollwertermittlung im Einzelfall als äußerst komplex darstellen kann. Keinesfalls selten kommt es zu Beanstandungen der vom Zollpflichtigen selbst vorgenommenen Zollwertermittlung. Es handelt sich – ähnlich wie bei Fehlern im Rahmen der zolltariflichen Einreihung – um keine Fehler, die vorrangig bei (gemeinnützigen) Vereinen auftreten, sondern um allgemeine Beanstandungen, die im Rahmen von Zollprüfungen aufgegriffen werden. Auch hier gilt aber, dass die Zollprüfung im Falle von übermäßig häufigen Beanstandungen zum Ergebnis gelangen kann, dass die mit der Zollwertermittlung betrauten Mitarbeiter nicht über die erforderliche Sachkompetenz verfügen. Schlimmstenfalls kann hieran ein Ordnungswidrigkeiten- oder Strafrechtsvorwurf geknüpft werden.
Tz. 104
Stand: EL 129 – ET: 11/2022
Problematisch sind insbesondere das Unterlassen von nach Art. 71 UZK zwingend gebotenen Hinzurechnungen zum Zollwert. Keineswegs selten werden Transport-, Verpackungs- oder Versicherungskosten unberücksichtigt gelassen, was zur Beanstandung durch den Zollprüfer führt. Häufig werden die nach Art. 71 Abs. 1 Buchst. b UZK ebenfalls wertmäßig dem Zollwert hinzuzurechnenden Vorleistungen des Käufers nicht berücksichtigt. Stellt der Käufer dem Verkäufer Gegenstände oder Leistungen (z. B. technische Zeichnungen) zur Verfügung, damit dieser die zu bewertenden Kaufgegenstände herstellen kann, müssen diese dem Zollwert der gekauften Waren hinzugerechnet werden, es sei denn, der Verkäufer hat diese Leistungen des Käufers vollumfänglich gezahlt.
Ein möglicher Hinzurechnungstatbestand liegt etwa nach Art. 71 Abs. 1 Buchst. b (i) UZK vor, wenn der Käufer seinem Verkäufer den Stoff kostenlos zur Verfügung stellt, aus dem der Verkäufer Waren herstellt, die er an den Käufer verkauft.
Beispiel
Der deutsche Verein V stellt als Käufer dem ausländischen Hersteller und Verkäufer von Leitungen L kostenlos das Kupfer zur Fertigung der Leitungen zur Verfügung. Der Zollwert der vom Käufer gekauften Leitungen besteht
- aus dem Kaufpreis der Leistungen sowie
- dem Einkaufpreis des vom deutschen Verein beschafften Kupfers.
Gleiches gilt nach Art. 71 Abs. 1 Buchst. b (b) s. o.) UZK, wenn der Käufer dem Verkäufer die für die Herstellung der zu kaufenden Waren erforderlichen Werkzeuge kostenlos (oder verbilligt) zur Verfügung stellt.
Beispiel
Der international tätige deutsche Verein stellt dem ausländischen Hersteller eines wissenschaftlichen Gerätes das für dessen Herstellung erforderliche Spezialwerkzeug kostenlos zur Verfügung. Der Zollwert des vom deutschen Verein angeschafften Gerätes setzt sich zusammen
aus dem Kaufpreis des Gerätes und
aus dem Wert des vom deutschen Verein angeschafften Spezialwerkzeuges.
Entsprechendes gilt, wenn bei der Herstellung des Gerätes seitens des Vereins kostenlos zur Verfügung gestellte Materialien verbraucht werden. Der Zollwert des Gerätes besteht aus dem vom Verein an den Käufer zu zahlenden Kaufpreis zzgl. des Einkaufspreises der vom Verein angeschafften und dem Verkäufer kostenlos zur Verfügung gestellten Materialien.
Schließlich sind auch kostenlos (oder verbilligt) dem Käufer zur Verfügung gestellte geistige Leistungen zollwerterhöhend zu berücksichtigen.
Beispiel
Der international tätige Verein mit Sitz in Deutschland beauftragt einen ausländischen Unternehmer mit der Herstellung eines wissenschaftlichen Gerätes und stellt dem Verkäufer die Fertigungspläne hierfür kostenlos zur Verfügung. Der Zollwert des vom Verein angeschafften Gerätes besteht aus dem vom Verkäufer berechneten Kaufpreis zzgl. dem Wert der geistigen Leistung. Zahlt der Verkäufer für die Zurverfügungstellung der Pläne den vollen Preis, ist dem Zollwert hingegen nichts hinzuzurechnen.
Tz. 105
Stand: EL 129 – ET: 11/2022
Als regelmäßig problematisch stellen sich im Zusammenhang mit der Berechnung des Zollwertes Sachverhalte dar, in denen geistige Inhalte auf einem (Daten-)Träger gespeichert sind, der Verzollung aber nur der Datenträger mit seinem Wert zugrunde gelegt wird.
Beispiel
Der inländische Verein beauftragt eine Firma in den USA mit der Auswertung von Gensequenzen. Für die Auswertungsarbeiten wird ein Preis i. H. v. 1,2 Mio. EUR vereinbart. Die Ergebnisse der Auswertungen werden auf einer Festplatte mit 50 GB gespeichert und dem inländischen Verein (Wissenschaftseinrichtung) per Post übersandt. Der Verzollung zugrunde gelegt wird lediglich die Festplatte mit einem Wert von 120 EUR. Im Rahmen einer Zollprüfung beanstandet der Zollprüfer dieses Vorgehen und unterwirft auch den Wert der Auswertung der Gensequenzen i. H. v. 1,2 Mio. EUR dem Zoll und der EUSt.
Tz. 106
Stand: EL 129 – ET: 11/2022
Die Zollverwaltung und die Rspr. gehen davon aus, dass es sich bei der Festplatte lediglich um ein Transportmedium handelt und der eingeführte Gegenstand nicht allein in dieser, sondern gerade im Inhalt der Festplatte besteht. Der Inhalt wird dem Gegenstand Festplatte mithin zugerechnet. Aus der Di...