Entscheidungsstichwort (Thema)
Lohnabtretung zur Schuldenregulierung
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird die Vergütung eines Arbeitnehmers gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen, so wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß gegenstandslos, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird. Wird später ein neues Arbeitsverhältnis begründet, so erfaßt der erste Pfändungs- und Überweisungsbeschluß nur dann die Vergütungsansprüche, wenn beide Arbeitsverhältnisse in einem inneren Zusammenhang stehen (Bestätigung von BAG Urteil vom 3. Oktober 1957 - 2 AZR 41/57 = AP Nr 2 zu § 832 ZPO).
2. Werden die Vergütungsforderungen eines Schuldners an einen Dritten abgetreten, so erfaßt ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluß nicht die abgetretenen Arbeitsentgeltansprüche.
3. Eine Vorausabtretung ist unwirksam, wenn sie an eine Gesellschaft erfolgt, die geschäftsmäßig Rechtsberatung und Einziehung fremder Forderungen betreibt, ohne im Besitz der erforderlichen Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz zu sein.
Normenkette
BGB § 134; ZPO §§ 829, 832; RBerG Art. 1 § 1
Verfahrensgang
LAG Hamm (Entscheidung vom 17.12.1991; Aktenzeichen 2 Sa 233/91) |
ArbG Münster (Entscheidung vom 06.12.1990; Aktenzeichen 2 Ca 1422/90) |
Tatbestand
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Zahlungsansprüche im Wege der Drittschuldnerklage geltend.
Nach dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts München vom 10. Dezember 1986 - 8 B 019552/86 - steht dem Kläger gegen den ledigen Schuldner Sch ein Zahlungsanspruch in Höhe von 46.204,66 DM nebst Zinsen und Kosten zu. Das Amtsgericht Münster hat wegen dieser Forderungen am 30. Januar 1987 - 33 M 265/87 - einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß bezüglich der Ansprüche des Schuldners aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten in Höhe von 51.173,23 DM zuzüglich weiterer nach dem 9. Januar 1987 zu zahlender Zinsen von 6,29 DM pro Tag erlassen. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß ist der Beklagten am 4. Februar 1987 zugestellt worden. Der Schuldner ist zu diesem Zeitpunkt bei der Beklagten als Isolierer beschäftigt gewesen.
Die Beklagte zahlte an den Kläger aufgrund dieser Pfändung für den Zeitraum von Februar 1987 bis einschließlich Dezember 1987 den pfändbaren Lohn in Höhe von insgesamt 11.806,20 DM. Mit Schreiben vom 5. Januar 1988 kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit dem Schuldner fristlos wegen dessen unentschuldigten Fehlens seit dem 23. Dezember 1987. Die Zahlungen an den Kläger stellte sie ein und teilte ihm dies mit Schreiben vom 17. März 1988 mit.
Am 13. Juli 1988 erteilte der Schuldner der W gesellschaft mbH (WTG) in B aufgrund eines Besuchs deren Außendienstmitarbeiters einen Auftrag zur Feststellung seiner Verbindlichkeiten und zur Regulierung seiner Schulden. Gleichzeitig unterzeichnete der Schuldner eine Abtretungserklärung zugunsten der WTG. Hierin heißt es u.a.:
"Abtretungserklärung
Ich trete hiermit der WTG... den pfändbaren Teil
meiner gegenwärtigen und zukünftigen Lohn-, Ge-
halts-, Renten-, Provisons-, oder sonstigen Bezü-
ge gegen meinen jeweiligen Arbeitgeber oder Drit-
te unwiderruflich ab."
Die Abtretung erfolgte u.a. auch zur Absicherung der Honoraransprüche der WTG gegenüber dem Schuldner. Die WTG besaß keine behördliche Erlaubnis im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 Rechtsberatungsgesetz. Sie ist auch nicht öffentlich bestellte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
Die Beklagte stellte den Schuldner zum 25. Juli 1988 erneut als Isolierer ein. Hiervon erfuhr der Kläger aufgrund einer eidesstattlichen Versicherung des Schuldners vom 19. Februar 1989 vor dem Amtsgericht Münster - 35 M 938/88 -. Daraufhin forderte er mit Schreiben vom 28. Februar 1989 die Beklagte zur Zahlung der seit dem 1. Januar 1988 angelaufenen pfändbaren Lohnbeträge auf.
