Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachforderung von Eingangsabgaben - Eingangsabgabenvergünstigung für den Zollschuldner bei Vorlage einer Einfuhrlizenz - Bindung der Behörde an Auskünfte
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Nachforderung i.S. von Art.2 NacherhebungsVO gilt mit dem Zugang des Steueränderungsbescheids als erhoben (Art.2 Abs.2 NacherhebungsVO), auch wenn dieser keine Zahlungsaufforderung (Leistungsgebot nach § 254 Abs.1 AO 1977) enthält.
2. Der Zollschuldner kann aufgrund der von ihm vorgelegten Einfuhrlizenz nur dann eine Abgabenvergünstigung erhalten, wenn die Einfuhrlizenz auf seinen Namen lautet.
Orientierungssatz
1. Die Erhebung einer Abschöpfung für eingeführte Waren stellt keinen übertriebenen Formalismus dar und verstößt insoweit nicht gegen den vom EuGH aufgestellten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. EuGH-Urteil vom 24.9.1985 Rs. 181/84), wenn es nicht um die geringfügige Überschreitung einer Nebenpflicht --wie sie die Einhaltung einer Frist darstellt--, sondern darum, daß der Zollschuldner die Voraussetzungen für die Nichterhebung der Abschöpfung in seiner Person überhaupt nicht erfüllt hat.
2. Auskünfte sind im allgemeinen nur dann bindend, wenn ihre Bindungswirkung im Gesetz ausdrücklich vorgeschrieben ist (vgl. BFH-Urteil vom 20.8.1991 VII R 123/89). Dies können verbindliche Zolltarifauskünfte oder Auskünfte im Rahmen des § 204 bis § 207 AO 1977 sein. Eine Bindung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben kann im Rahmen der NacherhebungsVO nur noch unter den Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 2 berücksichtigt werden.
Normenkette
EWGV 1697/79 Art. 2, 4, 5 Abs. 2; EWGV 2144/87 Art. 2 Abs. 1 Buchst. a; EWGV 1031/88 Art. 2 Abs. 1; EWGV 3719/88 Art. 22; EWGV 1854/89 Art. 5-6, 8; AO 1977 § 155 Abs. 1, § 157 Abs. 1 S. 2, §§ 204-207, 254 Abs. 1 S. 2; FGO § 69 Abs. 2-3; UStG 1980 § 21 Abs. 2; ZG § 36 Abs. 3, § 46 Abs. 3
Verfahrensgang
Hessisches FG (Entscheidung vom 14.12.1992; Aktenzeichen 7 V 4794/92) |
Tatbestand
I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) betreibt ein Kühlhaus mit einem ihr vom Antragsgegner und Beschwerdegegner (Hauptzollamt --HZA--) bewilligten offenen Zollager, in dem sie für verschiedene Firmen als Einlagerer Fleischwaren einlagerte. Eine von der Betriebsprüfungsstelle Zoll bei der Antragstellerin durchgeführte Prüfung ergab, daß die Antragstellerin von Mai 1989 bis Dezember 1990 in 13 nunmehr streitgegenständlichen Fällen Fleisch entnommen und als Zollbeteiligte mit Zahlungsanmeldung zum freien Verkehr abgefertigt hat. Für die eingeführten Waren war Abschöpfung zu erheben, soweit nicht aufgrund entsprechender Lizenzen eine begünstigte Einfuhr möglich war.
Die Antragstellerin fügte ihren Zahlungsanmeldungen jeweils entsprechende Lizenzen bei, die jedoch in keinem Fall auf ihren Namen lauteten. Bis auf drei Fälle bestand auch keine Übereinstimmung zwischen den Firmen, für die die Antragstellerin das Fleisch eingelagert hatte, und dem Lizenzinhaber. Die Lagerzollstelle akzeptierte die Handhabung der Antragstellerin und erhob in den in Rede stehenden Fällen keine Abschöpfungsbeträge.
Aufgrund der Prüfungsfeststellungen forderte das HZA mit Steueränderungsbescheid Eingangsabgaben (Abschöpfung und Einfuhrumsatzsteuer) nach; eine Zahlungsaufforderung erließ das HZA zunächst nicht. Erst mit späterem Bescheid forderte das HZA die Antragstellerin zur Zahlung der nachgeforderten Eingangsabgaben auf. Über den Einspruch gegen den Steueränderungsbescheid hat das HZA noch nicht entschieden.
Der an das HZA gerichtete Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung ab Fälligkeit war erfolglos.
Der an das Finanzgericht (FG) gerichtete Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung hatte ebenfalls keinen Erfolg, weil die Vorinstanz an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Steueränderungsbescheides keine ernstlichen Zweifel hatte. Soweit die Antragstellerin sich auf die Verjährung eines Teilbetrags der Abgabenforderung berufe, könne dies nicht durchgreifen, weil der Steueränderungsbescheid den Voraussetzungen der in Art.2 Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr.1697/79 des Rates (NacherhebungsVO) vom 24.Juni 1979 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr.L 197/1) genannten "Mitteilung" entspreche und daher im Zeitpunkt der später ergangenen Zahlungsaufforderung kein Teilbetrag der Abgaben durch den Ablauf der dreijährigen Nacherhebungsfrist erloschen gewesen sei. Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung könne dahingestellt bleiben, ob eine Nacherhebung nach Art.5 Abs.1 und 2 NacherhebungsVO ausgeschlossen sei, weil die Antragstellerin dazu nichts mit der erforderlichen Gewißheit vorgetragen und das Vorliegen der Voraussetzungen nicht glaubhaft gemacht habe. Schließlich sei die Nachforderung auch materiell rechtmäßig, weil derjenige, in dessen Namen die Waren zum freien Verkehr abgefertigt würden, auch Lizenzinhaber sein müsse.
Mit ihrer Beschwerde macht die Antragstellerin geltend, nach Art.2 Abs.2 NacherhebungsVO bedürfe es zwingend zugleich eines Leistungsgebots, weil zur Durchführung der Nachforderung untrennbar auch die tatsächliche Anforderung der Eingangsabgaben gehöre. Es treffe ferner nicht zu, daß kein Sachvortrag der Antragstellerin zum Vorliegen der Voraussetzungen des Art.5 Abs.1 und 2 NacherhebungsVO erfolgt sei; sie verweise hierzu auf die Begründung in ihrem Aussetzungsantrag und die dort genannten Anlagen. Hinsichtlich der Voraussetzungen für ein Absehen von der Nacherhebung nach Art.5 Abs.1 NacherhebungsVO verweise die Antragstellerin darauf, daß sie vor der ersten angeblich falschen Zollabfertigung bei dem HZA vorgesprochen und um Auskunft über die Modalitäten der Lagerabfertigung ersucht habe. In der Folge habe der Lagerbuchhalter und zugleich Abfertigungsbeamte die angeblich falschen Auskünfte erteilt und dementsprechend auch die Zollabfertigungen durchgeführt. Die Voraussetzungen des Art.5 Abs.2 NacherhebungsVO seien gegeben, weil die Nichterhebung der Abgaben auf einen Irrtum der überwachenden Lagerzollstelle des HZA zurückzuführen gewesen sei, der Irrtum von der Antragstellerin wegen der vorherigen Absprache mit dem HZA nicht erkannt werden konnte, die Antragstellerin gutgläubig gehandelt und alle geltenden Bestimmungen hinsichtlich der Zollerklärung beachtet habe. Schließlich treffe es nicht zu, daß der Zollanmelder auch Lizenzinhaber sein müsse. Wenn dies jedoch zutreffe, sei die Zahlungsanmeldung der Antragstellerin lediglich als Formfehler anzusehen, weil nämlich nicht die Antragstellerin, sondern der Lizenzinhaber in den Genuß der Vergünstigungen der Lizenz gekommen sei, die Lizenzen ordnungsgemäß ausgeschöpft worden seien und im Ergebnis für keinen der Beteiligten irgendein Schaden entstanden sei. Die enge Auslegung angeblich mißachteter Formvorschriften stehe in diesem Fall im Widerspruch zu dem vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) in seinem Urteil vom 24.September 1985 Rs. 181/84 (EuGHE 1985, 2897) erläuterten Formalismusverbot.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist nicht begründet. Wie das FG zutreffend entschieden hat, bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steueränderungsbescheids (vgl. § 69 Abs.3 Satz 1, Abs.2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Solche Zweifel bestünden nur dann, wenn gewichtige Umstände Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4.Mai 1977 I R 162-163/76, BFHE 123, 3, BStBl II 1977, 765, Senatsbeschluß vom 8.Oktober 1991 VII S 39/91, BFH/NV 1992, 79). Diese Voraussetzungen erfüllt der angefochtene Bescheid jedoch nicht.
