Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Rüge mangelnder Mitwirkungsfähigkeit im Prozess
Leitsatz (NV)
Ist das FG erkennbar und verfahrensfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Kläger prozessfähig (§ 58 FGO) war, kann die vom Kläger für klärungsbedürftig erachtete Frage, "ob von einem nicht mehr Mitwirkungsfähigen eine Mitwirkungsverpflichtung verlangt werden kann und für den Fall, dass die Mitwirkungshandlung unterbleibt, Rechtsnachteile dem Steuerpflichtigen entstehen können", in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden.
Normenkette
FGO §§ 58, 115 Abs. 2 Nr. 2
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Architekt.
Bei ihm fand eine Fahndungsprüfung statt. Nach den Prüfungsfeststellungen hatte er in den Streitjahren Architektenleistungen in Rechnung gestellt und sonstige Umsätze ausgeführt; außerdem wurden ungeklärte Zahlungseingänge festgestellt.
Im Anschluss an die Fahndungsprüfung ging der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) davon aus, dass den ungeklärten Zahlungseingängen umsatzsteuerpflichtige Leistungen zugrunde lagen und dass auch die übrigen festgestellten Umsätze tatsächlich erbracht worden waren, und setzte die entsprechende Umsatzsteuer gegen den Kläger fest (Umsatzsteuerbescheide vom 31. August 2000).
Die Einsprüche und die Klage gegen die Steuerbescheide hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, der Kläger habe seine Klage nicht begründet, er habe die durch die Steuerfahndung getroffenen Feststellungen weder im außergerichtlichen noch im gerichtlichen Verfahren ausreichend entkräftet; diesen Mangel an Bereitschaft, im Besteuerungsverfahren mitzuwirken, müsse der Kläger gegen sich gelten lassen. Das FG ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.
Mit der Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision. Zur Begründung seiner Beschwerde trägt er vor, er habe sich ursprünglich mit zahlreichen Schreiben gegen die Feststellungen der Fahndungsprüfung gewandt. Nach der endgültigen Attestierung seiner Erkrankung im November 2000 sei er allerdings nicht mehr in der Lage gewesen, an der weiteren Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Es müsse deshalb die Frage entschieden werden, ob von einem nicht mehr Mitwirkungsfähigen eine Mitwirkungsverpflichtung verlangt werden könne und für den Fall, dass die Mitwirkungshandlung unterbleibe, Rechtsnachteile dem Steuerpflichtigen entstehen könnten. Er meint, das FG habe ihm das rechtliche Gehör versagt.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann durch Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). Die Beschwerde ist zu begründen; in der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 FGO).
2. Die Revision ist nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen.
Die vom Kläger für klärungsbedürftig erachtete Frage, "ob von einem nicht mehr Mitwirkungsfähigen eine Mitwirkungsverpflichtung verlangt werden kann und für den Fall, dass die Mitwirkungshandlung unterbleibt, Rechtsnachteile dem Steuerpflichtigen entstehen können", kann im Streitfall nicht geklärt werden. Das FG ist nämlich erkennbar davon ausgegangen, dass der Kläger prozessfähig (§ 58 FGO) und "mitwirkungsfähig" war.
Die Behauptung des Klägers, dem Gericht sei bekannt gewesen, dass der Kläger "verhandlungsunfähig" gewesen sei und aufgrund seiner schweren Erkrankung nicht in der Lage gewesen sei, weiter gehende Mitwirkungshandlungen als diejenigen auszuführen, die bis zur endgültigen Attestierung seiner Erkrankung im November 2000 ausgeführt worden seien, steht nicht im Einklang mit dem Urteil des FG. Sie erfüllt auch nicht die Anforderungen an eine diesbezügliche Verfahrensrüge.
3. Die vom Kläger erhobene Rüge der Versagung des rechtlichen Gehörs hat ebenso wenig Erfolg wie eventuell weitere geltend gemachte Verfahrensmängel. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Beschwerdeerwiderung des FA. Von einer weiteren Begründung sieht er gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
Fundstellen