Entscheidungsstichwort (Thema)
Rüge der Verletzung der Amtsermittlungspflicht
Leitsatz (NV)
Eine mangelhafte Sachaufklärung durch das FG liegt nur dann vor und kann auch nur dann schlüssig als Verfahrensfehler gerügt werden, wenn das Gericht Tatsachen oder Beweismittel außer acht läßt, denen es nach Lage der Akten hätte nachgehen müssen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn sie in das Verfahren eingeführt waren. Denn das Gericht kann davon ausgehen, daß die Beteiligten selbst auf die Wahrung ihrer Interessen bedacht sind und deshalb die erforderlichen Tatsachen und Beweismittel in das Verfahren einbringen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat die geltend gemachten Verfahrensmängel nicht in der von §115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geforderten Weise bezeichnet.
1. Wird -- wie im Streitfall -- eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht mit der Begründung geltend gemacht, das Finanzgericht (FG) hätte auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, so sind insbesondere die unaufgeklärt gebliebenen, aber aufklärungsbedürftigen Tatsachen und die Umstände zu benennen, aus denen sich dem FG eine Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen; außerdem ist das vermutliche Beweisergebnis anzugeben sowie dessen Einfluß auf den Verfahrensausgang zu beschreiben (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 4. Februar 1991 V B 94/89, BFH/NV 1992, 668). Die betreffende Rüge ist deshalb überhaupt nur dann schlüssig begründet, wenn der Beschwerdeführer darlegt, weshalb auch ohne entsprechenden Antrag der Verfahrensbeteiligten eine weitere Sachverhaltsermittlung von Amts wegen notwendig gewesen wäre (vgl. BFH- Beschluß vom 23. April 1992 II B 174/91, BFH/NV 1993, 243). Denn das FG hat zwar den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§76 Abs. 1 Satz 1 FGO), ohne an das Vorbringen und an Beweisanträge der Verfahrensbeteiligten gebunden zu sein; eine mangelhafte Sachaufklärung durch das FG liegt aber nur dann vor und kann auch nur dann schlüssig als Verfahrensfehler gerügt werden, wenn das Gericht Tatsachen oder Beweismittel außer acht läßt, denen es nach Lage der Akten hätte nachgehen müssen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn sie in das Verfahren eingeführt waren. Denn das FG kann davon ausgehen, daß die Beteiligten selbst auf die Wahrung ihrer Interessen bedacht sind und deshalb die erforderlichen Tatsachen und Beweismittel in das Verfahren einbringen (vgl. BFH-Urteil vom 6. Februar 1991 II R 87/88, BFHE 163, 471, BStBl II 1991, 459, Abschn. II Nr. 2 b der Entscheidungsgründe, m.w.N.).
Diesen Anforderungen wird die hier zu beurteilende Rüge der Klägerin nicht gerecht.
a) Das FG hat, ausgehend von seiner Rechtsauffassung, daß die sog. Beschäftigungszulage nach §4b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1982 auch dann gewährt werden kann, wenn ein Steuerpflichtiger in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1982 mit den Bauarbeiten ohne die erforderliche Baugenehmigung begonnen hat (vgl. BFH-Urteil vom 23. Mai 1990 III R 44/87, BFHE 162, 168, BStBl II 1990, 1037), anhand der beigebrachten und mit den Beteiligten erörterten Dokumente den Nachweis des Beginns der Herstellungsarbeiten für das ... haus und das Café während des Begünstigungszeitraums für nicht erbracht angesehen. Es hat dabei insbesondere aus den Rechnungen und Schreiben der A-Bau GmbH (Bau-GmbH) sowie aus dem Schreiben des Architekten vom 10. April 1991 keinen Hinweis darauf entnommen, daß mit den mieterspezifischen Baumaßnahmen der Klägerin noch vor Ablauf des Jahres 1982 begonnen worden sei.