Das Nachforderungsgebot für die nicht erhobenen Eingangsabgaben ergibt sich aus Art.2 Abs.1 NacherhebungsVO, auf den § 21 Abs.2 des Umsatzsteuergesetzes --UStG-- (in der maßgebenden Fassung) für die Nacherhebung der Einfuhrumsatzsteuer verweist.
Der Senat hat keine ernstlichen Zweifel daran, daß mit dem Zugang des Steueränderungsbescheids --wie die Vorinstanz richtig erkannt hat-- die Nachforderung als erhoben gilt (Art.2 Abs.2 NacherhebungsVO) und deshalb im Zeitpunkt der vom HZA erlassenen Zahlungsaufforderung noch kein Teilbetrag der Eingangsabgaben verjährt war (vgl. Art.2 Abs.1 Unterabs.2 NacherhebungsVO). Für die Nachforderung i.S. von Art.2 Abs.2 NacherhebungsVO war es nicht erforderlich, daß der Steueränderungsbescheid auch die Aufforderung zur Zahlung der Abgaben enthielt. Der Senat hat zwar diese Frage in seinem Urteil vom 22.Oktober 1991 VII R 29/90 (BFHE 166, 511) nicht entschieden, weil es bereits an einem Abgabenbescheid fehlte. Bei summarischer Prüfung ergibt sich aber, daß Art.2 Abs.2 NacherhebungsVO nur die Mitteilung über die Höhe der Abgaben, nicht aber auch eine Zahlungsaufforderung verlangt (vgl. Bail/Schädel/ Hutter, Zollrecht, F IX 5/1-2 Art.2 Rz.5). Denn der Wortlaut der deutschen Fassung der NacherhebungsVO verlangt nur eine Mitteilung über die Höhe der geschuldeten Eingangsabgaben. Auch die französische und englische Fassung der Vorschrift
-- "Au sens du paragraphe 1, l'action en recouvrement est
engagee par la notification a l'interesse du montant des
droits a l'importation ou des droits a l'exportation dont
il est redevable."
"Within the meaning of paragraph 1 action for recovery
shall be taken by notifying the person concerned of the
amount of import duties or export duties for which he is
liable."--
ergeben nichts anderes. Insbesondere läßt die Verwendung des Begriffes "action ..." in der französischen und englischen Fassung nicht auf eine andere Bedeutung der Vorschrift schliessen, denn dieser Begriff bezeichnet nur das Verwaltungshandeln als solches, nicht aber die Art und Weise, wie die Verwaltung tätig zu werden hat.
Dies entspricht auch der Regelung in Art.4 NacherhebungsVO, die für die Art und Weise, in der die Nachforderung zu erheben ist, nur auf die geltenden Bestimmungen verweist, diese aber nicht festlegt. Es bleibt daher dem nationalen Recht überlassen festzulegen, ob die nachzufordernden Eingangsabgaben in einem Bescheid festzusetzen und anzufordern sind oder ob dies in zwei getrennten Akten geschehen kann. Entscheidend ist nach Art.2 Abs.2 NacherhebungsVO nur, daß eine verbindliche Mitteilung über die Höhe der Abgaben erfolgt ist.
Dieser Auslegung steht die in Art.6 der --allerdings erst später ergangenen-- Verordnung (EWG) Nr.1854/89 (VO Nr.1854/89) des Rates vom 14.Juni 1989 über die buchmäßige Erfassung (AblEG Nr.L 186/1) getroffene Regelung nicht entgegen. Denn auch danach ist der nach Art.5 VO Nr.1854/89 nachzuerhebende Betrag der zur Zahlung verpflichteten Person nur in geeigneter Weise mitzuteilen. Erst Art.8 der Verordnung verlangt, daß der Zahlungspflichtige auch zur Zahlung innerhalb einer bestimmten Frist aufgefordert werden muß. Es ist aber nach keiner Vorschrift dieser Verordnung erforderlich, die Mitteilung über die Höhe der Abgaben und deren Anforderung in einem Bescheid zusammenzufassen.