Am 24. April 1989 erließ das Amtsgericht Münster - 33 M 1254/89 - antragsgemäß wegen einer klägerischen Restforderung in Höhe von 32.202,92 DM einschließlich der Kosten zuzüglich 4,64 DM täglichen Zinsen seit dem 20. April 1989 einen weiteren Pfändungs- und Überweisungsbeschluß hinsichtlich des Arbeitseinkommens des Schuldners gegenüber der Beklagten. Dieser Pfändungs- und Überweisungsbeschluß wurde der Beklagten am 28. April 1989 zugestellt. Die Beklagte zahlte für die Monate März 1989 bis einschl. Mai 1989 den pfändbaren Teil des monatlichen Lohns an den Kläger.
Mit Schreiben vom 13. Juni 1989 legte die WTG die Abtretung der Lohn-, Gehalts- und sonstigen Ansprüche des Schuldners gegenüber der Beklagten offen. Die Gesamtforderung bezifferte sie mit einer Höhe von ca. 42.000 DM. Sie wies die Beklagte zur Überweisung des zukünftig pfändbaren Lohns des Schuldners an. Die Beklagte zahlte den pfändbaren Lohn des Schuldners für die Monate Juli 1989 bis einschließlich Mai 1990 in Höhe von insgesamt 12.092,04 DM auf ein Sperrkonto bei der Bank in M .
Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Zahlung dieses Betrages. Er hat die Auffassung vertreten, die Abtretung stehe der Wirksamkeit seiner Pfändung nicht entgegen. Der Beratungsvertrag zwischen dem Schuldner und der WTG verstoße gegen das Rechtsberatungsgesetz und sei damit nichtig. Diese Nichtigkeit erfasse auch die Lohnabtretung vom 13. Juli 1988. Darüber hinaus erfasse auch der erste Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 30. Januar 1987 die Lohnansprüche des am 25. Juli 1988 wiederbegründeten Arbeitsverhältnisses. Es bestehe eine Identität der beiden Arbeitsverhältnisse, da das alte Arbeitsverhältnis nur fortgesetzt worden sei. Der Schuldner habe mit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses nur die lästigen Gläubiger abschütteln wollen. Es habe sich damit nur um eine Scheinbeendigung gehandelt. Einen Kündigungsgrund habe die Beklagte nicht gehabt. Der Schuldner habe nicht echt unentschuldigt fehlen können, da im Betrieb der Beklagten in der Zeit vom 23. Dezember 1987 bis zum 4. Januar 1988 ohnehin nicht gearbeitet worden sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 12.092,04 DM
nebst 4 % Zinsen seit dem 11. September 1990 zu
zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Abtretung zugunsten der WTG gehe der zweiten Pfändung des schuldnerischen Arbeitseinkommens wegen des Prioritätsprinzips vor. Die Abtretung sei auch wirksam. Dagegen ergreife der erste Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 30. Januar 1987 nicht die nach dem 24. Juli 1988 fällig werdenden Lohnansprüche des Schuldners, da diese nicht aus einem einheitlichen Arbeitsverhältnis herrührten. Die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Schuldner sei wegen grundloser Arbeitsverweigerung erfolgt. An eine spätere Weiterführung des Arbeitsverhältnisses sei nicht gedacht gewesen. Damit käme eine Anwendung des § 832 ZPO nicht in Betracht.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage unter Aufhebung des arbeitsgerichtlichen Urteils stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben, denn die Abtretung der Lohnansprüche an die WTG ist gemäß § 134 BGB i.Verb.m. Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG nichtig. Damit ist die Beklagte verpflichtet, den pfändbaren Teil des schuldnerischen Arbeitseinkommens für den Zeitraum vom Juli 1989 bis Mai 1990 in Höhe der Klageforderung aufgrund des zweiten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Kläger abzuführen (§ 835 ZPO).
I. Dem Landesarbeitsgericht ist zunächst darin zu folgen, daß der erste Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts Münster - 33 M 265/87 - vom 30. Januar 1987, der Beklagten am 4. Februar 1987 zugestellt, nicht die streitgegenständlichen Lohnansprüche des Schuldners erfaßt. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Schuldner und der Beklagten ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts aufgrund der fristlosen Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 5. Januar 1988 beendet worden. Die streitgegenständlichen Lohnansprüche wurden erst später fällig.