Die Klägerin hat es nun unterlassen darzulegen, warum das FG bei dieser Sachlage auch ohne entsprechenden Antrag der Beteiligten etwa die Vernehmung des (bauleitenden) Architekten oder die Beiziehung der nicht zu den Akten gereichten Baubeginnanzeige notwendig hätte veranlassen müssen. Dazu hätte auch deswegen Anlaß bestanden, weil der genannte Architekt in dem von der Klägerin beigebrachten Schreiben vom 10. April 1991 mitgeteilt hatte, daß sich die Baubesprechungen, bei denen auch Aufträge an die Bau-GmbH vergeben worden seien, bis Mitte Dezember 1982, also bis an das Ende des Begünstigungszeitraums, erstreckt hätten. Außerdem sind diese Aufträge nicht näher bezeichnet worden; in dem Schreiben ist lediglich von "Aufträgen im Bezug auf mieterspezifische bauliche Erfordernisse" die Rede.
Im übrigen hat die Klägerin nicht dargelegt, daß das angefochtene Urteil ohne den geltend gemachten Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre (vgl. BFH-Beschluß vom 13. März 1995 XI B 160/94, BFH/NV 1995, 817). Das in der Beschwerdeschrift dargestellte zu erwartende Ergebnis einer Zeugeneinvernahme des Architekten läßt nicht erkennen, inwiefern dies auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können. Denn darin ist -- auch jetzt noch -- keine Aussage darüber enthalten, mit welchen konkret bezeichneten Ausbauten (vgl. §5 Abs. 3 Satz 4 InvZulG 1982) noch im Begünstigungszeitraum 1982 begonnen worden sein soll.
Auch soweit die Klägerin geltend macht, Sonderwünsche seien bereits während der Rohbauphase des Gesamtkomplexes "B- Center" in Auftrag gegeben worden, ist sie jede Spezifizierung schuldig geblieben. Entsprechende Aufwendungen sind im Gegenteil nicht einmal in den von ihr selbt genannten Aufwendungen für das hier in erster Linie in Betracht kommende Café enthalten.
b) Weiter ist auch die Rüge, das FG hätte von sich aus ein Sachverständigengutachten zur Beurteilung der Identität von bestellten und gelieferten Geldspiel- und anderen Geräten einholen müssen, nicht substantiiert. Aus den insoweit gemachten Ausführungen wird nicht deutlich, aufgrund welcher besonderen Umstände, etwa aufgrund welcher fehlenden eigenen Sachkenntnis, das Gericht sich dazu hätte verpflichtet sehen müssen und weshalb sich bei einem entsprechenden Vorgehen ein für die Klägerin günstigerer Verfahrensausgang hätte ergeben können.
2. Soweit die Klägerin geltend macht, von der Entscheidung des FG überrascht worden zu sein, weil das Gericht nicht darauf hingewiesen habe, daß es die von der Berichterstatterin im Erörterungstermin geäußerte (und auch protokollierte) Auffassung nicht teile, ist ihr eigener Vortrag in sich widersprüchlich.
Im Schriftsatz vom 30. Mai 1997 hat die Klägerin -- auf Vorhalt des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt) in dessen Schriftsatz vom 20. März 1997 -- nämlich eingeräumt, daß ihr damaliger Prozeßbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vor dem FG erkannt habe, daß sich die Meinung der Berichterstatterin im Senat möglicherweise nicht durchsetzen werde. Ihm sei auch Gelegenheit gegeben worden, sich zu dem betreffenden Komplex zu äußern.
Damit fehlt es auch insoweit bereits an einer schlüssigen Rüge der -- hier in Betracht kommenden -- Verletzung der Hinweispflicht (§76 Abs. 2 FGO) sowie des Rechts auf Gehör (§96 Abs. 2 FGO).
3. Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Angabe von Gründen.
Fundstellen
Haufe-Index 67516 |
BFH/NV 1998, 1233 |