Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzicht auf mündliche Verhandlung bei Streitwert bis 1000 DM; Abschreibungsdauer bei beruflich genutzten Personalcomputern
Leitsatz (NV)
1. Entscheidet das Finanzgericht gemäß § 94 a FGO ohne mündliche Verhandlung, obwohl ein entsprechender Antrag gestellt wurde, so ist die zulassungsfreie Revision gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO gegeben.
2. Beruflich genutzte Personalcomputer sind grundsätzlich über einen Zeitraum von 5 Jahren abzuschreiben. Die raschen Neuentwicklungen im Personalcomputerbereich rechtfertigen es nicht, die amtliche AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter (Teil D V) generell nicht anzuwenden.
Normenkette
FGO §§ 94a, 116 Abs. 1 Nr. 3; VGFG EntlG Art. 3; VGFG EntlG § 5; EStG § 7 Abs. 1, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7
Verfahrensgang
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.
1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat mit der Rüge der Verletzung des § 94 a der Finanzgerichtsordnung (FGO) keinen im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde geltend zu machenden Verfahrensfehler vorgetragen.
Insoweit fehlt es bereits an der schlüssigen Rüge eines Verfahrensmangels i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.
Nach ständiger Rechtsprechung zu Art. 3 § 5 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFGEntlG) liegt ein Verfahrensmangel i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO vor, wenn das Finanzgericht (FG) ohne mündliche Verhandlung nach Art. 3 § 5 VGFGEntlG entscheidet, obwohl mündliche Verhandlung beantragt worden ist (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 26. Juli 1991 VI R 100/90, BFH/NV 1992, 53; vom 9. Juni 1986 IX B 90/85, BFHE 146, 395, BStBl II 1986, 679; ebenso BFH-Urteile vom 18. Juli 1990 I R 12/90, BFHE 161, 409, BStBl II 1990, 986; I R 10/90, BFH/NV 1991, 251). Nichts anderes gilt für die in den wesentlichen Punkten mit Art. 3 § 5 VGFGEntlG übereinstimmende Nachfolgeregelung des § 94 a FGO.
Verfahrensmängel i. S. des § 116 Abs. 1 FGO können nur mit der zulassungsfreien Revision, nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht werden (Urteil in BFHE 146, 395, BStBl II 1986, 679). Eine Umdeutung der Nichtzulassungsbeschwerde in eine zulassungsfreie Revision ist grundsätzlich nicht möglich (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 116 Anm. 5 mit Rechtsprechungsnachweisen).
Unabhängig davon durfte das FG im Streitfall nach § 94 a FGO entscheiden. Durch diese Bestimmung wird es dem FG in näher bestimmten Fällen vor allem er möglicht, das Verfahren auch dann ohne mündliche Verhandlung durchzuführen, wenn sich die Beteiligten nicht ausdrücklich damit einverstanden erklärt haben (Gräber/Koch, a. a. O., § 94 a Anm. 4; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 94 a FGO). Die Beteiligten können dies jedoch dadurch verhindern, daß sie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragen. Das FG ist nicht verpflichtet, von sich aus anzuzeigen, daß es nach § 94 a FGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden wolle. Bei einem 1000 DM nicht überschreitenden Streitwert muß jeder Beteiligte mit dieser Möglichkeit rechnen. Wie auch bei der Vorgängervorschrift des Art. 3 § 5 VGFGEntlG (z. B. BFH-Beschluß vom 5. Juni 1986 IX R 152/84, BFH/NV 1986, 629) hat der Gesetzgeber dem FG einen solchen Hinweis nicht zur Pflicht gemacht.
Der Kläger hat keinen Antrag auf münd liche Verhandlung gestellt. Der Prozeß bevollmächtigte des Klägers hat auf eine entsprechende Anfrage des FG lediglich erklärt, er sei nicht mit einer Übertragung auf den Einzelrichter einverstanden. Auch der Antrag, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, kann nicht als Antrag auf mündliche Verhandlung ausgelegt werden. § 94 a FGO schließt ein Verfahren ohne mündliche Verhandlung nicht aus, wenn eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
2. Mit dem Einwand, das Urteil des FG sei nicht mit Gründen versehen, weil das FG die Entscheidung, die Revision werde nicht zugelassen, nicht begründet habe, rügt der Kläger einen Verfahrensmangel nach § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO, der nur mit der zulassungsfreien Revision geltend gemacht werden kann.
