Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung von Steuerbescheiden durch Beifügen eines Vorläufigkeitsvermerks unter Bezugnahme auf den geänderten Bescheid; Anwendung des § 68 FGO auf steuerherabsetzende Änderungsbescheide
Leitsatz (NV)
1. Die Rechtsfrage, ob ein Einkommensteuerbescheid durch Beifügen eines Vorläufigkeitsvermerks ,,ergänzt" werden und im übrigen die Wiederholung der unveränderten Angaben aus dem geänderten Bescheid durch Bezugnahme ersetzt werden darf, ist
nicht mehr klärungsbedürftig (vgl. Urteil des BFH vom 9.8. 1991 III R 41/88, BFHE 166, 1, BStBl II 1992, 219).
2. Ebensowenig klärungsbedürftig ist die Anwendbarkeit von § 68 FGO auf steuerherabsetzende Änderungsbescheide.
Normenkette
AO § 165 Abs. 1; FGO §§ 68, 115 Abs. 2 Nr. 1
Gründe
Die Beschwerde legt die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dar (§ 115 Abs. 2 Nr.1, Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Beide von der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen sind höchstrichterlich entschieden, ohne daß die Kläger und Beschwerdeführer dartun, aus welchen Gründen die Rechtsfragen im allgemeinen Interesse gleichwohl klärungsbedürftig geblieben oder erneut geworden sein sollen (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 3. Januar 1992 II B 64/91, BFH/NV 1992, 676).
Der BFH hat die Frage, ob ein selbständiger Änderungsbescheid vorliegt, wenn ein Einkommensteuerbescheid durch Beifügen eines Vorläufigkeitsvermerkes (§ 165 der Abgabenordnung - AO 1977 -) ,,ergänzt" wird und im übrigen die Wiederholung der unverändert übernommenen Angaben aus dem geänderten Bescheid durch eine entsprechende Bezugnahme ersetzt wird, durch Urteil vom 9. August 1991 III R 41/88 (BFHE 166, 1, BStBl II 1992, 219) für eine dem Streitfall vergleichbare Fallgestaltung bereits geklärt (vgl. ferner das Urteil vom 24. Mai 1991 III R 105/89, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz 1975, § 26, Rechtsspruch 18).
Ebensowenig ist erkennbar, inwieweit die nur die Änderungsbescheide für 1983 und 1984 betreffende Rechtsfrage, ob § 68 FGO auch auf die steuerherabsetzenden Änderungsbescheide anwendbar ist, noch klärungsbedürftig sein soll.
Der Große Senat hat im Beschluß vom 25. Oktober 1972 GrS 1/72 (BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231) das Verhältnis zwischen ursprünglichem und änderndem Steuerbescheid generell in der Weise definiert, daß der Erstbescheid für die Dauer der Wirksamkeit des Änderungsbescheides - in vollem Umfang - keine Rechtswirkungen entfaltet. Der Änderungsbescheid nimmt den Rechtsinhalt des ursprünglichen Verwaltungsakts in sich auf (vgl. auch zur Funktion des § 68 FGO, BFH-Urteil vom 17. April 1991 II R 142/87, BFHE 164, 11, BStBl II 1991, 527).
In Anwendung dieser Grundsätze unterscheidet die Rechtsprechung bei Steuerbescheiden nicht, ob die Steuer im Änderungsbescheid herauf- oder herabgesetzt wird, sondern geht uneingeschränkt von den Grundsätzen des Großen Senats aus (vgl. etwa BFH-Beschluß vom 29. September 1988 X B 166/87, BFH/NV 1989, 380; Urteil vom 18. Dezember 1991 XI R 1/89, BFH/NV 1992, 675).
Der im Gegensatz hierzu von Tipke/Kruse (Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., § 68 FGO Tz.8) verfochtenen Konzeption ist die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung nicht gefolgt.
Für den Streitfall kann die Rechtsfrage auch nicht deshalb klärungsbedürftig werden, weil das Verhältnis zwischen ursprünglichem und die Haftsumme herabsetzendem ändernden Haftungsbescheid in der Rechtsprechung möglicherweise unterschiedlich gewürdigt wird. Die Korrektur von Steuerbescheiden und Haftungsbescheiden richtet sich nach Inkrafttreten der AO 1977 nach unterschiedlichen Rechtsgrundlagen (BFH-Urteil vom 11.Dezember 1984 VIII R 131/76, BFHE 142, 549, BStBl II 1985, 354). Eine differenzierende Beurteilung bei den Haftungsbescheiden hat damit keine zwangsläufige Rückwirkung auf Steuerbescheide. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (Art. 1 Nr.6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstellen