Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilzeitbeschäftigter Lehrer
Leitsatz (redaktionell)
Erhält ein teilzeitbeschäftigter Lehrer im Angestelltenverhältnis eine geringere anteilige Vergütung als vollzeitbeschäftigte angestellte Lehrer, kann die vertragliche Vergütungsabrede seit dem 1. Mai 1985 wegen Gesetzesverstoßes (§ 2 Abs 1 BeschFG 1985) unwirksam sein. In diesem Falle kann der Lehrer die anteilige übliche Vergütung beanspruchen, die im öffentlichen Dienst die regelmäßig vereinbarte tarifliche Vergütung ist.
Orientierungssatz
Hinsichtlich des Urlaubsgeldes wurde das Verfahren abgetrennt - 8 AZR 283/89.
Normenkette
TVG § 1; BAT § 70; BGB §§ 611, 134, 305; BeschFArbRG §§ 6, 2; BGB § 612 Abs. 2; BAT § 3 Buchst. q Fassung: 1991-03-31; BeschFG 1985 Art. 1 § 2 Abs. 1, § 6 Abs. 1-2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz nur noch darüber, ob das beklagte Land dem Kläger für die Zeit vom 1. Mai 1985 bis zum 31. August 1987 restliche Vergütung sowie Urlaubsgeld für die Jahre 1985 bis 1987 schuldet.
Der am 4. Dezember 1952 geborene Kläger ist Assessor des Lehramts. Er steht seit Beginn des Schuljahres 1981/1982 als Angestellter in den Diensten des beklagten Landes und unterrichtet an einem Gymnasium in den Fächern Deutsch und Geschichte/Gemeinschaftskunde.
Die Parteien haben ihre Rechtsbeziehungen in dem Formularvertrag vom 10. August 1982 geregelt, der die Überschrift "Mehrarbeits- und nebenberuflicher Unterricht, Vordruck NBU I" trägt. Danach ist "nebenberuflicher Unterricht" vereinbart mit elf wöchentlich zu leistenden Unterrichtsstunden. In dem Vertragsformular wird in Feld 1 Bezug genommen auf das "Einheitliche Vertragsmuster - veröffentlicht in K. u. U. 1980 S. 1010 - in der jeweils geltenden Fassung".
Der Kläger erhält eine Monatsvergütung, die sich berechnet nach dem in § 3 des Einheitlichen Vertragsmusters angeführten Schlüssel. Danach ist Grundlage der Berechnung die einzelne Unterrichtsstunde. Die Vergütung wird ermittelt für 42 Wochen (Unterrichtszeit von 39 Wochen nebst 3 Urlaubswochen). Der sich daraus ergebende Endbetrag wird durch 12 geteilt; das Ergebnis stellt die Monatsvergütung des Klägers dar. Diese belief sich zuletzt auf 1.270,-- DM brutto.
Der Kläger hat vorgetragen, er habe in Wirklichkeit statt der vereinbarten 11 Wochenstunden 12 Unterrichtsstunden in der Woche erteilt. Da die Lehrer an höheren Schulen - unstreitig - 23 Unterrichtsstunden erteilen müßten, stehe ihm eine Vergütung in Höhe von 12/23 des auf der Grundlage der VergGr. II a BAT sich ergebenden Gehalts zu. Unabhängig von der Zahl der geleisteten Unterrichtsstunden sei die Vergütung deshalb nach den tariflichen Sätzen zu bemessen, weil die vertragliche Vereinbarung der Parteien hinsichtlich der Höhe der Vergütung mit Wirkung vom 1. Mai 1985 gegen das Beschäftigungsförderungsgesetz verstoße und nichtig sei.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, an ihn
27.565,37 DM brutto nebst 4 % Zinsen nach
näherer Staffelung zu zahlen,
hilfsweise hat er beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, an ihn
17.502,26 DM brutto nebst 4 % Zinsen nach
näherer Staffelung zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat bestritten, daß der Kläger regelmäßig 12 Unterrichtsstunden in der Woche erbracht habe; im übrigen sei die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit von 11 wöchentlichen Unterrichtsstunden nicht geändert worden. Die für diese Arbeitsleistung getroffene Vergütungsabrede sei rechtswirksam. Ein etwaiger Anspruch des Klägers für die Zeit vom 1. Mai bis zum 30. September 1985 sei jedenfalls nach § 70 BAT, der durch § 8 des Einheitlichen Vertragsmusters zum Inhalt des Arbeitsvertrages des Klägers geworden sei, verfallen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat das beklagte Land verurteilt, an den Kläger 21.011,15 DM brutto nebst gestaffelter Zinsen zu zahlen. Dabei handelt es sich um den Unterschiedsbetrag zwischen dem dem Kläger gezahlten Gehalt und der Vergütung, die sich für die Zeit vom 1. Mai 1985 bis zum 31. Juli 1987 ergibt, wenn für 11 Wochenstunden die Sätze nach der VergGr. II a BAT zugrunde gelegt werden. Die weitergehende Zahlungsklage, insbesondere hinsichtlich eines Urlaubsgeldes für die Jahre 1985 bis 1987, hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision des beklagten Landes, das die Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts erstrebt.
