BMF, Schreiben vom 19.8.2021, III C 2 - S 7283/19/10001 :002 (DOK 2021/0904800), BStBl I 2021, 1087
Folgen aus dem BFH-Urteil vom 27. November 2019, V R 23/19 (V R 62/17)
Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG kann eine Rechnung auch durch den Leistungsempfänger ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart worden ist (Gutschrift).
Mit dem Urteil vom 27. November 2019, V R 23/19 (V R 62/17), BStBl 2021 II S. 542, hat der BFH u. a. entschieden, dass eine Gutschrift, die nicht über eine Leistung eines Unternehmers ausgestellt ist, einer Rechnung nicht gleichsteht und keine Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG begründen kann (zweiter Leitsatz).
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt nach dieser Entscheidung Folgendes:
1. Abrechnung an Nichtunternehmer
Nach der Entscheidung V R 23/19 (V R 62/17), Rn. 22 ff, steht ein als Gutschrift verwendetes Abrechnungsdokument an einen Nichtunternehmer einer Rechnung nicht gleich. Dieses Abrechnungsdokument begründet daher keine Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG.
Ein Vorsteuerabzug aus diesem Abrechnungsdokument ist nicht möglich. Die Voraussetzungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG liegen nicht vor, da die abgerechnete Leistung nicht von einem Unternehmer ausgeführt worden ist.
2. Abrechnung an Unternehmer über eine nicht erbrachte Leistung
Wird hingegen eine Gutschrift zwischen zwei Unternehmern über eine nicht erbrachte Leistung ausgestellt, steht dieses Abrechnungsdokument einer Rechnung gleich und kann eine Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG begründen. Die Entscheidung V R 23/19 (V R 62/17) ist auf diese Fälle nicht anwendbar, da es nicht an der vom BFH als ausschlaggebend angesehenen Unternehmerstellung des Gutschriftempfängers (Rn. 23) mangelt.
Ein Vorsteuerabzug aus einem solchen Abrechnungsdokument ist nicht möglich (Abschn. 15.2 Abs. 1 Satz 2 UStAE).
3. Widerspruch gegen eine Gutschrift
Durch einen wirksamen Widerspruch des Gutschriftempfängers nach § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG gegen eine ihm erteilte Gutschrift liegt ab dem Besteuerungszeitraum des wirksamen Widerspruchs kein Rechnungsdokument mehr vor, siehe auch Abschn. 14.3 Abs. 4 UStAE. Dem Gutschriftaussteller liegt somit ab diesem Zeitpunkt keine Rechnung i. S. v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG mehr vor, so dass kein Vorsteuerabzug mehr möglich ist.
Allerdings führt alleine ein wirksamer Widerspruch gegen eine Gutschrift aufgrund der unterschiedlichen Rechnungsbegriffe nach § 14 und § 14c UStG (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 2011, V R 39/09, BStBl 2011 II S. 734) nicht zur Beseitigung der Steuergefährdung nach § 14c Abs. 2 UStG. Auch in diesem Fall schuldet der Gutschriftempfänger die ausgewiesene Steuer weiterhin nach § 14c Abs. 2 UStG, bis die Steuergefährdung beseitigt worden ist.
4. Sonstiges
Eine Billigkeitsmaßnahme aus persönlichen Billigkeitsgründen im Sinne der §§ 163 und 227 AO, die dazu führt, dass dem Gutschriftaussteller die als Vorsteuer abgezogene Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG weiter verbleibt, führt nicht zu einer Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens gem. § 14c Abs. 2 Satz 4 UStG.
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Besprechung zu dieser Verwaltungsanweisung
Normenkette
UStG § 14c Abs. 2
Fundstellen
BStBl I, 2021, 1087