Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist
Leitsatz (NV)
1. Der Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist (§ 120 Abs. 1 Satz 2 FGO) bedarf der Schriftform.
2. Hat ein Prozeßbevollmächtigter die Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist lediglich telefonisch bei der Geschäftsstelle des zuständigen BFH-Senats beantragt und versäumt er mangels eines schriftlich gestellten Antrags dadurch die Frist, so ist das hierin liegende Versehen nicht unverschuldet; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann deshalb nicht gewährt werden.
Normenkette
FGO § 120 Abs. 1 S. 2, § 56 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Gegen die am 12. Dezember 1988 zugestellten Urteile des FG haben die Kläger fristgerecht Revisionen eingelegt. Die am 13. Februar 1989 ablaufende Frist zur Begründung ihrer Revisionen wurde auf schriftlichen Antrag ihres Prozeßbevollmächtigten bis zum 12. Mai 1989 verlängert. Die Begründung ist jedoch erst am 20. Juni 1989 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen. Die Kläger haben um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gebeten. Zur Begründung machen sie geltend, ihr Prozeßbevollmächtigter habe am 10. Mai 1989 ein Telefongespräch mit dem Leiter der Geschäftsstelle des Senats geführt. Dieser habe die Fristverlängerung ohne Anforderung einer schriftlichen Begründung bis zum 20. Juni 1989 zugesagt. Am 19. Juni 1989 habe der Prozeßbevollmächtigte mit dem Mitarbeiter der Geschäftsstelle gesprochen. Dieser habe mitgeteilt, daß der Leiter der Geschäftsstelle seinerseits offenbar angenommen habe, daß der Prozeßbevollmächtigte eine Gegenäußerung, nicht aber eine Revisionsbegründung abgeben wolle; es handle sich also um ein offenbares Versehen.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen . . . sind unzulässig.
Nach § 120 Abs. 1 FGO ist die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils des FG oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision schriftlich einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen. Die Frist für die Revisionsbegründung kann jedoch auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag durch den Vorsitzenden des zuständigen Senats des BFH verlängert werden. Eine derartige Verlängerung ist im Streitfall bis zum 12. Mai 1989 gewährt worden. Die Kläger konnten eine weitere Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist beantragen. Ein derartiger Antrag ist nicht gestellt worden. Er hätte der Schriftform bedurft. Dieses Erfordernis ergibt sich aus dem Gebot der Rechtssicherheit wie auch daraus, daß der Antrag nur von einer nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vertretungsberechtigten Personen gestellt werden kann; dies läßt sich eindeutig nur durch die Unterzeichnung eines schriftlichen Antrags feststellen (ebenso zum Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist, Beschluß des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 23. Januar 1985 VIII ZB 18/84, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1985, 1558). Das vom Prozeßbevollmächtigten der Kläger mit der Geschäftsstelle des Senats geführte Telefongespräch beinhaltet deshalb keinen wirksamen Fristverlängerungsantrag. Ebensowenig ist die Fristverlängerung durch den Vorsitzenden des Senats gewährt worden.
Die Revisionsbegründung ist damit verspätet eingereicht worden. Wiedereinsetzung gegen den Fristablauf kann den Klägern nicht gewährt werden. Dies würde voraussetzen, daß ihr Prozeßbevollmächtigter ohne Verschulden verhindert war, die Frist zur Revisionsbegründung einzuhalten (§ 56 Abs. 1 FGO). Davon kann jedoch nicht gesprochen werden. Der Prozeßbevollmächtigte war zur sorgfältigen Einhaltung der Formvorschriften gehalten, die den Zugang zum BFH regeln; dies ist gerade der Sinn des Vertretungszwanges aus Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG. Über die einschlägigen Bestimmungen mußte sich der Prozeßbevollmächtigte Gewißheit verschaffen. Er konnte nicht davon ausgehen, daß ein telefonisch gestellter Antrag wirksam angebracht sei und daß die Geschäftsstelle die Verlängerung der Begründungsfrist zusagen könne. Die von den Klägern geschilderte Äußerung des Leiters der Geschäftsstelle läßt sich allenfalls daraus erklären, daß das Anliegen des Prozeßbevollmächtigten als Bitte um Verlängerung der Erklärungsfrist auf einen Schriftsatz des Prozeßgegners verstanden worden ist. Ein hierdurch beim Prozeßbevollmächtigten entstandenes Mißverständnis ist jedoch nicht unverschuldet, da der Bevollmächtigte sich selbst über die zu ergreifenden Maßnahmen informieren mußte, sie lassen sich dem Gesetz unschwer entnehmen. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, daß der Bevollmächtigte schon einmal frist- und formgerecht die Verlängerung der Frist zur Begründung der Revisionen beantragt hatte. Das Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten müssen sich die Kläger zurechnen lassen (§ 155 FGO, § 85 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung - ZPO -).
Fundstellen
Haufe-Index 417454 |
BFH/NV 1991, 828 |