Mit seiner unselbständigen Anschlußrevision verfolgt der Kläger die Verurteilung des beklagten Landes zur Zahlung eines Betrages von 469,56 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem noch zu errechnenden Nettobetrag als Urlaubsgeld. Insoweit hat der Senat den Rechtsstreit abgetrennt und an den für Urlaubsfragen zuständigen Achten Senat abgegeben.
Entscheidungsgründe
Die Revision des beklagten Landes ist im wesentlichen nicht begründet. Dem Kläger steht die vom Landesarbeitsgericht zuerkannte restliche Vergütung zu. Für die Zeit vom 1. Mai bis zum 30. September 1985 ist der Anspruch des Klägers jedoch nach § 70 BAT verfallen. Insoweit hat die Revision Erfolg.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die ursprüngliche Vereinbarung der Parteien über den zeitlichen Umfang der wöchentlichen Arbeitsleistung des Klägers sei weder ausdrücklich noch stillschweigend geändert worden, so daß für die Entscheidung des Rechtsstreits von einem Lehrdeputat von 11 Stunden auszugehen sei. Die hierin enthaltenen tatsächlichen Feststellungen sind, da keine der Partei hiergegen Verfahrensrügen erhoben hat, für den Senat gemäß § 561 Abs. 2 ZPO bindend. Entsprechende rechtliche Schlußfolgerungen des Landesarbeitsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
II. Das Landesarbeitsgericht hat weiter angenommen, die Vergütungsabrede der Parteien verstoße gegen das Differenzierungsverbot des § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 und sei daher nichtig. Dem ist beizupflichten.
1. Nach § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 darf der Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich behandeln, es sei denn, daß sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Die Bestimmung will Teilzeitarbeit arbeitsrechtlich grundsätzlich ebenso absichern wie Vollzeitarbeit (BT-Drucks. 10/2102 S. 16). Dabei ist eine unterschiedliche Behandlung nicht nur bei einseitigen Maßnahmen des Arbeitgebers möglich. Das Gebot der Gleichbehandlung erstreckt sich vielmehr auch auf vertragliche Regelungen. "Behandlung" bedeutet in diesem Zusammenhang rechtserhebliches Handeln des Arbeitgebers gegenüber Arbeitnehmern. Das ist nicht nur in der Gestalt einseitiger Maßnahmen möglich, sondern auch in der Gestalt vertraglicher Vereinbarungen. Die "Behandlung" betrifft den Inhalt des rechtserheblichen Handelns des Arbeitgebers. Einseitige Maßnahmen oder Verträge stellen dagegen nur die äußere Form dar, in der dieses Handeln seinen Niederschlag findet. § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 erfaßt danach auch vertragliche Regelungen (im Ergebnis wie hier Wlotzke, NZA 1984, 217, 218; Löwisch, BB 1985, 1200, 1203; anders dagegen von Hoyningen-Huene, NJW 1985, 1801, 1803).
