Entscheidungsstichwort (Thema)
Erledigung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens unabhängig vom Hauptsacheverfahren - Zustimmung des FA zum Ruhen des Verfahrens - Kostenentscheidung, wenn das BVerfG eine Norm für verfassungswidrig erklärt hat - Besetzung des Gerichts - einseitige Erledigungserklärung - keine Revisionszulassung wegen fehlerhafter Kostenentscheidung - unrichtige Sachbehandlung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren kann sich unabhängig vom Hauptsacheverfahren erledigen (Bestätigung der Rechtsprechung), im Falle der abschließenden Entscheidung einer bisher als klärungsbedürftig angesehenen Rechtsfrage durch einen Musterprozeß aber grundsätzlich nur durch
beiderseitige Erledigungserklärungen.
2. Ob das FA wegen eines vor dem BFH anhängigen Musterverfahrens dem Ruhen eines gleichgelagerten Verfahrens vor dem FG zustimmt, steht in seinem Ermessen.
3. Entscheidet das BVerfG, daß eine von ihm für verfassungswidrig erklärte gesetzliche Regelung erst für die Zukunft neu zu gestalten ist, können die Kosten finanzgerichtlicher Verfahren, in denen die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung streitig war, in der Regel auch dann nicht dem FA auferlegt werden, wenn das BVerfG bei gegen die Regelung anhängig gewesenen (erfolglosen) Verfassungsbeschwerden die
Auslagenerstattung angeordnet hat.
Orientierungssatz
1. Es ist verfassungsrechtlich nicht geboten, die Berichterstatter für die einzelnen Beschlußsachen vor Beginn des Geschäftsjahres nach abstrakten generellen Regeln schriftlich in dem senatsinternen Mitwirkungsplan festzulegen (Anschluß an BFH-Beschluß vom 29.1.1992 VIII K 4/91).
2. Die Feststellung der Erledigung der Hauptsache aufgrund einseitiger Erledigungserklärung setzt voraus, daß tatsächlich eine Erledigung eingetreten ist.
3. Eine in der Hauptsache unbegründete Nichtzulassungsbeschwerde kann selbst dann keinen Erfolg haben, wenn die Kostenentscheidung eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft oder auf einer Abweichung von einer Entscheidung des BFH oder auf einem Verfahrensmangel beruht.
4. § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG, wonach Gerichtskosten nicht erhoben werden, die bei richtiger Sachbehandlung nicht entstanden wären, setzt kein Verschulden voraus. Es muß sich aber immer um eine unrichtige Sachbehandlung handeln.
5. Parallelentscheidung: BFH, 18.3.1994, III B 221/90, NV.
6. Parallelentscheidung: BFH, 18.3.1994, III B 544/90, NV.
Normenkette
FGO §§ 74, 115 Abs. 2, § 135 Abs. 1-2, § 136 Abs. 2, § 137 S. 2, § 138 Abs. 1, §§ 145, 155; GG Art. 101 Abs. 1 S. 2; GKG § 8 Abs. 1 S. 1; ZPO § 251; FGO § 10 Abs. 3
Gründe
Parallelentscheidung (im Volltext): BFH, Beschluss v. 18.03.1994 - III B 543/90 (V)
Fundstellen