Diese Pfändung erfaßt nicht die Lohnansprüche des später wiederbegründeten Arbeitsverhältnisses. Eine Pfändung kann die Ansprüche eines neubegründeten Arbeitsverhältnisses nur dann erfassen, wenn trotz der Vereinbarung von mehreren Arbeitsverträgen ein einheitliches Arbeitsverhältnis vorliegt. Dies ist nicht der Fall, wenn nach endgültiger Entlassung des Schuldners zu einem späteren Zeitpunkt eine vorab von den Arbeitsvertragsparteien nicht in Aussicht genommene Neueinstellung erfolgt. Erforderlich ist vielmehr, daß der Schuldner bereits bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Wiedereinstellung rechnen kann (BAG Urteil vom 3. Oktober 1957 - 2 AZR 41/57 - AP Nr. 2 zu § 832 ZPO). Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war dies nicht der Fall. Die Beklagte wollte das Arbeitsverhältnis mit dem Schuldner aufgrund der fristlosen Kündigung endgültig beenden. Über eine Wiedereinstellung war nicht gesprochen worden.
II. Dagegen erfaßt der zweite Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 24. April 1989 die nach Zustellung dieses Beschlusses fällig gewordenen streitgegenständlichen Lohnansprüche des Schuldners.
1. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 24. April 1989 ist formell wirksam. Er wurde aufgrund des Vollstreckungsbescheids des Amtsgerichts München vom 10. Dezember 1986 erlassen. Er wurde der Beklagten auch ordnungsgemäß zugestellt (§ 829 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
2. Das Landesarbeitsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, daß dieser Pfändungs- und Überweisungsbeschluß nicht durch die Vorausabtretung des pfändbaren Lohns an die WTG gegenstandslos gewesen ist.
a) Die Pfändung einer Forderung kann vollstreckungsrechtliche Wirkungen nur herbeiführen, wenn die Forderung dem Schuldner gegenüber dem Drittschuldner zum Zeitpunkt der Pfändung auch zusteht. Ist das nicht der Fall, ist die Pfändung gegenstandslos. Der Vollstreckungsgläubiger erhält dann nicht die Befugnis, nach § 836 Abs. 1 ZPO, die Forderung nach ihrer Überweisung einzuziehen (BGH Urteil vom 26. Mai 1987 - IX ZR 201/86 - NJW 1988, 495; BGH Urteil vom 5. Juli 1971, BGHZ 56, 339, 350). Die Abtretung der Lohnansprüche zugunsten der WTG geht vorliegend nicht der zeitlich späteren Pfändung vor. Zwar kann an einer abgetretenen Forderung durch einen späteren Pfändungs- und Überweisungsbeschluß kein Pfändungspfandrecht begründet werden (BAG Urteil vom 24. Oktober 1979, BAGE 32, 159, 168 = AP Nr. 6 zu § 829 ZPO), doch ist die Abtretung an die WTG gemäß § 134 BGB i.Verb.m. Art. 1 § 1 Abs. 1 Rechtsberatungsgesetz (RBerG) nichtig.
b) Die vom Schuldner unterzeichnete Abtretungserklärung stellt rechtlich einen Abtretungsvertrag im Sinne des § 398 Satz 1 BGB dar. Zwar enthält der Wortlaut der Abtretungsurkunde nur eine Erklärung des Schuldners, das Einverständnis der WTG ist jedoch zumindest konkludent erfolgt. Die Abtretung ist grundsätzlich formfrei und kann auch stillschweigend erklärt werden (MünchKomm-Roth, 2. Aufl., § 398 Rz 9, m.w.N.). Der Außendienstmitarbeiter der WTG hat die Abtretungserklärung vom Schuldner unterschreiben lassen. Diese Aufforderung zur Unterschrift beinhaltet zumindest das konkludente Angebot zum Abschluß des Abtretungsvertrages, welches der Schuldner mit seiner Unterschrift angenommen hat.
c) Die Abtretung ist jedoch gem. § 134 BGB i.Verb.m. Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG nichtig. Die WTG besorgt geschäftsmäßig, ohne behördliche Erlaubnis, fremde Rechtsangelegenheiten sowie die Einziehung zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen.
