Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenentscheidung bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen bei dem Klagebegehren nicht vollständig abhelfendem Bescheid; ausschließliche Zuständigkeit des FG für Entscheidungen nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO
Leitsatz (NV)
- Eine Kostenentscheidung nach § 138 Abs. 2 FGO kommt nur in Betracht, wenn der Rechtsstreit dadurch erledigt wird, dass dem Antrag des Steuerpflichtigen durch Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes in vollem Umfang stattgegeben wird.
- Bleibt ein Abhilfebescheid auch nur mit einem geringen Betrag hinter dem Klageantrag zurück und beruht dies zudem auf einer zu Ungunsten des Klägers vorgenommenen Korrektur eines in dem ursprünglichen Bescheid der Finanzbehörde unterlaufenen Rechenfehlers, so entspricht es jedoch billigem Ermessen, unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes die Kosten für das Verfahren insgesamt dem Finanzamt aufzuerlegen.
- Ein Antrag, die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist im Revisionsverfahren unzulässig. Ausschließlich zuständig für diese Entscheidung ist das Finanzgericht.
Normenkette
FGO § 138 Abs. 1, 2 S. 1, § 136 Abs. 1 S. 3, § 139 Abs. 3 S. 3
Tatbestand
1. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) hatte die ursprünglich auf … DM festgesetzte Investitionszulage für 1993 mit gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geändertem Bescheid auf … DM herabgesetzt und den Differenzbetrag verzinslich zurückgefordert. Die auf die Aufhebung des Änderungsbescheides und der Einspruchsentscheidung gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab. Während des Revisionsverfahrens entsprach das FA dem Begehren der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) im Wesentlichen und setzte die Investitionszulage für 1993 auf … DM fest. Zur Erläuterung wies das FA darauf hin, bei der Berechnung der Investitionszulage im ursprünglichen Bescheid sei ihm zugunsten der Klägerin ein Rechenfehler in Höhe von 1 000 DM unterlaufen.
Entscheidungsgründe
2. Nachdem die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das angefochtene Urteil einschließlich der darin enthaltenen Kostenentscheidung gegenstandslos geworden. Der Senat hat nunmehr nur noch über die Kosten des Gesamtverfahrens zu entscheiden.
a) Rechtsgrundlage für die Kostenentscheidung ist § 138 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Eine Kostenentscheidung nach § 138 Abs. 2 FGO setzt voraus, dass der Rechtsstreit dadurch erledigt worden ist, dass dem Antrag des Steuerpflichtigen durch Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes stattgegeben wird. Das FA hat indes dem Klageantrag nicht in vollem Umfang entsprochen (Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 8. Oktober 1992 III R 64/88, BFH/NV 1993, 188, 189).
b) Es entspricht billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes, die Kosten für das gesamte Verfahren insgesamt dem FA aufzuerlegen, weil das FA der Sache nach dem Begehren der Klägerin in vollem Umfang entsprochen hat. Soweit die festgesetzte Investitionszulage hinter dem Antrag der Klägerin zurückbleibt, handelt es sich zum einen lediglich um einen geringen Betrag (vgl. § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO, sowie BFH-Beschluss vom 24. Mai 1993 V B 33/93, BFH/NV 1994, 133), zum anderen beruht die gegenüber dem Antrag abweichende Festsetzung nur darauf, dass das FA einen ―ihm in der ursprünglichen Festsetzung unterlaufenen― Rechenfehler korrigiert hat.
3. Der Antrag, die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO), ist im Revisionsverfahren unzulässig. Die Entscheidung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren; zuständig ist deshalb das Gericht des ersten Rechtszugs, im Streitfall das FG (vgl. BFH-Urteil vom 28. März 2000 VIII R 68/96, BFHE 191, 505, 517, m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 1067341 |
BFH/NV 2004, 75 |