§ 2 Abs. 1 BeschFG 1985 gilt nicht nur für Verträge, die nach seinem Inkrafttreten geschlossen worden sind, sondern auch für solche, die im Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits bestanden haben. Im letzten Fall allerdings wirkt die Bestimmung nicht zurück, sondern erst vom 1. Mai 1985 ab (vgl. nur GK-TzA Lipke, Art. 1 § 2 BeschFG 1985 Rz 122).
Eine unterschiedliche Behandlung der Teilzeitarbeit ist nur zulässig, wenn sachliche Gründe dies rechtfertigen. Hierzu werden gerechnet Arbeitsleistung, Qualifikation, Berufserfahrung, soziale Lage oder unterschiedliche Arbeitsplatzanforderungen (vgl. die Beispielaufzählung im Regierungsentwurf BT-Drucks. 10/2102, S. 24). Der unterschiedliche Umfang der Arbeitsleistung allein jedenfalls ist kein ausreichender sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung (so bereits BAG Urteil vom 6. April 1982, BAGE 38, 232, 241 = AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, zu III 1 b der Gründe; an diese Entscheidung lehnt sich die gesetzliche Regelung an: Wlotzke, aaO, S. 218; Löwisch, aaO, S. 1203).
2. Mit dem Inkrafttreten des Beschäftigungsförderungsgesetzes (1. Mai 1985) verstößt die im Anstellungsvertrag des Klägers getroffene Vergütungsabrede gegen das Differenzierungsverbot des § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 und ist daher nach § 134 BGB nichtig.
Der Kläger erhält vom beklagten Land eine monatliche Vergütung, die sich nach einem Einzelstundensatz berechnet. Diese Vergütung liegt im Vergleich zu der Vergütung vollzeitbeschäftigter Lehrer erheblich niedriger. Damit ist eine unterschiedliche Behandlung des Klägers gegenüber einem vollzeitbeschäftigten Lehrer im Angestelltenverhältnis gegeben. Sachliche Gründe hierfür bestehen nicht. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen hinsichtlich der fachlichen Qualifikation eines Lehrers des höheren Dienstes. Daß seine Arbeitsleistung hinter der zu fordernden Norm zurückbleibe, hat das beklagte Land nicht dargelegt. Auch der Umstand, daß die Tätigkeit des Klägers im Anstellungsvertrag als "nebenberuflicher Unterricht" bezeichnet wird, kann nicht als sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung anerkannt werden. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt und die Parteien haben nicht vorgetragen, daß der Kläger außer dem Unterricht im Dienst des beklagten Landes noch einer anderen Tätigkeit als Haupttätigkeit nachgeht. Daraus ergibt sich, daß die vertraglich übernommene Arbeitsleistung für den Kläger die wesentliche berufliche Tätigkeit ist und damit die Grundlage für seine wirtschaftliche Existenz bedeutet. Der Kläger unterscheidet sich hinsichtlich seiner sozialen Lage daher in keiner Weise von vollzeitbeschäftigten Lehrern im Angestelltenverhältnis, abgesehen davon, daß er im Vergleich zu diesen in besonderem Maße auf die Einkünfte aus seiner Berufsarbeit zur Bestreitung seines Lebensunterhalts angewiesen ist.
III. An diesem Ergebnis ändert sich nichts dadurch, daß nach § 6 Abs. 1 BeschFG 1985 von § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 durch Tarifvertrag auch zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann und daß § 3 Buchst. q BAT (in der bis zum 31. Dezember 1987 maßgeblichen Fassung) bestimmt, der BAT gelte nicht für Angestellte mit weniger als der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit eines entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten. Denn diese Tarifregelung stellt keine "abweichende tarifvertragliche Bestimmung" im Sinne des § 6 Abs. 1 und Abs. 2 BeschFG 1985 dar. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob im Bereich der Lehrervergütung überhaupt davon gesprochen werden kann, daß eine tarifliche Regelung über die Vergütung besteht. Denn nach Nr. 5 der Vorbemerkung zu allen Vergütungsgruppen des BAT gelten diese nicht für Angestellte, die als Lehrkräfte beschäftigt sind (vgl. zur Abgrenzung BAGE 47, 61, 65 = AP Nr. 95 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Jedenfalls fallen Lehrer an allgemeinbildenden Schulen unter diese Ausnahmeregelung. Die Vergütungssätze des BAT werden jedoch durchweg in allen Ländern einzelvertraglich durch Bezugnahme auf Vergütungsrichtlinien oder Erlasse entsprechend vereinbart. Damit ist die Rechtsgrundlage für die Vergütung bei Lehrern generell der Arbeitsvertrag (vgl. dazu BAG Urteil vom 25. November 1987 - 4 AZR 386/87 - AP Nr. 23 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer, m. w. N.).
