Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen eines Steuerberaters für betriebsfremde Zwecke keine Betriebsausgaben
Leitsatz (NV)
Kauft ein Steuerberater eine Bäckereieinrichtung, um sie an einen zukünftigen Mandanten weiterzuveräußern, so ist der Anschaffungsvorgang nicht betrieblich veranlaßt.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist ein selbständiger Steuerberater. Anläßlich einer im Jahre 1978 durchgeführten Betriebsprüfung für die Veranlagungszeiträume 1972 bis 1975 wurde festgestellt, daß der Kläger im Jahre 1974 von einem Bäckermeister Einrichtungsgegenstände aus dessen bis dahin betriebener Bäckerei (Ladentheke, Kühltheke, Kühlmaschine u. ä.) unter Entrichtung eines Kaufpreises von 7 770 DM (7 000 DM zuzügl. 770 DM gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer) erworben hatte. Der Kläger veräußerte diese Gegenstände am Ankaufstage weiter an einen S zum Preise von 8 880 DM (8 000 DM zuzügl. 880 DM Umsatzsteuer) und gewährte dem S Ratenzahlung. Gleichzeitig schloß er mit S einen Beratungsvertrag ab. S zahlte in der Folgezeit nur einen Teil des Kaufpreises (rund 1 300 DM); die Restforderung des Klägers fiel aus.
Der Kläger, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt, behandelte den von ihm an den Bäckermeister gezahlten Kaufpreis von 7 700 DM als im Jahre 1974 angefallene Betriebsausgaben. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) verneinte demgegenüber die betriebliche Veranlassung dieses Geschäfts und erhöhte den Gewinn entsprechend.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.
Das FG hat durch Beschluß vom 11. Januar 1983 die Revision zugelassen; mit dieser macht das FA geltend, die Aufwendungen des Klägers zum Erwerb einer Bäckereineinrichtung mit dem Ziele ihrer Weiterveräußerung sei der freiberuflichen Tätigkeit eines Steuerberaters wesensfremd und nach der bisherigen Spruchpraxis des Bundesfinanzhofs (BFH) als nicht betrieblich veranlaßt zu beurteilen.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision. Er ist der Auffassung, seine Einschaltung in das Geschäft habe seine Tätigkeit als Steuerberater gefördert, da er einem Mandanten bei der Existenzgründung finanziell geholfen habe. Im übrigen sei die von der Rechtsprechung bei Freiberuflern vorgenommene Anknüpfung an das Berufsrecht sachfremd; sie verstoße auch gegen die Gleichmäßigkeit der Besteuerung.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Die Vorentscheidung wird maßgeblich von der Überlegung getragen, der Ankauf der Bäckereieinrichtung sei objektiv geeignet gewesen, die berufliche Tätigkeit des Klägers als Steuerberater zu fördern und deswegen als betrieblich veranlaßt anzusehen. Diesem Auslegungsverständnis zur betrieblichen Veranlassung von Anschaffungskosten im Rahmen freiberuflicher Einkünfte kann nicht beigetreten werden.
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH, daß bei einem Angehörigen eines freien Berufes, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, Anschaffungskosten ebenso wie andere Aufwendungen im Regelfall dann nicht betrieblich veranlaßt sind, wenn sie nicht in den Rahmen der berufstypischen Geschäfte fallen (vgl. Urteile vom 22. Januar 1981 IV R 107/77, BFHE 133, 168, BStBl II 1981, 564; vom 15. Oktober 1984 IV R 77/76, BFHE 135, 175, BStBl II 1982, 340, und vom 23. Mai 1985 IV R 198/83, BFHE 144, 53, BStBl II 1985, 517). Mit dieser Abgrenzung wird dem Umstand Rechnung getragen, daß grundsätzlich nur bei den üblicherweise mit der Ausübung eines freien Berufs verbundenen Geschäftsvorfällen die Voraussetzungen eines betrieblichen Vorganges angenommen werden können. Soweit jedenfalls Berufsbild und Berufsausübung freier Berufe gesetzlich geregelt sind, ist davon auszugehen, daß das Steuerrecht der damit vorgegebenen Vorstellung von Wesen und Grenzen freier Berufstätigkeit folgt. Dieses Auslegungsverständnis verletzt entgegen der Auffassung des Klägers den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht.
2. Der Ankauf von Betriebseinrichtungsgegenständen eines Handwerksbetriebs zwecks Weiterveräußerung an einen zukünftigen Mandanten durch einen Steuerberater fällt nicht in den Bereich seiner berufstypischen Betätigung. Es bedarf keiner näheren Erläuterung, daß derartige Anschaffungsgeschäfte für den Betrieb einer Steuerberatungskanzlei selbst weder typisch noch notwendig sind.
Das Vorbringen des Klägers, er habe angesichts seiner erst im Aufbau befindlichen Kanzlei mit dem Ankauf der Einrichtungsgegenstände und dem nachfolgenden Verkauf gegen Ratenzahlung einen neuen Mandanten werben wollen, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Ob ein Anschaffungsvorgang als betrieblich veranlaßt beurteilt werden kann, richtet sich nicht nach den Motiven, die zur Anschaffung bewogen haben. Entscheidend ist vielmehr, ob der Gegenstand der Anschaffung der Steuerberatungstätigkeit selbst unmittelbar gedient hätte oder ihr förderlich gewesen wäre (vgl. Entscheidung in BFHE 133, 168, BStBl II 1981, 564). Das ist vorliegend schon deswegen zu verneinen, weil Ankauf und Weitergabe der Betriebseinrichtungsgegenstände an den zukünftigen Mandanten für sich betrachtet weder dem Betrieb der Steuerberatungskanzlei unmittelbar dienten noch diesen förderten. Die Ankaufstätigkeit des Klägers konnte sich allenfalls mittelbar für ihn günstig auswirken, indem sie den ins Auge gefaßten Mandanten zur Erteilung eines Mandates geneigt machte. Diese Erwartungshaltung ist kein hinreichender Grund, die vom Kläger angeschafften Betriebseinrichtungsgegenstände als Betriebsvermögen einzustufen.
3. Die Vorentscheidung, die auf anderen Überlegungen ruht, war demnach aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Kläger kann die Aufwendungen für den Ankauf der Bäckereibetriebseinrichtung in Höhe von insgesamt 7 770 DM nicht als Betriebsausgaben i. S. des § 4 Abs. 4 EStG abziehen. Die Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 1974 (Sammelberichtigungsbescheid vom 17. November 1978), dem diese Rechtsauffassung zugrunde liegt, war demnach abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 423410 |
BFH/NV 1987, 708 |