Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines Notanwalts
Leitsatz (NV)
1. Die Beiordnung eines Notanwalts (§ 155 FGO i.V.m. § 78b ZPO) kommt auch im Finanzprozess in Betracht.
2. Der Beiordnungsantrag ist allerdings erfolglos, wenn die Rechtsverfolgung mutwillig oder aussichtslos ist.
Normenkette
FGO § 155; ZPO § 78b
Tatbestand
I. Die Klage des Antragstellers wegen Erlass von Kirchensteuer für das Jahr 2004 war erfolglos (Urteil des Finanzgerichts --FG-- Nürnberg vom 8. November 2007 VI 112/2006). Mit Schreiben vom 28. November 2007 an das FG hat der Antragsteller dargelegt, dass es ihm "nicht gelungen (sei) dafür (Erhebung einer Beschwerde an den Bundesfinanzhof wegen Nichtzulassung der Revision im FG-Urteil) einen Anwalt zu bekommen". Es werden zwei Anwälte (Adresse, Telefonnummer) und die Umstände des Mandatierungsversuchs bzw. die Ablehnungsgründe angeführt. Das Schreiben ist dem Bundesfinanzhof (BFH) "mit der Bitte um Prüfung auf Nichtzulassungsbeschwerde" vorgelegt und dort als Rechtssache I B 214/07 erfasst worden; mit einem Schreiben vom 10. Dezember 2007 wurde auf einen Vertretungszwang (§ 62a der Finanzgerichtsordnung --FGO--) hingewiesen.
Entscheidungsgründe
II. 1. Die Eingabe des Antragstellers ist als Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts gemäß § 155 FGO i.V.m. § 78b der Zivilprozessordnung (ZPO) auszulegen (zur Anwendbarkeit im Finanzprozess s. z.B. BFH-Beschlüsse vom 14. September 1995 VII S 12/95, BFH/NV 1996, 254; vom 26. Februar 2003 X B 171/02, BFH/NV 2003, 813).
2. Im Finanzprozess ist einem Beteiligten nach § 78b Abs. 1 ZPO auf Antrag für das Verfahren vor dem BFH ein Rechtsanwalt zur Wahrnehmung seiner Rechte beizuordnen, wenn er einen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Auch wenn zugunsten des Antragstellers unterstellt wird, dass er glaubhaft macht, dass er zumindest eine gewisse Zahl von zur Vertretung vor dem BFH befugten Personen vergeblich um Übernahme des Mandats ersucht hat, bleibt der Antrag erfolglos, da die Rechtsverfolgung mutwillig oder aussichtslos erscheint.
a) Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (so auf der Grundlage der gesetzlichen Definition in § 114 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F.: Philippi in Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 114 Rz 30). Die Rechtsverfolgung ist aussichtslos, wenn eine Grundlage für einen Erfolg des Rechtsbegehrens nicht erkennbar ist.
b) So liegt der Fall hier. Grundlage der klageabweisenden Entscheidung des FG war der Umstand, dass der Antragsteller sein Erlassbegehren nicht unter Darlegung seiner gesamten Einkommens- und Vermögensverhältnisse begründet hat. Die vom Antragsteller bisher formulierten Einwendungen gegen die Bemessungsgrundlage der Kirchensteuer bei Zufluss von nach § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfreien Einnahmen (§ 51a Abs. 2 Satz 2 EStG) beziehen sich auf die Festsetzung des Kirchensteuerbetrages, nicht auf die Erhebung bzw. sein Erlassbegehren aus persönlichen Gründen. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass --nach einer Beiordnung eines Notanwalts und einer unter Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fristgerechten Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde-- Revisionszulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 FGO erfolgreich vorgetragen werden könnten.
3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Fundstellen