(1) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist die WTG u. a. im Bereich der Regulierung fremder Schulden tätig. Die Schuldenregulierung stellt grundsätzlich eine erlaubnispflichtige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten dar (BGH Urteil vom 24. Juni 1987 - I ZR 74/85 - NJW 1987, 3003 f.; BayObLG Beschluß vom 20. November 1990 - 3 Ob OWi 133/90 - NJW 1991, 1190 f.; OLG Hamm, Urteil vom 7. Oktober 1988 - 25 U 59/88 - MDR 1989, 258).
Eine Besorgung von Rechtsangelegenheiten liegt vor, wenn die betreffende Maßnahme das Ziel verfolgt, konkrete fremde Rechte zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten (BGH Urteil vom 9. Mai 1967, BGHZ 48, 12, 18, 19 = NJW 1967, 1558, 1561). Hierunter fallen auch Verhandlungen eines Wirtschaftsberaters mit Gläubigern über einen Schuldenerlaß oder eine vergleichsweise Erledigung der Schulden (BGH Urteil vom 9. Mai 1967, aaO). Dabei kommt es nicht darauf an, ob zur Erfüllung dieser Tätigkeit die Prüfung schwieriger Rechtsfragen notwendig ist (BGH Urteil vom 8. Mai 1970 - I ZR 62/68 - BB 1970, 778). Die Schuldenregulierung ist typischerweise mit Aufgaben der Rechtsbesorgung verbunden. Die Tätigkeit setzt voraus, daß die gegenüber dem Schuldner geltend gemachten Ansprüche auch rechtlich auf ihre Berechtigung geprüft werden. Desweiteren müssen die Prioritäten der zu befriedigenden Gläubiger festgestellt werden. Die WTG hat sich gegenüber dem Schuldner deshalb auch zur Feststellung seiner Verbindlichkeiten verpflichtet. Hierzu gehört typischerweise auch deren rechtliche Bewertung. Vorliegend ist die WTG auch bereits tätig geworden. Sie hat die Beklagte mit Schreiben vom 13. Juni 1989 zur Abführung des zukünftig pfändbaren Gehalts des Schuldners aufgefordert. Sie hat weiter diese Aufforderung mit dem rechtlichen Hinweis des Vorrangs der Abtretung vor zeitlich späteren Abtretungen oder Pfändungen verbunden.
Der Charakterisierung der Tätigkeit als Rechtsbesorgung steht nach zutreffender Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht entgegen, daß sie auch wirtschaftliche Beratungen durchführt. Nach Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG ist die Erledigung von rechtlichen Angelegenheiten, die mit einem Geschäft eines kaufmännischen oder sonstigen gewerblichen Unternehmens in unmittelbarem Zusammenhang stehen, für ihre Kunden erlaubnisfrei. Die Schuldenregulierung der WTG steht aber nicht mit einem anderen Geschäft in unmittelbarem Zusammenhang. Sie bildet selbst einen wesentlichen Gegenstand ihrer beruflichen Tätigkeit (vgl. auch BGH Urteil vom 24. Juni 1987 - I ZR 74/85 - NJW 1987, 3003 f.).
(2) Diese Rechtsbesorgung ist für die WTG auch fremd im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG.
Mit dieser gesetzlichen Voraussetzung soll klargestellt werden, daß die Erledigung eigener Rechtsangelegenheiten grundsätzlich erlaubt ist (Rennen/Caliebe, RBerG, 2. Aufl., Art. 1 § 1 Rz 19). Die Tätigkeit der WTG sollte dazu dienen, die wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse des Schuldners zu klären und abzuwickeln. Hierfür verpflichtete sich dieser zur Honorarzahlung. Es handelt sich damit um einen Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß § 675 BGB. Die WTG sollte im fremden Interesse des Schuldners tätig werden. Eine Tätigkeit im fremden Interesse ist auf solche Geschäfte gerichtet, für die der Geschäftsherr an sich in Wahrnehmung seiner Vermögensinteressen selbst zu sorgen hätte (Palandt, BGB, 51. Aufl., § 675 Rz 4). Hierzu gehört auch die Ordnung der eigenen Vermögensverhältnisse bzw. Verbindlichkeiten.