Dies verlangt auch das deutsche Recht nicht. Vielmehr kann danach das HZA die nachzuerhebenden Eingangsabgaben in einem besonderen Abgabenbescheid festsetzen (§§ 155 Abs.1, 157 Abs.1 Satz 2 der Abgabenordnung --AO 1977--) und die festgesetzten Abgaben in einem davon getrennten Bescheid anfordern (§ 254 Abs.1 Satz 2 AO 1977), wobei die Steuerfestsetzung als Nachforderung i.S. des Art.2 Abs.1 NacherhebungsVO gilt (vgl. Müller, Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern 1980, 98, 100). Unabhängig davon --hier allerdings nicht zu entscheiden-- ist die Frage, ob in einem Zollbescheid (§ 36 Abs.3 des Zollgesetzes --ZG--) beide Elemente (Festsetzung und Leistungsgebot) zusammengefaßt sein müssen (so FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8.Dezember 1989 3 K 136/86, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1990, 250). Denn der Erlaß eines Zollbescheids ist nur in den im ZG ausdrücklich genannten Fällen, nicht aber im Streitfall vorgesehen.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Nachforderungsbescheids bestehen auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Art.5 Abs.1 und 2 NacherhebungsVO, weil sich aus dem Sachvortrag der Antragstellerin nicht ergibt, daß diese Voraussetzungen im Streitfall vorliegen könnten.
Selbst wenn als richtig unterstellt wird, daß der Lagerbuchhalter des HZA der Antragstellerin eine entsprechende Auskunft erteilt und die Abfertigungen dementsprechend vorgenommen hat, kann darin keine das HZA bindende Auskunft i.S. des Art.5 Abs.1 1.Anstrich NacherhebungsVO gesehen werden. Auskünfte sind im allgemeinen nur dann bindend, wenn ihre Bindungswirkung im Gesetz ausdrücklich vorgeschrieben ist (vgl. Senatsurteil vom 20.August 1991 VII R 123/89, BFH/NV 1992, 285). Dies können verbindliche Zolltarifauskünfte oder Auskünfte im Rahmen des § 204 bis § 207 AO 1977 sein. Um solche Auskünfte handelt es sich jedoch im vorliegenden Fall unstreitig nicht.
Sofern darüber hinaus eine Bindung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben geltend gemacht wird, kann dies im Rahmen der NacherhebungsVO nur noch unter den Voraussetzungen des Art.5 Abs.2 berücksichtigt werden (BFH/NV 1992, 285). Aus dem Sachvortrag der Antragstellerin ergeben sich aber keine Anhaltspunkte dafür, daß diese Voraussetzungen vorliegen könnten. Schon zu der Frage, ob der Irrtum des HZA für die Antragstellerin erkennbar war, hätte es eingehender Darlegungen der Antragstellerin zur Art des Irrtums, zur Erfahrung und angewandten Sorgfalt der Antragstellerin bedurft. Der Umstand, daß die Antragstellerin sich auf die Auskunft des Lagerbuchhalters und Abfertigungsbeamten verlassen hat, reicht nicht aus. Denn eine Unkenntnis der maßgeblichen Vorschriften auf Seiten der Zollbeamten entlastet die Antragstellerin nicht ohne weiteres (EuGH-Urteil vom 26.Juni 1990 Rs.C-64/89, EuGHE 1990, I-2551; BFH/NV 1992, 285 f.).
Schließlich bestehen im Rahmen der summarischen Prüfung auch keine ernstlichen Zweifel daran, daß der Antragstellerin die Abschöpfungsfreiheit für das aus dem offenen Zollager abgemeldete Fleisch nur zusteht, wenn sie dafür eine auf sie selbst lautende Einfuhrlizenz vorlegt.
