Entscheidungsstichwort (Thema)
Minderung des Beweismaßes im PKH-Verfahren
Leitsatz (NV)
Im Verfahren der Prozeßkostenhilfe können schon vor Ausschöpfung der angebotenen Beweise aus dem bisherigen Verhalten des Klägers für ihn nachteilige Schlüsse gezogen werden, wenn er mehrfach seine Darstellung gewechselt hat, vergeblich zur Vorlage sachdienlicher Unterlagen aufgefordert worden ist und für seine Behauptung, er habe Quittungen im Zustand der Volltrunkenheit unterschrieben, nicht die näheren Umstände dargelegt hat.
Normenkette
FGO §§ 81, 142 Abs. 1; ZPO § 114
Tatbestand
Vor dem Finanzgericht (FG) ist streitig, ob der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) 1985 und 1986 Betriebseinnahmen von 20000 DM bzw. 25000 DM aus Arbeiten im Hause des Beigeladenen erzielt hat. Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) hat die Vereinnahmung der Beträge aus quittierten Rechnungen hergeleitet. Er hat die Beträge bei dem Beigeladenen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anerkannt. Der Kläger bestreitet den Empfang der Gelder und gibt nunmehr an - nach mehrfacher Korrektur seiner Sachverhaltsdarstellung -, er habe die erste Quittung im volltrunkenen Zustand unterschrieben; die zweite Quittung sei gefälscht.
Das FG hat einen Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) wegen mangelnder Erfolgsaussichten der Klage abgewiesen: Zwar habe der Kläger für seine jetzige Sachverhaltsdarstellung Beweis angetreten. Wegen besonderer Umstände könne jedoch das offene Beweisergebnis nicht zu Gunsten des Klägers berücksichtigt werden. Der Kläger habe mehrfach seine Darstellung gewechselt. Trotz Aufforderung des Berichterstatters habe er seine Bücher nicht vorgelegt. Hiernach erscheine ein Erfolg der Klage unbeschadet der ausstehenden Beweisaufnahme wenig wahrscheinlich.
Der Kläger macht mit der Beschwerde geltend: Schon anläßlich eines Gesprächs im FA habe er seine jetzige Darstellung gegeben. Dies ergebe sich aus einer Gesprächsnotiz seines Steuerberaters, der bei jener Besprechung zugegen gewesen sei (Beweis: Zeugnis des Steuerberaters). Er sei jederzeit bereit, seine Bücher vorzulegen, sei jedoch dazu vom FG bisher nicht aufgefordert worden. Die in den Rechnungen angegebenen Baumaßnahmen könnten nicht stattgefunden haben. Deren Umfang hätte eine Baugenehmigung erfordert; hieran fehle es (Beweis: Auskunft Bauordnungsamt). Erst jetzt - 1992 - fänden Bauarbeiten an dem Haus statt (Beweis: 7 Fotografien).
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Das FG hat im Ergebnis zu Recht PKH mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung versagt (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung - ZPO -). Der Ausgang des Rechtsstreits ist voraussichtlich von einer Beweiserhebung und -würdigung abhängig, die dem FG als Tatsachengericht obliegt (§ 96 Abs. 1 FGO). Der Bundesfinanzhof (BFH) kann mit dem Streit in der Hauptsache allenfalls als Revisionsgericht befaßt werden. Für das PKH-Verfahren folgt hieraus, daß der BFH im vorliegenden Beschwerdeverfahren nur überprüfen kann, ob die vorläufige Stellungnahme des FG zur Beweislage möglich ist.
Die Stellungnahme des FG zur Beweislage ist nach dem Erkenntnisstand des FG z.Zt. seiner Entscheidung nicht zu beanstanden. Das FG hat nicht verkannt, daß es sich vor Ausschöpfung der angebotenen Beweise kein abschließendes Urteil zu Tatsachenfragen bilden darf. Es konnte jedoch aus dem bisherigen Verhalten des Klägers für ihn nachteilige Schlüsse ziehen, die zu einer Begrenzung der Sachaufklärungspflicht des FG und zu einer Minderung des Beweismaßes führen könnten (vgl. Senatsurteil vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462). In diesem Zusammenhang hat das FG dem Kläger zu Recht entgegenhalten können, daß er seine Darstellung mehrfach gewechselt hat. Die Beschwerdeschrift leugnet dies, ohne allerdings auf die eingehende Darstellung dieses Punktes in dem angegriffenen Beschluß und in der Einspruchsentscheidung einzugehen. Auch wurde der Kläger vergeblich aufgefordert, sein Auftragsbuch vorzulegen. Unerheblich ist, daß der angegriffene Beschluß irrigerweise von einer Aufforderung des Berichterstatters spricht, die Bücher vorzulegen (S. 10, richtig: S. 8). Das FG konnte jedenfalls den Eindruck gewinnen, daß der Kläger nicht gewillt ist, seinen Mitwirkungspflichten nachzukommen. Diese Umstände konnten um so mehr zu Ungunsten des Klägers verwertet werden, weil er den von ihm behaupteten, nicht alltäglichen Vorgang der Quittungserteilung in Volltrunkenheit bisher nicht so dargelegt hat, daß das FG sich davon ein deutliches Bild machen könnte; es fehlen Angaben zu den näheren Umständen (Ort und Zeit, Art und Menge des getrunkenen Alkohols, Unterschriftsleistung trotz alkoholbedingter Ausfallerscheinungen). Die benannte Hauptzeugin, die bei dem Gelage zugegen gewesen sein soll, wird im Einspruchsverfahren als G.G. . ., im Klageverfahren jedoch als G.H. . . bezeichnet.
Fundstellen
Haufe-Index 418846 |
BFH/NV 1993, 324 |