Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung der Gesellschafter einer Vor-GmbH
Leitsatz (amtlich)
- Die Gründungsgesellschafter einer vermögenslosen Vor-GmbH haften unmittelbar für deren Schulden.
- Werden die Geschäfte nach Aufgabe der Eintragungsabsicht fortgeführt, haften die Gesellschafter ebenfalls unmittelbar. Ihre Haftung ist nicht verhältnismäßig (pro rata) entsprechend ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen beschränkt.
Normenkette
BGB §§ 421, 427, 714; GmbHG § 11; HGB §§ 128, 160, 160a
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Beklagten zu 1) gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 29. April 1996 – 5 (6) Sa 1922/95 – wird zurückgewiesen.
Der Beklagte zu 1) hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte zu 1) und der in der Revisionsinstanz nicht mehr am Verfahren beteiligte Beklagte zu 2) gesamtschuldnerisch für die Ansprüche des Klägers auf Arbeitsentgelt gegen die C… Inter Aktive Systeme GmbH i.Gr. haften.
Der Beklagte zu 1) gründete zusammen mit dem Beklagten zu 2) am 21. April 1994 die C… Inter Aktive Systeme GmbH (Vor-GmbH). Nach dem Gesellschaftsvertrag beträgt das nominale Stammkapital 50.000,00 DM, davon entfallen auf die Beklagten jeweils 25.000,00 DM als Stammeinlage. Die erste Hälfte der Stammeinlage (12.500,00 DM) sollte sofort eingezahlt werden, die zweite Hälfte erst auf weiteren Gesellschafterbeschluß. In der ersten Gesellschafterversammlung bestellten sich die Beklagten zu alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern. Am 1. Mai 1994 schloß der Beklagte zu 2) im Namen der Vor-GmbH u.a. mit dem Kläger und der Klägerin des Parallelverfahrens – 9 AZR 482/96 – Angestelltenverträge. Danach ist der Kläger von der C… Industrie und Grafikdesign GmbH, die zum ersten Mai 1994 ihre Geschäftstätigkeit eingestellt hat, unter Zusage der Wahrung des Besitzstandes übernommen worden. Die Vor-GmbH zahlte noch die Gehälter für Mai und Juni 1994. Im Juli 1994 stellte sie ihre Zahlungen ein. Am 26. September 1994 ist von dem Beklagten zu 2) im Namen der Vor-GmbH das Arbeitsverhältnis mit sämtlichen Arbeitnehmern unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist zum 31. Dezember 1994 wegen Zahlungsunfähigkeit und Einstellung der Betriebstätigkeit gekündigt worden. Am 1. Oktober 1994 hat die Vor-GmbH gegen über dem Arbeitsamt die für die Zahlung des Konkursausfallgelds erforderliche Erklärung der vollständigen Betriebsschließung und Freistellung der Arbeitnehmer abgegeben. Darauf hat die Bundesanstalt für Arbeit für den 1. Juli bis 26. September 1994 Konkursausfallgeld gezahlt. Mit Beschluß vom 17. Januar 1995 hat das Amtsgericht Hannover den Eintragungsantrag der Vor-GmbH endgültig zurückgewiesen, weil trotz mehrfacher Erinnerung kein Kostenvorschuß gezahlt worden ist. Am 3. Februar 1995 haben die Beklagten eine Vereinbarung über die “Zuständigkeiten bezüglich ihrer Gesellschaften C… Industrie- und Grafik-Design GmbH, C… Design-Consulting und Industrie-Produktdesign GmbH, C… IAS GmbH i.Gr. und der Einzelunternehmung C… /Udo K…” getroffen. Danach ist nach der Einzahlung der hälftigen Einlage durch den Beklagten zu 1) beschlossen worden, die Unternehmensform einer GmbH nicht mehr weiterzuführen und zum 1. Oktober 1994 die Geschäfte der Vor-GmbH auf die Einzelunternehmung C… /Udo K… zu überführen.
Mit der am 8. Februar 1995 beim Arbeitsgericht erhobenen Klage hat der Kläger seine Ansprüche auf Arbeitsentgelt vom 27. September 1994 bis 31. Dezember 1994 sowie das anteilige 13. Monatsgehalt gerichtlich geltend gemacht.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an den Kläger 18.856,55 DM brutto abzüglich 5.569,20 DM netto sowie 5.569,20 DM netto als Gesamtschuldner an die Bundesanstalt für Arbeit zur Stammnummer III 310458599 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Urteil gegen den Beklagten zu 2) ist rechtskräftig geworden. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zu 1) als unbegründet zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte zu 1) weiterhin das Ziel der Klageabweisung. Der Kläger bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, daß der Kläger von dem Beklagten zu 1) die Zahlung des anteiligen 13. Monatsgehalts und des Gehalts für den 27. September bis 31. Dezember 1994 verlangen kann.
Unterschriften
Leinemann, Reinecke, Düwell, Fox, Klosterkemper
Fundstellen
BAGE, 38 |
DStR 1998, 1146 |
HFR 1999, 309 |
NJW 1998, 628 |
FA 1998, 27 |
KTS 1998, 290 |
NZA 1998, 27 |
NZG 1998, 103 |
RdA 1998, 58 |
SAE 1998, 191 |
ZIP 1997, 2199 |
AP, 0 |