Nicht angegriffen hat die Antragstellerin die Tatsache, daß die Abschöpfungsfreiheit im Streitfall von der Vorlage einer Einfuhrlizenz abhing. Ihre Einwendungen dagegen, daß die mit der Zollanmeldung vorgelegte Einfuhrlizenz auch auf ihren Namen hätte lauten müssen, können aber nicht durchgreifen. Zwar ist es richtig, daß Art.22 der Verordnung (EWG) Nr.3719/88 der Kommission (LizenzVO) vom 16.November 1988 (ABlEG Nr.L 331/1) nur die Vorlage der Lizenz bei der Stelle vorschreibt, der auch die Einfuhranmeldung vorgelegt wird, und im übrigen keine Vorschrift der LizenzVO ausdrücklich vorschreibt, daß die Lizenz auf den Namen des Schuldners der Eingangsabgaben (Zollschuldner) lauten muß, wenn er aufgrund der Einfuhrlizenz eine Abgabenvergünstigung in Anspruch nehmen will. Diese Voraussetzung ergibt sich aber aus Art.2 Abs.1 Buchst.a der Verordnung (EWG) Nr.2144/87 des Rates (ZollschuldVO) vom 13.Juli 1987 (ABlEG Nr.L 201/15 in der jetzt maßgebenden Fassung) i.V.m. Art.2 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr.1031/88 des Rates (ZollschuldnerVO) vom 18.April 1988 (ABlEG Nr.L 102/5). Denn nach § 46 Abs.3 ZG i.V.m. Art.2 Abs.1 Buchst.a ZollschuldVO und Art.2 Abs.1 ZollschuldnerVO ist im Falle der befugten Entnahme der Waren aus dem offenen Zollager derjenige Zollschuldner, der die Ware daraus entnommen hat --also der Lagerinhaber, hier die Antragstellerin-- (Bail/ Schädel/Hutter, a.a.O., B 46-46 Rz.48). Nur auf seine Person kann es daher auch ankommen, wenn es darum geht, eine tarifliche Freiheit von der Erhebung der Abschöpfung zu gewähren. Diese Voraussetzungen konnte die Antragstellerin nur durch Vorlage einer auf ihren Namen ausgestellten Einfuhrlizenz erfüllen, weil sie nur dadurch berechtigt gewesen wäre, die Waren ohne Erhebung von Abschöpfung einzuführen (vgl. Senatsurteil vom 19.März 1985 VII R 83/82, BFH/NV 1985, 59, 60).
Die auf eine andere Person als den Zollschuldner lautende Einfuhrlizenz kann den Zollschuldner dagegen nicht zur Inanspruchnahme der mit der Einfuhrlizenz verbundenen Abschöpfungsfreiheit berechtigen. Dies folgt bereits aus dem Wesen der auf eine bestimmte Person ausgestellten Einfuhrlizenz. Unerheblich ist, ob der Zollschuldner im wirtschaftlichen Interesse einer anderen Person (z.B. des Lizenzinhabers und des nach § 23 der Außenwirtschaftsverordnung als Einführer anzusehenden Geschäftsherrn) gehandelt hat. Denn abschöpfungsrechtlich kann es nur auf die Person des Zollschuldners, nicht aber auf eine am abgabenrechtlichen Verfahren nicht beteiligte dritte Person --wie den Einführer-- ankommen.
Die Erhebung der Abschöpfung im Streitfall stellt auch keinen übertriebenen Formalismus dar --wie die Antragstellerin meint-- und verstößt insoweit nicht gegen den vom EuGH aufgestellten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. EuGHE 1985, 2897; im einzelnen Grabitz, Kommentar zum EWG-Vertrag, Art.43 Rz.23 bis 26a m.N.). Denn im vorliegenden Fall ging es nicht um die geringfügige Überschreitung einer Nebenpflicht --wie sie die Einhaltung einer Frist darstellt--, sondern darum, daß die Antragstellerin die Voraussetzungen für die Nichterhebung der Abschöpfung in ihrer Person überhaupt nicht erfüllt hat.
Fundstellen
Haufe-Index 64581 |
BFHE 172, 248 |
BFHE 1994, 248 |
BB 1993, 1867 (L) |
HFR 1993, 661 (KT) |
StE 1993, 500 (K) |