1. Das Motiv für die Öffnungsklausel des § 6 Abs. 1 BeschFG 1985 liegt hier wie allgemein (vgl. zur allgemeinen Bedeutung der Öffnungsklausel Wiedemann/Stumpf, Tarifvertragsgesetz, 5. Aufl., Einl. Rz 107) darin, daß die Tarifvertragsparteien sachlich gerechtfertigte Ausnahmebestimmungen zu den gesetzlichen Regelungen, insbesondere branchenspezifische Regelungen, besser als der Gesetzgeber treffen können und dabei auch die Schutzinteressen der Arbeitnehmer ausreichend berücksichtigen (Regierungsentwurf Drucks. 10/2102, S. 26). Neben der Sachnähe der Tarifvertragspartner spielt stets der Gesichtspunkt des Arbeitnehmerschutzes eine besondere Rolle. Daher sind tarifvertragliche Abweichungen im allgemeinen nur unter Beachtung des dem Gesetz zugrunde liegenden Schutzgedankens möglich und bedeuten nur Dispositionsfreiheit hinsichtlich der Einzelausformung (Wiedemann/Stumpf, aaO, Rz 115). Der Wille der Tarifvertragsparteien, von den ihrer freien Verfügung zugänglichen Vorschriften des Gesetzes zuungunsten des Arbeitnehmers abzuweichen, muß aus der tariflichen Regelung eindeutig hervorgehen. Denn der weitgehende Vorrang der Tarifautonomie vor den Bestimmungen des Gesetzes ist nur dann für das Arbeitsleben tragbar, wenn er mit gesetzestechnisch klaren Regelungen verbunden ist. Bei verbleibenden Zweifeln muß schon nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen an der gesetzlichen Regelung festgehalten werden (so Senatsurteil vom 10. August 1967 - 5 AZR 81/67 - AP Nr. 9 zu § 13 BUrlG; vgl. ferner Senatsurteil vom 8. Juni 1977 - 5 AZR 97/76 - AP Nr. 13 zu § 11 BUrlG sowie Senatsurteil vom 21. April 1966 - 5 AZR 510/65 - AP Nr. 3 zu § 7 BUrlG, zu 1 der Gründe).
2. Im öffentlichen Dienst sind die Arbeitsbedingungen der Angestellten mit weniger als der Hälfte der regelmäßigen Wochenarbeitszeit tarifvertraglich nicht geregelt, da der BAT diesen Kreis von Arbeitnehmern aus seinem Geltungsbereich ausschließt (§ 3 Buchst. q BAT in der bis zum 31. Dezember 1987 maßgeblichen Fassung). Hierauf hat im Gesetzgebungsverfahren der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf hingewiesen (BT-Drucks. 10/2102, S. 35). Er hat dazu vorgeschlagen, dem § 6 Abs. 1 nach Satz 1 einen Satz 2 mit folgendem Inhalt anzufügen:
"Abweichungen zuungunsten des Arbeitnehmers
sind auch dann zulässig, wenn teilzeitbe-
schäftigte Arbeitnehmer vom Geltungsbereich
eines Tarifvertrages ausgenommen sind."
Demgegenüber hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung den Standpunkt vertreten, wenn ein Tarifvertrag Arbeitnehmer unterhalb einer bestimmten Arbeitszeit von seinen Regelungen ausnehme, was auch in Form einer Ausnahme vom (persönlichen) Geltungsbereich des Tarifvertrages bestimmt sein könne, liege darin eine abweichende Regelung im Sinne des § 6 Abs. 1 BeschFG 1985. Bei einer tarifvertraglich bestimmten Abgrenzung könne überdies davon ausgegangen werden, daß sie durch sachliche Gründe i. S. des § 2 Abs. 1 gerechtfertigt sei (vgl. BT-Drucks. 10/2102, S. 41).
Die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung ist in das Gesetz nicht aufgenommen worden. Dadurch ist aber die Auffassung der Bundesregierung nicht zum maßgeblichen Kriterium für die Auslegung von § 6 Abs. 1 BeschFG 1985 geworden. Denn maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt. Nicht entscheidend ist dagegen die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe (oder einzelner ihrer Mitglieder) über die Bedeutung der Bestimmung (so BVerfGE 1, 299, 312).
Nach § 3 Buchst. q BAT (in der Fassung bis zum 31. Dezember 1987) gilt der BAT nicht für Angestellte, deren arbeitsvertraglich vereinbarte durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit weniger als die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit eines entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten beträgt. Diese Tarifregelung nimmt bestimmte teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer aus dem Geltungsbereich des Tarifvertrages aus und entzieht ihnen damit den tarifvertraglichen Schutz. Daraus folgt, daß ihre Rechtsverhältnisse nach den Grundsätzen der Privatautonomie (§ 305 BGB) geregelt werden können. Die Herausnahme aus dem Schutz des Tarifvertrages bedeutet aber keine "abweichende tarifvertragliche Bestimmung" zuungunsten des Arbeitnehmers gegenüber dem Verbot der unterschiedlichen Behandlung nach § 2 Abs. 1 BeschFG 1985. Die Herausnahme aus dem Geltungsbereich des Tarifvertrages schafft für sich allein genommen noch keine abweichende Regelung für den herausgenommenen Personenkreis. Es fehlt an jeder Rechtsnorm, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen i. S. von § 1 Abs. 1 TVG regelt. Das Fehlen einer Regelung ist aber keine Regelung. Wenn jede rechtstechnische Ausformung einer abweichenden Regelung durch Tarifvertrag fehlt, muß für den ausgenommenen Personenkreis, dem jeder tarifvertragliche Schutz entzogen ist, nach wie vor die gesetzliche Regelung gelten.
Diese Überlegung wird durch die in § 6 Abs. 2 Satz 1 BeschFG 1985 enthaltene Regelung unterstützt. Nach der genannten Bestimmung gelten im Geltungsbereich eines Tarifvertrages nach Absatz 1 die abweichenden tariflichen Regelungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn die Anwendung der für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer geltenden Bestimmungen des Tarifvertrages zwischen ihnen vereinbart ist. Hieraus folgt, daß der Gesetzgeber von der Vorstellung ausgegangen sein muß, mit der vereinbarten Anwendung von abweichenden tariflichen Bestimmungen werde der Arbeitsvertrag inhaltlich gestaltet. Das ist aber nur denkbar, wenn die tarifliche Regelung Inhaltsnormen aufweist. Eine abweichende Regelung, die nur dahin geht, die Anwendung tariflicher Normen auszuschließen, kann weder eine Regelung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 noch nach § 6 Abs. 1 BeschFG 1985 darstellen.
IV.1. An die Stelle der entfallenen Vergütungsregelung tritt die nach § 612 Abs. 2 BGB zu bestimmende übliche Vergütung (vgl. Senatsurteil vom 10. März 1960 - 5 AZR 426/58 - AP Nr. 2 zu § 138 BGB, zu III 2 der Gründe). Es entspricht der Übung im öffentlichen Dienst, tarifvertragliche Regelungen ohne Rücksicht auf Verbandszugehörigkeit der Arbeitnehmer anzuwenden (vgl. BAG Urteil vom 30. Mai 1984 - 4 AZR 146/82 - AP Nr. 2 zu § 21 MTL II, zu II eingangs der Gründe). Daher ist im öffentlichen Dienst als die übliche Vergütung im Sinne des § 612 Abs. 2 BGB die tarifliche Vergütung anzusehen (Senatsurteil vom 27. Oktober 1960 - 5 AZR 427/59 - AP Nr. 21 zu § 611 BGB Ärzte, Gehaltsansprüche, zu 6 der Gründe). Dabei darf nicht zwischen Vollzeitbeschäftigten und in geringerem Umfang beschäftigten Arbeitnehmern unterschieden werden. Dem Umstand, daß mit den letzteren üblicherweise erheblich niedrigere Vergütungen vereinbart werden, kann wegen des Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 keine Bedeutung zukommen.
