Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Wirkungen einer falschen Rechtsmittelbelehrung durch das Finanzgericht
Leitsatz (NV)
Eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung, nach deren Inhalt ein Rechtsmittel zulässig wäre, hat gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 i. V. mit Abs. 1 Satz 2 FGO zur Folge, daß das Rechtsmittel noch innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe des Urteils eingelegt werden kann.
Normenkette
FGO § 55 Abs. 1-2; GKG § 8
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) gegen den Umsatzsteuerbescheid 1983 vom 29. August 1985 in Form der Einspruchsentscheidung vom 2. Dezember 1985 durch Urteil vom 20. Juni 1986 als unzulässig abgewiesen. Den Streitwert hat das FG auf 16 319 DM festgestellt. In der Rechtsmittelbelehrung des Urteils wird u. a. ausgeführt, daß den Beteiligten die Revision zustehe, wenn der Wert des Streitgegenstands der Revision 10 000/1 000 Deutsche Mark übersteige.
Mit Schriftsatz vom 28. Juli 1986 hat die Klägerin gegen das Urteil des FG . . . vom 20. Juni 1986 Revision eingelegt. Nach einem Hinweis durch den Berichterstatter des erkennenden Senats, daß die Revision nur stattfinde, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof (BFH) sie zugelassen habe oder wenn der Fall einer nach § 116 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulassungsfreien Revision vorliege, erhob die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde. Diese ist mit Beschluß vom heutigen Tag als unbegründet zurückgewiesen worden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig und durch Beschluß zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO).
Abweichend von § 115 Abs. 1 FGO findet die Revision seit dem Inkrafttreten der Änderung des Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861) durch Art. 2 des am 17. Juli 1985 in Kraft getretenen Gesetzes vom 4. Juli 1985 (BGBl I 1985, 1274) nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der BFH sie zugelassen hat oder wenn der Fall einer nach § 116 FGO zulassungsfreien Revision vorliegt. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Revision ist auch nicht deshalb statthaft, weil die Rechtsmittelbelehrung des finanzgerichtlichen Urteils unrichtig war, da sie entgegen der oben dargestellten Rechtslage die Möglichkeit der Streitwertrevision vorsah. Eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung, nach deren Inhalt ein Rechtsmittel zulässig wäre, kann nicht zur Folge haben, ein nach dem Gesetz unzulässiges Rechtsmittel als zulässig zu behandeln (BFH-Urteil vom 3. September 1964 II 106/64, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1965, 73). Als einzige Rechtsfolge einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung sieht § 55 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 FGO vor, daß die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels nicht zu laufen beginnt, denn das Rechtsmittel kann hiernach noch innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe des Urteils eingelegt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
Gemäß § 8 des Gerichtskostengesetzes (GKG) wird von der Erhebung von Gerichtskosten abgesehen. Obwohl gegen das Urteil des FG mit Ausnahme der zulassungsfreien Revision nach § 116 FGO keine Revision an den BFH zulässig war, fügte das FG dem Urteil eine Rechtsmittelbelehrung an, die den Eindruck erwecken konnte, als sei die Streitwertrevision zulässig. Sie belehrte die von dem Urteil Betroffenen nicht mit der notwendigen Klarheit über die Zulässigkeit eines Rechtsmittels. Unter diesen Umständen beruhte die Einlegung der Revision durch die Klägerin auf unverschuldeter Unkenntnis der rechtlichen Verhältnisse.
Fundstellen