Dipl.-Finanzwirt Kirsten Happe
Zivilrecht
Eine Grundstücksgemeinschaft entsteht durch Erbfall, wenn mehrere Personen erben (Gesamthandsgemeinschaft gem. § 2033 BGB) oder bei entgeltlichem oder unentgeltlichem Erwerb eines Grundstücks durch mehrere Personen (Bruchteilsgemeinschaft gem. §§ 741ff. BGB). Auch die Übertragung eines Anteils an einem Grundstück auf eine oder mehrere andere Personen führt zur Bildung einer solchen Gemeinschaft.
[Steuerrecht, gesonderte und einheitliche Feststellung → Zeilen 4–16]
Sind mehrere Personen an der Einkunftsquelle (Grundstück im Privatvermögen) beteiligt, sei es als Erbengemeinschaft oder als Grundstücksgemeinschaft, erzielen sie gemeinschaftlich Einkünfte aus V+V.
Wirtschaftsgüter, die einer Gesamthandsgemeinschaft (z. B. Erbengemeinschaft) gehören, werden den Beteiligten steuerrechtlich anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO). Steuerrechtlich wird die Gesamthandsgemeinschaft damit – abweichend vom Zivilrecht – als Bruchteilsgemeinschaft angesehen.
Die Einkünfte aller Personen müssen durch gesonderte und einheitliche Feststellung ermittelt und diesen Personen steuerlich zugerechnet werden (§§ 179 und 180 AO). Die gesonderte Feststellung erfolgt außerhalb der Einkommensteuerveranlagung und einheitlich für alle Beteiligten.
Für die gesonderte und einheitliche Feststellung ist eine besondere Feststellungserklärung in elektronischer Form abzugeben. Der Feststellungserklärung ist auch eine Anlage V mit den gemeinsamen Einnahmen und Werbungskosten beizufügen. In der Feststellungserklärung muss für alle Beteiligten ein gemeinsamer Empfangsbevollmächtigter als Ansprechpartner des Finanzamts benannt werden. Diesem wird der Feststellungsbescheid mit Wirkung für und gegen alle Beteiligten bekannt gegeben.
Eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte ist nicht erforderlich, wenn an einem vermieteten Grundstück nur die Ehegatten beteiligt sind und diese zusammen zur ESt veranlagt werden (§ 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO).
In seiner Einkommensteuererklärung muss der einzelne Beteiligte in der Anlage V nur den auf ihn entfallende Anteil an den gemeinschaftlichen Einkünften ausweisen.
Weicht das Finanzamt bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus V+V von den Werten der Feststellungserklärung ab, kann ein bereits ergangener Einkommensteuerbescheid geändert werden (§ 175 Abs. 1 Nr. 1 AO). Einwendungen sind daher durch Einspruch gegen den Feststellungsbescheid und nicht gegen den Einkommensteuerbescheid zu erheben.
Lt. BFH (Urteil v. 18.5.2004, IX R 49/02, BFH/NV 2004 S. 1325) ist bei der Zurechnung von Mieteinkünften wie folgt vorzugehen:
- Zunächst ist bei Miteigentümern festzustellen, wer den objektiven Tatbestand der Einkunftsart V+V verwirklicht hat. Bei Miteigentümern muss geprüft werden, ob die Miteigentümer gemeinschaftlich oder ein Miteigentümer allein das Objekt oder einen Teil davon vermietet bzw. verpachtet. Treten die Miteigentümer gemeinsam als Vermieter auf, haben sie den Einkunftstatbestand grds. gemeinschaftlich verwirklicht. Schließt nur ein Miteigentümer den Mietvertrag über eine Wohnung ab, hat er allein den Einkunftstatbestand des § 21 EStG verwirklicht.
- Es ist zu prüfen, wem die Einkünfte zuzurechnen sind. Haben die Miteigentümer gemeinschaftlich das Objekt vermietet bzw. verpachtet, sind ihnen die Einkünfte entsprechend ihren Miteigentumsanteilen zuzurechnen, unabhängig davon, ob und in welchem Umfang ein bzw. alle Miteigentümer andere Wohnungen selbst nutzen.
Einkünfteermittlung
Einnahmen und WK sind den Miteigentümern grds. nach dem Verhältnis der bürgerlich-rechtlichen Beteiligungsverhältnisse zuzurechnen (§ 722 BGB). Abweichende Vereinbarungen sind nur maßgebend, wenn sie zivilrechtlich wirksam sind und für sie wirtschaftliche Gründe vorliegen, die grundstücksbezogen sind und wie zwischen fremden Dritten vereinbart und durchgeführt werden.
Finanziert z. B. ein Miteigentümer seinen Teil der AK aus Eigenkapital, der andere Miteigentümer seinen Anteil aber mit Fremdmitteln, sind die fälligen Schuldzinsen, da sie nur von einem Miteigentümer getragen werden, bei Letzterem Sonderwerbungskosten.
Absetzungen für Abnutzung
Abschreibungen (AfA) kann nur ein Miteigentümer in Anspruch nehmen, der die AK oder HK getragen hat. Trägt ein Miteigentümer höhere Aufwendungen, als sie seinem Anteil entsprechen, werden ihm diese Aufwendungen (über die AfA) nur dann als Werbungskosten aus V+V im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung zugerechnet, wenn er die anderen Miteigentümer nicht bereichern wollte (keine Schenkung) und kein durchsetzbarer Ausgleichsanspruch besteht. Es darf sich also nicht um eine nur vorläufige Kostentragung, z. B. in Form einer Kreditgewährung, gegenüber den Miteigentümern handeln.
Trägt ein Miteigentümer Aufwendungen über seinen Beteiligungsanteil hinaus, steht ihm grds. gegenüber den anderen Miteigentümern ein Anspruch auf Ersatz dieser Kosten zu (§ 426 BGB).