Entscheidungsstichwort (Thema)
Auftreten vor dem Bundesfinanzhof; Treuhand-Gesellschaft
Leitsatz (NV)
Eine Treuhand-Gesellschaft in der Form einer AG ist nicht vertretungsberechtigt i. S. von Art. 1 Nr. 1 Satz 1 BFHEntlG.
Normenkette
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Gegen das die Klage abweisende Urteil des Finanzgerichts (FG) hat namens und im Auftrag der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) Rechtsanwalt X mit Schreiben vom Oktober 1985 verspätet Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
Mit Schreiben vom gleichen Tage stellte die Treuhand-Aktiengesellschaft (AG), die die Klägerin schon im Verfahren vor dem FG vertreten hatte, Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Die Antragschrift ist auf dem Kopfbogen der AG gefertigt und im Wir-Stil gehalten. Unterzeichnet ist sie: ,,Treuhand-Gesellschaft AG." Es folgen zwei Unterschriften.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Nach Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) i. d. F. des Gesetzes vom 4. Juli 1985 (BGBl I 1985, 1274, BStBl I 1985, 496) muß sich jeder Beteiligte vor dem Bundesfinanzhof (BFH) durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Klägerin wurde hierüber durch das FG belehrt. Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften - wie die AG - sind nicht aufgeführt. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann als Prozeßhandlung daher wirksam nur von einer persönlich bevollmächtigten natürlichen Person eingelegt werden, welche die genannten Qualifikationsmerkmale aufweist (BFH-Beschlüsse vom 12. November 1976 III R 14-15/76, BFHE 120, 335, BStBl II 1977, 121; vom 6. Juni 1978 VII R 36/78, BFHE 125, 248, BStBl II 1978, 523; vom 29. April 1981 I R 24/81, BFHE 133, 338, BStBl II 1981, 651). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt.
Die Antragschrift stellt sich nach verwendetem Geschäftsbogen, Wir-Form und Art der Unterzeichnung als eine prozessuale Erklärung nicht eines Rechtsanwalts, Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers, sondern der AG dar. Da es dieser an der erforderlichen Postulationsfähigkeit fehlt, war ihr Antrag unabhängig von dessen Begründung unwirksam. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand konnte nicht gewährt werden.
Fundstellen
Haufe-Index 422942 |
BFH/NV 1988, 107 |