Leitsatz (redaktionell)
1. Eine betriebliche Versorgungsordnung in der Form einer vertraglichen Einheitsregelung kann durch eine Betriebsvereinbarung ersetzt werden, und zwar auch zum Nachteil der Arbeitnehmer. Dabei sind die Grundsätze von Recht und Billigkeit, insbesondere der Vertrauensschutzgedanken zu beachten (Bestätigung von BAG 1970-01-30 3 AZR 44/68 = BAGE 22, 252 = AP Nr 142 zu § 242 BGB Ruhegehalt).
2. Schutzwürdig sind vor allem die Teile der Versorgungsanwartschaften, die bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung erdient wurden. Eine Kürzung dieses Teilwertes ist nur in seltenen Ausnahmefällen zulässig.
3. Schutzwürdig sind ferner die zugesicherten Steigerungsbeträge der Anwartschaften, deren Voraussetzungen bei Inkrafttreten der Neuregelung noch nicht erfüllt sind. Aber dieser Teil der Versorgungsanwartschaften ist gegenüber Neuregelungen weniger geschützt. Insoweit sind die sachlichen Gründe, die eine Änderung gebieten, gegenüber den Interessen der Arbeitnehmer abzuwägen.
4. Besteht in einem Unternehmen mit 18 Betrieben in 3 Betrieben eine wesentlich günstigere Versorgungsregelung und will der Arbeitgeber für alle Betriebe eine einheitliche Regelung schaffen, den Dotierungsrahmen jedoch nur geringfügig erweitern, so rechtfertigt ein solches Vorhaben nicht den Eingriff in bereits erdiente Anwartschaften.
Dagegen ist die Kürzung der Steigerungsbeträge in einem solchen Fall dann nicht zu beanstanden, wenn eine Übergangsregelung dafür sorgt, daß ältere Arbeitnehmer gar nicht oder entsprechend ihrem Lebensalter weniger stark von Kürzungen betroffen sind.
5. Sieht eine Versorgungsordnung vor, daß die Betriebsrente zusammen mit einem anrechenbaren Teil der Sozialversicherungsrente 85 % des letzten Bruttoeinkommens nicht übersteigen darf, so kann eine Neuregelung diese Obergrenze dahin abändern, daß 100% des letzten Nettoeinkommens maßgebend sind, und zwar auch für bereits erdiente Teile von Versorgungsanwartschaften. Das Vertrauen der Versorgungsberechtigten darauf, eine höhere Gesamtversorgung erwarten zu können, ist nicht schutzwürdig.
6. In einem Unternehmen mit mehreren Betrieben ist der Gesamtbetriebsrat zuständig, wenn die betriebliche Altersversorgung einheitlich für das ganze Unternehmen neu geregelt wird. Diese Zuständigkeit gilt auch für Übergangsregelungen, die dem Schutz der Besitzstände in einzelnen Betrieben dienen.
Verfahrensgang
LAG Hamm (Entscheidung vom 20.08.1980; Aktenzeichen 12 TaBV 22/80) |
Fundstellen
Haufe-Index 438292 |
BAGE 36, 327-344 (LT1-6) |
BAGE, 327 |
BB 1982, 186-190 (T) |
DB 1982, 46-50 (LT1-6) |
BetrAV 1982, 17-21 (T) |
BlStSozArbR 1982, 137-138 (T) |
JR 1982, 528 |
RdA 1982, 256-260 (LT1-6) |
SAE 1983, 191-197 (LT1-6) |
ZIP 1982, 89 |
ZIP 1982, 89-95 (LT1-6) |
AP § 1 BetrAVG Ablösung (LT1-6), Nr 1 |
AR-Blattei, Betriebliche Altersversorgung Entsch 90 (LT1-6) |
AR-Blattei, ES 460 Nr 90 (LT1-6) |
EzA § 242 BGB Ruhegeld, Nr 96 (LT1-6) |
VersR 1982, 353-356 (LT1-6) |