(1) 1Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG liegt vor, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert ist. 2Es ist nicht erforderlich, daß alle drei Eingliederungsmerkmale gleichermaßen ausgeprägt sind; Organschaft kann auch gegeben sein, wenn die Eingliederung auf einem dieser drei Gebiete nicht vollkommen, dafür aber auf den anderen Gebieten um so eindeutiger ist, so daß sich die Eingliederung aus dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse ergibt (vgl. BFH-Urteile vom 23.4.1964 - BStBl III S. 346 - und vom 22.6.1967 - BStBl III S. 715). 3Liegt Organschaft vor, sind die untergeordneten juristischen Personen (Organgesellschaften, Tochtergesellschaften) ähnlich wie Angestellte des übergeordneten Unternehmens (Organträger, Muttergesellschaft) als unselbständig anzusehen; Unternehmer ist der Organträger.
(2) 1Als Organgesellschaften kommen nur juristische Personen des Zivil- und Handelsrechts in Betracht (vgl. BFH-Urteil vom 20.12.1973 - BStBl 1974 II S. 311). 2Organträger kann jeder Unternehmer sein. 3War die seit dem Abschluß eines Gesellschaftsvertrages bestehende Gründergesellschaft einer später in das Handelsregister eingetragenen GmbH nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert, so besteht die Organschaft zwischen der GmbH und dem Unternehmen bereits für die Zeit vor der Eintragung der GmbH in das Handelsregister (BFH-Urteil vom 9.3.1978 - BStBl II S.486). 4Eine GmbH, die an einer Kommanditgesellschaft als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt ist, kann nicht als Organgesellschaft in das Unternehmen dieser Kommanditgesellschaft eingegliedert sein (BFH-Urteil vom 14.12.1978 - BStBl 1979 II S. 288).
(3) Die Voraussetzungen für die umsatzsteuerliche Organschaft sind nicht in vollem Umfange identisch mit den Voraussetzungen der körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Organschaft.
(4) 1Unter der finanziellen Eingliederung ist der Besitz der entscheidenden Anteilsmehrheit an der Organgesellschaft zu verstehen, die es ermöglicht, Beschlüsse in der Organgesellschaft durchzusetzen. 2Entsprechen die Beteiligungsverhältnisse den Stimmrechtsverhältnissen, so ist die finanzielle Eingliederung gegeben, wenn die Beteiligung mehr als 50 v.H. beträgt. 3An einer finanziellen Eingliederung in ein übergeordnetes Unternehmen fehlt es, wenn die Anteile zweier Kapitalgesellschaften ausschließlich von natürlichen Personen im Privatvermögen gehalten werden. 4In diesem Fall ist keine der beiden Gesellschaften in das Gefüge des anderen Unternehmens eingeordnet, sondern es handelt sich vielmehr um gleichgeordnete Schwestergesellschaften (vgl. BFH-Urteil vom 18.12.1996 - BStBl 1997 II S. 441). 5Der Annahme einer finanziellen Eingliederung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft steht es jedoch nicht entgegen, wenn sich die Anteile nicht im Besitz der Personengesellschaft befinden, sondern den Gesellschaftern der Personengesellschaft selbst zustehen (vgl. RFH-Urteil vom 12.7.1940 - RStBl S. 910). Die maßgebliche Beteiligung von stillen Gesellschaftern einer offenen Handelsgesellschaft an einer GmbH muß bei der Beurteilung einer finanziellen Eingliederung der GmbH in die offene Handelsgesellschaft - im Wege mittelbarer Beteiligung - außer Betracht bleiben (BFH-Urteil vom 2.8.1979 - BStBl 1980 II S. 20).
(5) 1Wirtschaftliche Eingliederung bedeutet, daß die Organgesellschaft gemäß dem Willen des Unternehmers im Rahmen des Gesamtunternehmens, und zwar in engem wirtschaftlichem Zusammenhang mit diesem, es fördernd und ergänzend, wirtschaftlich tätig ist (BFH-Urteil vom 22.6.1967 - BStBl III S. 715). 2Für die Frage der wirtschaftlichen Verflechtung kommt der Entstehungsgeschichte der Tochtergesellschaft eine wesentliche Bedeutung zu. 3Die Unselbständigkeit einer hauptsächlich im Interesse einer anderen Firma ins Leben gerufenen Produktionsfirma braucht nicht daran zu scheitern, daß sie einen Teil ihrer Erzeugnisse auf dem freien Markt absetzt. 4Der Fremdanteil ihres Absatzes darf aber, wenn die für die wirtschaftliche Eingliederung gebotene enge wirtschaftliche Verflechtung mit der anderen Firma erhalten bleiben soll, im Durchschnitt der Jahre nicht überwiegen (BFH-Urteil vom 27.8.1964 - BStBl III - S. 539). 5Ist dagegen eine Produktionsgesellschaft zur Versorgung eines bestimmten Marktes gegründet worden, kann ihre wirtschaftliche Eingliederung als Organgesellschaft auch dann gegeben sein, wenn zwischen ihr und der Muttergesellschaft Warenlieferungen nur in geringem Umfange oder überhaupt nicht vorkommen (vgl. BFH- Urteil vom 15.6.1972 - BStBl II S. 840). 6Anders als bei der Gewerbesteuer ist bei der Umsatzsteuer nicht Voraussetzung für das Vorliegen einer Organschaft, daß die Muttergesellschaft einen nach außen in Erscheinung tretenden Gewerbebetrieb unterhält, sofern die erforderliche wirtschaftliche Verf...