Bei angestellten Lehrern bestimmt sich die übliche Vergütung aufgrund ministerieller Erlasse mittelbar nach der (unmittelbar nicht geltenden) Anlage 1 a zum BAT. Lehrer des höheren Dienstes werden in die VergGr. II a BAT eingestuft (Richtlinien des Finanzministeriums Baden-Württemberg über die Vergütung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrer des Landes, auf welche der BAT Anwendung findet, vom 18. Mai 1982, K. u.U. S. 907, zu 3.4.1). Die vom Landesarbeitsgericht auf der Grundlage dieser Vergütungsgruppe ermittelten anteiligen Vergütungsbeträge sind zwischen den Parteien in rechnerischer Hinsicht unstreitig. Dem Kläger stehen daher - mit Ausnahme der von der Verfallklausel des § 70 BAT erfaßten Monate Mai bis September 1985, s. unten zu V - für den streitbefangenen Zeitraum die vom Landesarbeitsgericht errechneten Summen zu.
2. Dieses Ergebnis bleibt unberührt von der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums über die Absenkung der Eingangsbezahlung der Angestellten des öffentlichen Dienstes vom 27. Dezember 1983 (GABl. 1984, 38). Nach Nr. 6 der Verwaltungsvorschrift gilt für die Anwendung der unter 1. genannten Lehrerrichtlinien vom 18. Mai 1982 die Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift. Diese regelt jedoch nur Fälle, in denen ein Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 1983 begründet worden ist. Davon wird der Kläger nicht betroffen, weil er seit Herbst 1981 in einem Angestelltenverhältnis zum beklagten Land steht.
Selbst wenn man aber der Ansicht sein sollte, die Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift sei anzuwenden, änderte sich am Ergebnis der Entscheidung nichts. Denn da der Kläger (spätestens) seit dem 1. Oktober 1981 Angestellter des beklagten Landes ist, hätte er am 1. Oktober 1985 den in der Nr. 6 verlangten Zeitraum von vier Jahren der Tätigkeit im öffentlichen Dienst bereits zurückgelegt.
V. Nach § 8 des Einheitlichen Vertragsmusters, der Inhalt des Arbeitsvertrages des Klägers geworden ist, ist § 70 BAT für die Rechtsbeziehungen der Parteien anzuwenden. Danach sind Ansprüche des Klägers für die Zeit vom 1. Mai bis zum 30. September 1985 verfristet, da die Klage erst am 15. April 1986 zugestellt worden ist. Dem Kläger wäre es entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts trotz der Ungewißheit der Rechtslage durchaus möglich gewesen, seine Ansprüche wenigstens dem Grunde nach rechtzeitig geltend zu machen. Da dies vor Klageerhebung nicht geschehen ist, ergibt sich die tarifliche Verfallwirkung.
Dr. Thomas Dr. Gehring Dr. Olderog
Dr. Florack Buschmann
Fundstellen
Haufe-Index 439810 |
BAGE 61, 43-52 (LT1) |
BB 1989, 1271-1272 (LT1) |
DB 1989, 1726-1727 (LT1) |
AiB 1991, 104-105 (T) |
JR 1989, 528 (S) |
RdA 1989, 197 |
ZTR 1989, 316-318 (LT1) |
AP § 2 BeschFG 1985 (LT1), Nr 2 |
AR-Blattei, Beschäftigungsförderung Entsch 6 (LT1) |
AR-Blattei, ES 1560 Nr 19 (LT1) |
AR-Blattei, ES 430 Nr 6 (LT1) |
AR-Blattei, Teilzeitarbeit Entsch 19 (LT1) |
EzA § 2 BeschFG 1985, Nr 1 (LT1) |
EzBAT § 3 Buchst q BAT Vergütungsanspruch, Nr 1 (LT1) |
GdS-Zeitung 1989, Nr 8, 4 (K) |
PersR 1989, 206-208 (LT1) |
VR 1989, 420 (K) |
ZfPR 1989, 184 (L) |