Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensmängel; Willkürentscheidung
Leitsatz (NV)
1. Bei der Prüfung eines Verfahrensmangels ist auf die materiell-rechtliche Beurteilung des FG abzustellen.
2. Die Nichterhebung eines angebotenen Beweises ist nur dann ein Verfahrensmangel, wenn das voraussichtliche Beweisergebnis nach der materiell-rechtlichen Auffassung des FG entscheidungserheblich sein kann.
3. Der Zulassungsgrund einer “Willkürentscheidung” i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO wird durch den bloßen Hinweis auf (nach Ansicht der Kläger) erhebliche Rechtsfehler des FG nicht dargelegt.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, § 96 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben.
1. Die Kläger machen zu Unrecht als Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend, das Finanzgericht (FG) habe den Sachverhalt nur mangelhaft erfasst und entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag übergangen (Verletzung von § 76 Abs. 1 FGO und § 96 Abs. 1 FGO). Im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass ein Gericht auch denjenigen Akteninhalt in Erwägung gezogen hat, mit dem es sich in den schriftlichen Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich auseinander gesetzt hat (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Februar 2002 IX B 130/01, BFH/NV 2002, 802, m.w.N.). In Übereinstimmung hiermit geht aus der Beschwerdebegründung nicht hervor, dass nach der materiell-rechtlichen Auffassung des FG, auf die für die Prüfung eines Verfahrensmangels abzustellen ist, die Entscheidung auf der (nach Ansicht der Kläger) mangelhaften Erfassung des Sachverhalts, d.h. der Nichtberücksichtigung des von ihnen benannten Akteninhalts beruhen kann (z.B. BFH-Beschluss vom 7. April 2005 V B 39/04, BFH/NV 2005, 1585).
2. Die von den Klägern als Verfahrensfehler gerügte Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) ist nicht gegeben.
a) Das FG hat offen gelassen, ob in den Jahren 1994 und 1995 eine Grundbuchänderung noch nicht möglich war (vgl. Bl. 13 FG-Urteil), weil dies nach seiner Auffassung unerheblich war. Den von den Klägern hierzu angebotenen Beweis brauchte es deshalb nicht erheben. Die Nichterhebung eines angebotenen Beweises ist nur dann ein Verfahrensmangel, wenn das voraussichtliche Beweisergebnis nach der materiell-rechtlichen Auffassung des FG entscheidungserheblich sein kann (z.B. BFH-Beschluss vom 23. März 2005 VI B 137/04, BFH/NV 2005, 1296).
b) Das FG hat auch keine Überraschungsentscheidung getroffen. Die Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung vom 8. September 2005 diente ersichtlich der Feststellung, ob und zu welchem Zeitpunkt die Kläger wirtschaftliches Eigentum begründet hatten.
c) Ausweislich des Protokolls über die Sitzung vom 8. September 2005 hatten die Beteiligten nach der Beweisaufnahme Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme. Mit ihrem Einwand, die Sachverhaltsfeststellung sei ohne ihre Einbeziehung erfolgt, können die (fachkundig beratenen) Kläger schon aus diesem Grunde nicht gehört werden.
3. Soweit die Kläger geltend machen, das FG hätte die anderen Beteiligten beiladen müssen (Bl. 4 der Beschwerdebegründung), fehlt es an der Darlegung, dass nach der insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung des FG ein Verfahrensverstoß vorliegt. Im Übrigen kann die Rüge der Rechtswidrigkeit eines Bescheides nicht zur Zulassung der Revision führen.
4. Der Hinweis der Kläger auf angebliche Subsumtionsfehler des FG (Bl. 6 f. der Beschwerdebegründung) beinhaltet allein die Rüge, das Urteil des FG sei nach ihrer Ansicht materiell-rechtlich fehlerhaft. Mit solchen der Revision vorbehaltenen Angriffen können sie im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht gehört werden (z.B. BFH-Beschluss vom 21. April 2005 IX B 179/04, BFH/NV 2005, 1245).
5. Eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) ist nicht erforderlich (vgl. zu diesem Zulassungsgrund z.B. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz. 40 f., m.w.N.).
a) Die von den Klägern sinngemäß gerügte Divergenz liegt nicht vor. Aus dem von ihnen benannten BFH-Urteil vom 11. März 1992 II R 157/87 (BFHE 167, 174, BStBl II 1992, 543) ergibt sich u.a., dass bürgerlich-rechtlichen Miteigentümern ein Wirtschaftsgut steuerrechtlich nach Bruchteilen zugerechnet wird. Zur für den Streitfall bedeutsamen Frage des Zeitpunkts der Begründung wirtschaftlichen Eigentums enthält das Urteil keine Aussage.
b) Die Kläger machen zu Unrecht geltend, das Urteil des FG enthalte einen schwerwiegenden Fehler von erheblichem Gewicht. Ein solcher liegt nur vor, wenn die Entscheidung des FG greifbar gesetzeswidrig ist oder objektiv willkürlich erscheint. Der bloße Hinweis auf (nach Ansicht der Kläger) erhebliche Rechtsfehler reicht nicht aus (z.B. BFH-Beschluss vom 7. Juli 2005 IX B 13/05, BFH/NV 2005, 2031, m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 1571993 |
BFH/NV 2006, 2105 |