3. Die Beschwerde ist auch unzulässig, soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 7. Oktober 1994 Divergenz geltend macht. Der Schriftsatz ging nach Ablauf der Monatsfrist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO) ein und ist damit verspätet. Im übrigen hat der Kläger keine Entscheidung des BFH bezeichnet, von der das erstinstanzliche Urteil des FG abweicht (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
4. Schließlich ist auch hinsichtlich der Frage der Nutzungsdauer von beruflich genutzten Personalcomputern keine grundsätzliche Bedeutung dargelegt worden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
a) Nach der amtlichen AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter Teil D V (amtliche AfA-Tabelle) sind Elektronenrechner über einen Zeitraum von fünf Jahren abzuschreiben. Nach der Vorbemerkung Nr. 5 Satz 3 zu der amtlichen AfA-Tabelle ist dabei berücksichtigt worden, daß infolge des raschen technischen Fortschritts die Nutzungsdauer eines Anlageguts überwiegend von seiner wirtschaftlichen Abnutzung bestimmt wird. Nach der Vorbemerkung Nr. 6 Satz 1 gibt die amtliche AfA-Tabelle einen Anhaltspunkt dafür, ob die Nutzungsdauer eines Anlageguts zutreffend geschätzt worden ist. Wird eine kürzere Abschreibungsdauer geltend gemacht, so müssen nach der Vorbemerkung Nr. 6 Satz 2 besondere, objektiv nachprüfbare Gründe vorliegen.
Soweit der Kläger die grundsätzliche Bedeutung aus einem von der amtlichen AfA- Tabelle abweichenden Erlaß der Ober finanzdirektion (OFD) Frankfurt mit der Folge einer unterschiedlichen Verwaltungspraxis je nach OFD-Bereich ableitet, hat er nicht durch konkrete Angabe einer Fundstelle dargelegt, in welchem Erlaß die OFD Frankfurt von der amtlichen AfA-Tabelle abgewichen sein soll. Im gerichtsbekannten Erlaß der OFD Frankfurt vom 20. September 1988 S 2354 A -- 32 -- St II 30 ist im Gegenteil ausdrücklich ausgeführt, daß bei als Arbeitsmittel eingesetzten Computern von Arbeitnehmern grundsätzlich von einer fünfjährigen Abschreibungsdauer auszugehen ist. Soweit die OFD Frankfurt in diesem Erlaß ausführt, daß im Einzelfall eine kürzere Abschreibungsdauer nachgewiesen werden kann, entspricht dies der Vorbemerkung Nr. 6 Satz 2 der amtlichen AfA-Tabelle.
b) Soweit das Klägervorbringen dahingehend verstanden wird, daß die amtliche AfA-Tabelle bei Personalcomputern generell unzutreffend ist, hat der Kläger keine Umstände dargelegt, die geeignet wären, die Vermutung der Richtigkeit der amtlichen AfA-Tabelle zu widerlegen. Der unsubstantiierte Hinweis auf die raschen Neuentwicklungen im EDV-Bereich genügt nicht. Es ist nicht erkennbar, daß die amtliche AfA-Tabelle im Streitpunkt nicht auf Erfahrungswissen beruht und offensichtlich unzutreffend ist (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juli 1991 VI R 82/89, BFHE 165, 378, BStBl II 1992, 1000).
c) Soweit der Kläger meint, das FG hätte im entschiedenen Einzelfall von einer kürzeren Nutzungsdauer ausgehen müssen, hat er keine Rechtsfrage grundsätzlicher Art dargelegt. Im übrigen sind die tatsächlichen Feststellungen des FG, nach denen im Streitfall keine Tatsachen für eine kürzere Abschreibungszeit gegeben sind, für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).
5. Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 65456 |
BFH/NV 1995, 1062 |
Jur-PC 1995, 3285 |