Entscheidungsstichwort (Thema)
Glaubhaftmachung bei Antrag auf Terminsverlegung
Leitsatz (NV)
Das Gebot der strengen Prüfung kurzfristig vor dem Termin gestellter Verlegungsgesuche erfordert auch eine sofortige Glaubhaftmachung des substantiierten Antrags, wenn der Zeitraum bis zum Termin für ein Nachweisverlangen des Vorsitzenden nach § 227 Abs. 3 nicht ausreicht (Abgrenzung zum BFH-Beschluß vom 29. Juni 1992 V B 9/91, BFH/NV 1993, 180).
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 155; ZPO § 227 Abs. 1, 3
Gründe
Das rechtliche Gehör des Klägers und Beschwerdeführers - Kläger - (Art.103 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -, § 76 Abs. 1 Satz 2, § 96 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) ist nicht dadurch verletzt worden, daß das Finanzgericht (FG) die beantragte Terminsverlegung abgelehnt hat (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. November 1976 II R 28/76, BFHE 121, 132, BStBl II 1977, 293; Gräber/Koch,Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 91 Rdnr.8). Das FG brauchte den Termin zur mündlichen Verhandlung (§ 91 Abs. 1 FGO) nicht aufzuheben oder zu verlegen (§ 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung - ZPO -), weil der Kläger dafür notwendige erhebliche Gründe vor dem anberaumten Termin weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht hat (§ 227 Abs. 3 FGO).
Zu Recht hat das FG die unsubstantiiert behauptete andere Verhandlung nicht als erheblichen Grund für eine Terminsverlegung angesehen.
Welche Gründe als erheblich i.S. von § 227 Abs. 1 ZPO anzusehen sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wofür u.a. die persönlichen Verhältnisse der Beteiligten, der Prozeßstoff und der Umstand maßgebend sind, daß es im Steuerrecht nur eine Tatsacheninstanz gibt (BFH-Beschluß vom 7. Dezember 1990 III B 102/90, BFHE 163, 115, BStBl II 1991, 240). Wird das Gesuch mit einem gleichzeitigen Termin in anderer Sache begründet, so hat das FG zu entscheiden, welche Sache vorrangig ist. Dies ist im allgemeinen die Sache, die zuerst geladen wurde, im übrigen aber bedarf es der Abwägung, welcher Termin leichter zu verlegen ist. Zwar soll dabei regelmäßig dem Beweistermin auch dann Vorrang vor einem schlichten Verhandlungstermin zukommen, wenn letzterer bei einem höheren Gericht stattfindet (Zöller/Stephan, Zivilprozeßordnung, 17. Aufl., 1991, § 227 Rdnr.6). Diese Umstände sind jedoch in überprüfbarer Weise darzulegen und auf Verlangen des Vorsitzenden glaubhaft zu machen (§ 227 Abs. 3 ZPO). Dabei ist weiter zu berücksichtigen, daß der Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung und die Gefahr der Verschleppung des Verfahrens eine besonders strenge Prüfung solcher Verlegungsgesuche gebietet, die kurzfristig vor dem Termin gestellt werden (Zöller/Stephan, a.a.O., § 227 Rdnr.7).
Das Gesuch des Klägers genügt diesen Anforderungen nicht. Das FG konnte es daher als unsubstantiiert aber auch mangels Glaubhaftmachung erheblicher Gründe zurückweisen. Allerdings hat der V.Senat des BFH entschieden, daß das Gericht in seinem Urteil den Verlegungsantrag nicht mit dieser Begründung zurückweisen darf, wenn der Vorsitzende nicht gemäß § 227 Abs. 3 ZPO die Glaubhaftmachung des vorgetragenen Verlegungsgrundes verlangt hat (BFH-Beschluß vom 29. Juni 1992 V B 9/91, BFH/NV 1993, 180). Ob dies auch für den Fall eines Verlegungsgesuchs zutrifft, das mit einer Terminskollision begründet wird und durch Übersendung einer Kopie der Ladung zu dem anderen Termin ohne Schwierigkeiten glaubhaft zu machen ist, kann dahinstehen. Jedenfalls träfen diese Erwägungen nur zu, wenn der Kläger den Verlegungsantrag sogleich nach Empfang der Terminsladungen (des FG vom 15. und des Amtsgerichts vom 21. April 1992) gestellt hätte. Die dargelegte Notwendigkeit einer besonders strengen Prüfung kurzfristiger Verlegungsgesuche erfordert nach Auffassung des Senats jedoch dann zugleich auch eine Glaubhaftmachung des substantiierten Antrags, wenn der Zeitraum bis zur mündlichen Verhandlung für eine Maßnahme gemäß § 227 Abs. 3 ZPO nicht ausreicht.
Fundstellen
Haufe-Index 418898 |
BFH/NV 1993, 483 |