Die Tätigkeit der WTG ist auch nicht dadurch zur eigenen geworden, daß sie sich die pfändbaren Lohnansprüche des Schuldners hat abtreten lassen. Damit beschränkt sie sich nicht darauf, Forderungen geltend zu machen. Nur dann, wenn der Zessionar die ihm zu Sicherungszwecken abgetretenen Forderungen einzieht, kann es sich um ein eigenes Geschäft handeln (BGH Urteil vom 6. November 1973 - VI ZR 194/71 - NJW 1974, 50, 51). Vorliegend ergibt sich schon aus der Höhe der abgetretenen Forderungen, daß diese nicht nur die Absicherung der Honoraransprüche der WTG bezwecken sollte. Die Abtretung im Rahmen einer Schuldenregulierung soll vielmehr die treuhänderische Einziehung für den Zedenten ermöglichen. Das wirtschaftliche Ergebnis, nämlich die Weiterleitung an die Gläubiger, soll nicht dem Zessionar, sondern dem Zedenten zukommen.
(3) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die WTG auch geschäftsmäßig gehandelt. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, daß die WTG die Schuldenregulierung nicht nur in einem Gelegenheitsfall ausgeübt hat. Die Rüge, das Landesarbeitsgericht hätte den Sachverhalt insoweit weiter aufklären müssen, greift nicht. Die Revision hat nicht vorgetragen, welche Umstände die Geschäftsmäßigkeit der Tätigkeit der WTG ausschließen sollen.
Die Geschäftsmäßigkeit im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG setzt voraus, daß der Handelnde die Wiederholung einer gleichartigen Tätigkeit beabsichtigt. Hierdurch macht er deutlich, daß sie ein dauernder oder wiederkehrender Bestandteil seiner Beschäftigung werden soll (Altenhoff/Busch/Hartmann/Chemnitz, Rechtsberatungsgesetz, 9. Aufl., Art. 1 § 1 Rz 62). Geschäftsmäßigkeit liegt allerdings nicht vor, wenn die Tätigkeit nur in gelegentlichen Einzelfällen vorgenommen wird (BGH Urteil vom 28. Juni 1962, BGHZ 38, 71, 76 = NJW 1963, 441). Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, daß die WTG sogar einen Außendienstmitarbeiter eingesetzt hat. Dieser war weit vom Geschäftssitz der WTG entfernt tätig. Weiter firmiert die WTG auch als Wirtschaftsberatungs-, Treuhand- und Verwaltungsgesellschaft. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, daß sie im Bereich der Schuldenregulierung nur in zufälligen Einzelfällen, etwa gefälligkeitshalber tätig gewesen ist.
(4)a) Nach den ungerügten Feststellungen des Landesarbeitsgerichts besaß die WTG auch keine Erlaubnis zur Rechtsberatung. Die Rechtsbesorgung durch juristische Personen setzt voraus, wie sich aus Art. 1 § 1 RBerG i.Verb.m. den §§ 3, 10 der 1. Verordnung zur Ausführung (AVO) des RBerG ergibt, daß der juristischen Person selbst die Erlaubnis erteilt worden ist (BGH Urteil vom 25. März 1974 - 2 ZR 63/72 - BB 1974, 667, 668).
b) Die Tätigkeit war für die WTG auch nicht erlaubnisfrei. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war sie nicht öffentlich bestellte Wirtschaftsprüferin im Sinne des Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG. Sie kann auch nicht als Vermögensverwalter nach Art. 1 § 5 Nr. 3 RBerG angesehen werden. Vermögensverwalter ist in diesem Sinne nur, wer ein Vermögen insgesamt oder aber einen selbständigen, räumlich abgegrenzten Teil zu betreuen hat (Rennen/Calibe, RBerG, 2. Aufl., Art. 1 § 5 Rz 75). Allein die Schuldenregulierung begründet keine solche umfassende Vermögensverwaltung.
