Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Wird der Betriebs-Pkw auch für private Fahrten eingesetzt, muss für steuerliche Zwecke ein Privatanteil als fiktive Betriebseinnahme angesetzt werden.
Grundsätzlich geht das Finanzamt davon aus, dass ein Betriebs-Pkw auch für private Fahrten zur Verfügung steht, sodass ein Privatanteil anzusetzen ist. Nur in Ausnahmefällen kann dieses unterbleiben:
- Für private Fahrten stehen andere Fahrzeuge zur Verfügung, die dem betrieblichen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar sind (BFH, Urteil v. 4.12.2012, VIII R 42/09, BFH/NV 2013 S. 465; ausführlich Niedersächsisches FG, Urteil v. 19.2.2020, 9 K 104/19, rkr., EFG 2020 S. 903).
- Eine Nutzung ist tatsächlich (z. B. Werkstattwagen) oder vertraglich ausgeschlossen und erfolgt auch nicht. Das ist jedoch z. B. auf Fahrschulwagen nicht anwendbar, denn ein Fahrschulfahrzeug ist trotz seiner Beschriftung und seiner Ausstattung zur Personenbeförderung geeignet und bestimmt (FG München, Urteil v. 29.9.2014, 7 K 1861/13).
Die bloße Behauptung, das betriebliche Fahrzeug werde nicht für Privatfahrten genutzt oder Privatfahrten würden ausschließlich mit anderen Fahrzeugen durchgeführt, genügt nicht, um den Ansatz eines Privatanteils auszuschließen. Hier gilt der vom BFH aufgestellte Anscheinsbeweis, dass ein zur Verfügung stehendes Fahrzeug auch privat genutzt wird (BFH, Urteil v. 21.4.2010, VI R 46/08, BFH/NV 2010 S. 170). Bei einem Alleingesellschafter-Geschäftsführer gilt der Anscheinsbeweis selbst bei Vereinbarung eines Privatnutzungsverbots (FG Köln, Urteil v. 8.12.2022, 13 K 1001/19, EFG 2023 S. 797, so auch FG Münster, Urteil v. 28.4.2023, 10 K 1193/20 K,G ,F; Rev. anhängig, BFH Az. I R 33/23). Wie der Anscheinsbeweis erschüttert werden kann, muss der BFH entscheiden (Az. beim BFH III R 34/22, Vorinstanz: FG Münster, Urteil v. 16.8.2022, 6 K 2688/19 E, EFG 2022 S. 1690).
Ist eine Nutzung aber z. B. aus gesundheitlichen Gründen ausgeschlossen, darf eine Nutzungsbesteuerung nicht erfolgen (FG Düsseldorf, Urteil v. 24.1.2017, 10 K 1932/16 E, EFG 2017 S. 458).
Nachweis der Nicht-Nutzung
Der Anscheinsbeweis kann durch den Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden.
Um den Gegenbeweis zu führen, sollten Sie für das betreffende Fahrzeug zumindest für einen repräsentativen Zeitraum ein Fahrtenbuch führen.
Pkw-Überlassung an einen Arbeitnehmer
Für Arbeitnehmer (und damit auch für GmbH-Geschäftsführer) gilt die Widerlegbarkeit der Privatnutzung nicht. Es kann aber andererseits nicht unterstellt werden, dass ein Arbeitnehmer einen Dienstwagen unbefugt oder gar verbotswidrig privat nutzt. Bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ist die unbefugte Privatnutzung eines Firmenfahrzeugs allerdings regelmäßig eine vGA (BFH, Urteil v. 21.3.2013, VI R 46/11, BFH/NV 2013 S. 1302).
Gehören gleichzeitig mehrere Kraftfahrzeuge zum Betriebsvermögen, so ist der pauschale Nutzungswert grds. für jedes Kfz anzusetzen, das vom Unternehmer oder von zu seiner Privatsphäre gehörenden Personen für Privatfahrten genutzt wird.
Wird ein Kfz gemeinsam vom Betriebsinhaber und einem oder mehreren Arbeitnehmern genutzt, so ist bei Anwendung der 1 %-Regelung der Nutzungswert entsprechend der Zahl der Nutzungsberechtigten aufzuteilen (BMF, Schreiben v. 3.3.2022, IV C 5 – S 2334/21/10004 :001, BStBl 2022 I S. 232).
Die Überlassung eines Dienstwagens an einen geringfügig beschäftigten Angehörigen (Minijob) ist nicht fremdüblich (BFH, Urteil v. 10.10.2018, X R 44-45/17, BFH/NV 2019 S. 319).
Für die Berechnungsmethode ist von entscheidender Bedeutung, in welchem Umfang das Fahrzeug betrieblich genutzt wird.
Fahrzeug wird zu mehr als 50 % betrieblich genutzt: |
Fahrzeug wird zu weniger als 50 % betrieblich genutzt: |
Grundsätzlich 1 %-Regelung |
Wird ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt: Fahrtenbuchmethode |
Wird ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt, kann die Fahrtenbuchmethode gewählt werden. |
Sonst: Schätzung des Privatanteils |
Bei der Berechnung des Umfangs der betrieblichen Nutzung gilt Folgendes:
- Die Überlassung des Fahrzeugs an Arbeitnehmer ist immer betrieblich.
- Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie Familienheimfahrten gehören zum betrieblichen Teil.
- Der Nachweis kann in jeder geeigneten Form erfolgen, auch durch formlose Aufzeichnungen.
- Kein Nachweis ist erforderlich, wenn offensichtlich ist, dass das Kfz mehr als 50 % betrieblich genutzt wird (z. B. Reisetätigkeit, Taxiunternehmer, Handelsvertreter, Handwerker, Landtierärzte).
- Repräsentative Aufzeichnungen für einen Zeitraum von drei Monaten reichen für die Ermittlung des Umfangs der jeweiligen Nutzung aus. Ergeben sich keine wesentlichen Veränderungen, gilt der nachgewiesene Umfang auch für die Zukunft, längstens bis zu einem Fahrzeugwechsel.
Einzelheiten: BMF, Schreiben v. 18.11.2009, IV C 6 – S 2177/07/10004, BStBl 2009 I S. 1326; BMF, Schreiben v. 3.3.2022, IV C 5 – S 2334/21/10004 :001, BStBl 2022 I S. 232.
Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen prüfen
Wird das Fahrzeug zu mehr als 50 % betrieblich genutzt, d...