Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei Gewinnfeststellung
Leitsatz (NV)
Der Streitwert kann abweichend vom Regelfall auf 50 v.H. der streitigen Beträge geschätzt werden, wenn bei einer zweigliedrigen Gesellschaft um jährliche Minderungen des laufenden Gewinns von 336 000 DM bzw. 295 000 DM gestritten wird. Maßgeblich ist der Steuerbetrag, um den unmittelbar gestritten wird; künftige Auswirkungen der Entscheidung sind weder ein- noch gegenzurechnen.
Normenkette
GKG §§ 13, 14 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
I. Die Kläger, Beschwerdeführer und Erinnerungsführer (Erinnerungsführer) hatten in erster Instanz beantragt, gewinnmindernde Rücklagen gemäß § 7g Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder § 6 des Gesetzes über Sonderabschreibungen und Abzugsbeträge im Fördergebiet (Fördergebietsgesetz --FördG--) von 336 590 DM für 1993 und 295 283,68 DM für 1994 anzuerkennen. Die angeblich geplanten Investitionen im Umfang von 673 180 DM waren nicht durchgeführt worden. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen und den Streitwert auf 4 000 € festgesetzt. Zur Begründung der Streitwertentscheidung hat es ausgeführt, den Erinnerungsführern sei es lediglich um Liquiditätsvorteile gegangen. Es habe festgestanden, dass die eventuell zu bildenden Rücklagen gewinnerhöhend wieder hätten aufgelöst werden müssen. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Erinnerungsführer hat der Bundesfinanzhof (BFH) durch Beschluss vom 24. Mai 2005 VIII B 308/03 (BFH/NV 2005, 1787) zurückgewiesen.
Die Kostenstelle des BFH hat für das Beschwerdeverfahren eine Gebühr von 2 912 € nach einem Streitwert von 194 447 € festgesetzt. Für das Verfahren wegen einheitlicher und gesonderter Gewinnfeststellung hat der Kostenbeamte den Streitwert auf 50 v.H. der in den Streitjahren jeweils beantragten Rücklagen geschätzt; für das Verfahren wegen Gewerbesteuer hat er den Streitwert für 1993 in Höhe von 5 v.H. des streitigen Gewerbeertrags bei einem Hebesatz von 300 v.H. und für 1994 nach dem konkret erstrebten Steuervorteil bestimmt. Bei Erfolg der Klage wäre Gewerbesteuer in diesem Jahr nicht angefallen.
Mit der Erinnerung erheben die Erinnerungsführer Einwendungen gegen die Höhe des Streitwerts. Nach ihren Berechnungen hätten sich im Erfolgsfall steuerliche Auswirkungen von lediglich 44 202,89 € ergeben. Sie meinen, der Streitwert sei nach einem Zehntel dieses Werts zu bestimmen, denn mit der Klage hätten sie nur einen Zinsvorteil erstrebt. Es sei ihnen nur um die zeitliche Verschiebung einer dem Grunde nach anerkannten Steuerschuld gegangen.
Die Erinnerungsführer beantragen sinngemäß,
die Kostenrechnung unter Zugrundlegung eines Streitwerts von 4 420,29 € abzuändern.
Die Vertreterin der Staatskasse (Erinnerungsgegnerin) beantragt,
die Erinnerung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Erinnerung ist nicht begründet. Der Kostenbeamte hat den Streitwert zutreffend ermittelt.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision bestimmt sich nach dem Wert des Revisionsverfahrens (vgl. § 14 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes --GKG-- a.F.). Dieser entspricht dem Streitwert des Verfahrens in erster Instanz (§ 14 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. i.V.m. § 13 GKG a.F.), sofern die Klage --wie im Streitfall-- vollständig abgewiesen worden ist und die klagende Partei für das Revisionsverfahren eine Einschränkung ihrer Anträge nicht deutlich gemacht hat (z.B. BFH-Beschluss vom 20. März 2003 IX E 3/03, BFH/NV 2003, 936). An eine abweichende Festsetzung des Streitwerts durch das FG ist der BFH für das Rechtsmittelverfahren nicht gebunden (vgl. BFH-Beschluss vom 26. November 2002 IV E 2/02, BFH/NV 2003, 338, m.w.N.).
Im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung ist der Streitwert nach den vermutlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen bei den Feststellungsbeteiligten zu schätzen. In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass die einkommensteuerlichen Auswirkungen grundsätzlich 25 v.H. des streitigen Gewinns oder Verlusts betragen. Der Ansatz eines höheren oder niedrigeren Prozentsatzes kommt jedoch in Betracht, wenn ohne besondere Ermittlungen erkennbar ist, dass der Pauschalsatz von 25 v.H. den tatsächlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen nicht gerecht wird (z.B. BFH-Beschluss vom 5. November 1997 VIII E 3/97, BFH/NV 1998, 621; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 5. Aufl., Vor § 135 Rz. 35 "Einheitliche Gewinnfeststellung"; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, Vor § 135 FGO Tz. 199). So liegt der Streitfall. Bei begehrten Änderungen des laufenden Gewinns von 336 000 DM und 295 000 DM und zwei Gesellschaftern ist es nicht zu beanstanden, dass der Kostenbeamte hierfür einen Streitwert in Höhe von 50 v.H. des streitigen Betrags angenommen hat.
Für die Bemessung des Streitwerts ist der Steuerbetrag maßgeblich, um den unmittelbar gestritten wird; künftige Auswirkungen der Entscheidung sind weder ein- noch gegenzurechnen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 16. Januar 1985 IX R 97/84, BFH/NV 1986, 173, und vom 22. September 1999 IV E 3/99, BFH/NV 2000, 334, m.w.N.). Deshalb kann im Streitfall auch nicht berücksichtigt werden, dass nach Auffassung der Erinnerungsführer die 1993 zu bildende Rücklage schon 1994 wieder hätte aufgelöst werden müssen. Der Gesamtstreitwert setzt sich zusammen aus den für die einzelnen Jahre jeweils bestimmten Teilstreitwerten.
Ohne Erfolg berufen sich die Erinnerungsführer auch auf die Rechtsprechung, wonach der Streitwert geringer zu bemessen ist, wenn lediglich wegen eines Liquiditäts- und Zinsvorteils um die Verschiebung der Fälligkeit einer dem Grunde und der Höhe nach anerkannten Steuerschuld gestritten wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom 14. Dezember 1970 IV B 87/70, BFHE 101, 41, BStBl II 1971, 206; vom 25. Februar 1991 V E 5/90, BFH/NV 1992, 127, und vom 12. August 1994 V E 1/94, BFH/NV 1995, 428). So liegt der Streitfall nicht. Welche steuerlichen Auswirkungen sich dem Grunde und der Höhe nach in den Jahren ergeben hätten, in denen die Rücklagen hätten aufgelöst werden müssen, ist entgegen der Annahme des FG ungewiss.
Der Streitwert wegen der angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide ist ebenfalls zutreffend ermittelt.
Gerichtsgebühren werden nicht erhoben (§ 5 Abs. 6 Satz 1 GKG a.F.).
Fundstellen