(5)a) Der Verstoß der WTG gegen die Erlaubnispflicht des Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG führt auch zur Nichtigkeit der Abtretung gem. § 134 BGB. Art. 1 § 1 RBerG enthält ein Verbot im Sinne dieser Vorschrift. Dem steht nicht entgegen, daß nicht der Schuldner, sondern ausschließlich die WTG gegen dieses gesetzliche Verbot verstoßen hat. Zwar führt in der Regel der Verstoß gegen ein Verbotsgesetz nur dann zur Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts, wenn sich das Verbot gegen beide Vertragspartner richtet. Auf der anderen Seite ist ein Rechtsgeschäft nur dann nichtig, wenn es mit dem Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene rechtliche Regelung hinzunehmen und bestehen zu lassen (BGH Urteil vom 10. Juli 1991, BGHZ 115, 123, 125 = NJW 1991, 2955, 2956).
b) Zweck des Rechtsberatungsgesetzes ist es aber auch, die Rechtsuchenden vor den Gefahren einer unzureichenden und nicht sachgemäßen Beratung zu schützen (BGH Urteil vom 15. Dezember 1960, BGHZ 34, 64, 67 = NJW 1961, 313, 314). Diesen Zweck kann das Gesetz aber nur erreichen, wenn der Erfüllungsanspruch des Auftraggebers aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) vernichtet wird. Ansonsten könnte der Auftraggeber den Rechtsberater zivilrechtlich zwingen, seine unerlaubte und gemäß Art. 1 § 8 RBerG strafbare Tätigkeit auszuüben (BGH Urteil vom 25. Juni 1962 - VII ZR 120/61 - NJW 1962, 2010, 2011).
c) Das Landesarbeitsgericht hat deshalb zu Recht angenommen, die Nichtigkeitsfolge beschränke sich nicht nur auf den Geschäftsbesorgungsvertrag als Grundgeschäft, sondern erfasse auch die Abtretung. Entgegen der Auffassung der Revision liegt hierin keine unzulässige Durchbrechung des Abstraktionsprinzips. Das Erfüllungsgeschäft ist ebenso gemäß § 134 BGB nichtig, wenn die Umstände, die die Verbotswidrigkeit des Kausalgeschäfts begründen, zugleich und unmittelbar das Erfüllungsgeschäft betreffen (BGH Urteil vom 10. Juli 1991, BGHZ 115, 123, 130 = NJW 1991, 2955, 2957; BGH Urteil vom 4. November 1982 - 4 StR 451/82 - BGHSt 31, 145, 147 = NJW 1983, 636). Hiervon ist auszugehen, wenn die Abtretung in untrennbarem Zusammenhang mit dem geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag steht. Das ist insbesondere gegeben, wenn die Abtretung wirtschaftliches Teilstück der mit der unerlaubten Rechtsberatung verbundenen Tätigkeit ist (BGH Urteil vom 9. Oktober 1975 - III ZR 31/73 - NJW 1977, 38, 40).
d) Der Vertrag zwischen der WTG und dem Schuldner zur Schuldenregulierung sowie die Abtretung der pfändbaren Lohnansprüche sind insgesamt auf die Verwirklichung der nichterlaubten geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten gerichtet. Die Abtretung ist nur das rechtstechnische Mittel, welches die WTG befähigen soll, die Schuldenregulierung vorzunehmen. Zur Erreichung des Gesetzeszwecks und zur Vorbeugung der Umgehung einer Verbotsnorm kann in diesen Fällen die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB nicht auf den Geschäftsbesorgungsvertrag beschränkt werden (vgl. auch BGH Urteil vom 21. Oktober 1976 - III ZR 75/75 - NJW 1977, 431, 432).
(6) Die Nichtigkeit des Forderungserwerbs ergibt sich darüber hinaus auch aus einem Verstoß gegen das Verbot der Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen (Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG i.Verb.m. § 134 BGB).
Die Einziehung fremder oder zur Einziehungszwecken abgetretener Forderungen ist ebenfalls die Besorgung einer fremden Rechtsangelegenheit und damit in Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG ausdrücklich als erlaubnispflichtig genannt. Die Einziehung zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen ist gegeben, wenn sie im Namen des Zedenten erfolgt oder der Einziehende treuhänderisch für den Dritten tätig wird. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Zessionar die abgetretene Forderung im eigenen Namen (BGH Urteil vom 20. Dezember 1979 - VII ZR 306/78 - NJW 1980, 991) oder im Namen des Zedenten (BGH Urteil vom 28. Februar 1985 - I ZR 191/82 - WM 1985, 1214, 1215) einzieht. Nach § 1 der 5. AVO zum RBerG ist die Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG auch zum geschäftsmäßigem Erwerb von Forderungen zum Zwecke der Einziehung auf eigene Rechnung erforderlich. Diese Erlaubnis ist daher Wirksamkeitserfordernis der Abtretung (BGH Urteil vom 18. April 1967, BGHZ 47, 364, 369 = NJW 1967, 1759, 1760). Eine erlaubniswidrige Einziehung ist damit immer dann gegeben, wenn das wirtschaftliche Ergebnis der Tätigkeit dem Abtretenden zukommen soll. Dies ist bei Abtretungen zur Schuldenregulierung anzunehmen. Sie dient dazu, den Abtretenden durch Befriedigung der berechtigten Gläubiger von seinen Verbindlichkeiten zu befreien. Vorliegend hat die WTG bereits mit Schreiben vom 13. Juni 1989 den pfändbaren Teil des schuldnerischen Lohns zur Einziehung geltend gemacht.
(7) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann allerdings § 139 BGB nicht zur Begründung der Nichtigkeit der Abtretung herangezogen werden. Selbst wenn der Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) und die Abtretung als einheitliches Rechtsgeschäft im Sinne des § 139 BGB anzusehen wären, fehlt es vorliegend bereits an einer Teilnichtigkeit. Die Lohnabtretung ist wie der Geschäftsbesorgungsvertrag bereits gemäß § 134 BGB nichtig.
(8) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ergibt sich die Nichtigkeit der Abtretung ebenfalls nicht aus § 138 BGB.
Die Gesetzeswidrigkeit eines Rechtsgeschäfts führt nicht ohne weiteres zu dessen Sittenwidrigkeit. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 134 BGB, wonach nicht jeder Gesetzesverstoß zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führen muß. Zudem geht § 134 BGB der Anwendung des § 138 BGB vor. Ein Rechtsgeschäft, das sowohl gegen ein Verbotsgesetz als auch gegen die guten Sitten verstößt, ist grundsätzlich nach § 134 BGB zu behandeln (MünchKomm-Mayer-Maly, BGB, 2. Aufl., § 134 Rz 4).
III. Die Beklagte ist von ihrer Zahlungsverpflichtung auch nicht durch Hinterlegung gemäß §§ 378, 379 BGB befreit worden. Die Zahlung auf ein Sperrkonto der Deutschen Bank ist keine Hinterlegung gem. § 372 BGB. Nach § 1 Abs. 2 HinterlO ist das Amtsgericht zuständige Hinterlegungsstelle.
IV. Die geltend gemachten Prozeßzinsen ergeben sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Schaub Dr. Wißmann Schneider
Hecker Dr. Reinfeld
Fundstellen
BAGE 73, 9-19 (LT1-3) |
BAGE, 9 |
BB 1994, 721 |
BB 1994, 721-722 (LT1-3) |
DB 1993, 1625-1627 (LT1-3) |
DStR 1993, 1343-1343 (K) |
NJW 1993, 2701-2704 (LT1-3) |
BRAK-Mitt 1995, 44 (L) |
AiB 1993, 574 (L1-3) |
EWiR 1993, 725 (S1-3) |
GI 1994, 224 (S) |
JR 1995, 132 |
KTS 1993, 495-500 (LT1-3) |
NZA 1993, 792 |
NZA 1993, 792-795 (LT1-3) |
WM IV 1994, 176-180 (ST1-2) |
WuB, VIII D Art 1 § 1 RBerG 2.94 (LT) |
ZIP 1993, 1103 |
ZIP 1993, 1103-1107 (LT1-3) |
AP § 134 BGB (LT1-3), Nr 7 |
AR-Blattei, ES 1130 Nr 71 (LT1-3) |
AR-Blattei, ES 1320 Nr 4 (LT3) |
EzA § 832 ZPO, Nr 2 (LT1-3) |
KKZ 1994, 75-77 (LT) |
MDR 1993, 1122-1123 (LT1-3) |
Rbeistand 1993, 60-63 (ST) |